In Österreich protestieren Studenten gegen die schlechten Studienbedingungen, sowohl auf der Straße als auch im Netz. Egal ob Straßenblockaden oder Audimax-Besetzung: Die ganze digitale Welt kann mitmachen und mitschauen – manchmal sogar in Echtzeit.
Ohne sich zu bewegen – regelrecht eingefroren – stehen etwa 30 Studierende auf dem Urban-Loritz-Platz in Wien. Mit dem fünf-minütigen "Freezen" möchten sie die Wiener Passanten auf die Hochschulbedingungen in Österreich aufmerksam machen: Nix geht mehr. "Still stehen" ist eine der vielen Aktionen der Gruppe "unibrennt".
Für die nächsten Tage plant unibrennt weitere Projekte in Wien und anderen österreichischen Städten: In Bus und Bahn möchten Sie über Bildung diskutieren. Nicht jeder Passant soll daher einen Sitzplatz bekommen. "Wir haben oft nicht die Möglichkeit das zu studieren, was wir wollen, weil die Zugangsbeschränkungen so hoch sind. Wir kriegen dann auch keinen Platz", erklärt Marlene von unibrennt.
Sitzblockade im Livestream
"Mit unseren Aktionen wollen wir endlich nach außen tragen, welche Missstände an der Uni herrschen," erklärt Aljoscha, Mitglied der Presse AG. Der 22-Jährige Student freut sich besonders über das internationale Interesse an der Audimax-Besetzung in Wien, das auch durch die digitale Außenkommunikation gefördert wurde. "Viele studentische Vereinigungen aus Europa und Lateinamerika haben bereits ihre Solidarität ausgesprochen. Die meisten werden durch Facebook angesprochen," erzählt Marlene, Studentin für Publizistik.
Knapp 28.000 Mitglieder zählt die Gruppe mittlerweile. "Durch die Gruppe kann man sich informieren und sie hilft uns, ein Feedback auf unsere Aktionen zu erhalten. Zusätzlich erfährt der User mehr über den Livestream aus dem Audimax. Alle Versammlungen und Projekte können so jederzeit verfolgt werden." sagt Marlene.
Opposition formiert sich im Netz
Doch nicht jeder Studierende unterstützt die Besetzungen an den österreichischen Unis. In der Facebook-Gruppe "Studieren statt blockieren" (knapp 24.000 Mitglieder) formulieren die Gegner ihren Unmut über die stattfindenden Proteste. Einer von ihnen ist Johannes Bauer. Der Student der Publizistik- und Kommunikationswissenschaften kann sich nicht mit allen Forderungen der Gruppe unibrennt identifizieren.
"Inhaltlich schwingt in manchen Forderungen eine gewisse politische Ideologie mit. Andere Meinungen werden gar nicht miteinbezogen," erklärt der 20-Jährige. Dies möchte er ändern und ist selbst als Admin einer Facebook-Gruppe aktiv geworden: In der neu gegründeten Facebook-Gruppe "Uni verändern" erhofft er sich "ideologiefreie Diskussionen" und konstruktive Vorschläge gegen die Probleme an den Hochschulen. Bislang fehlen Johannes und seinen acht Mitstreitern noch Diskussionspartner.
Schweigsamer Minister
Die Presse-AG von unibrennt verfolgt die Diskussionen in beiden Gruppen. "Wir gucken uns an, was dort geschrieben wird und diskutieren auch mit. Inhaltlich stimmen wir bei vielem überein. Ansonsten nutzen wir das auch, um unser Handeln zu erklären," sagt Marlene. Die Studierende aus den Fachbereichen Publizistik, Geschichte und Politik haben sich viel vorgenommen: "Wir haben Beauftragte für die einzelnen sozialen Netzwerke und Twitter. Einige arbeiten an unserer Zeitung ‘morgen’ oder geben Interviews." erklärt Aljoscha. Auch Johannes Bauer diskutiert regelmäßig in seiner Gruppe mit.
Nur der österreichische Minister für Wissenschaft und Forschung Johannes Hahn hat sich dagegen bislang zurückgehalten. Ein einzelner gefakter Twitter-Account lässt den Minister online aktiv werden. Ansonsten tritt er sowohl on- als auch offline zu diesem Thema kaum in Erscheinung.