Es klingt noch ziemlich ungewohnt, zumal in deutscher Übersetzung – im Internet-Team des Weißen Hauses ist gestern der Posten eines (bzw. einer) Director of Citizen Participation vergeben worden:  mit Katie Jacobs Stanton (Facebook-Profil, Twitter-Account) wechselt eine Mitarbeiterin von Google die Seiten – und der informierte Teil der Online-Nutzer diskutiert bereits heftig über die Personalie.

Peter Kafkas Kolumne MediaMemo vermeldete im Tech-Portal All Things Digital gestern zuerst, dass das Online-Team an der Pennsylvania Avenue Unterstützung aus Kalifornien bekommt, danach pfiffen es die sprichwörtlichen Spatzen per Twitter von den digitalen Dächern (sorry für den schiefen Vergleich).

Nancy Scola fasste für Techpresident.com das wichtigste (und wenige bisher bekannte) zusammen:

"What’s fascinating is that in bringing Stanton in-house, the Obama Administration is bringing in the mechanic to drive the car (or some less clunky phrase). Stanton, reports the TechChuck blog, was part of the team that brought to life Google Moderator. That’s the tool that powered Change.gov’s Open for Questions. And during the presidential campaign, Stanton worked on the company’s Elections and Moderator team."

Auch wenn über das genauere Job-Profil von Frau Stanton noch nichts bekannt ist: in gewisser Weise wäre der – von offizieller Seite noch unbestätigte – Wechsel auch eine Reaktion auf die Erfahrungen mit dem transition process: die verschiedenen Beteiligungs-Angebote wie Diskussionsforen zur neuen Regierungs-Agenda oder das Citizen Briefing Book, in das Bürger ihrem neuen Präsidenten Arbeitsaufträge diktieren durften, hatten derart große Resonanz hervorgerufen, dass eine seriöse Befassung mit dem Bürger-Input kaum möglich schein.

Im Verbund mit der Berufung von Macon Phillips zum Director of New Media wird allmählich die Personalstruktur im digitalen Regierungssitz sichtbar. Phillips kommt aus der Pixelschmiede Blue State Digital, die für die Entwicklung der Kampagnenwebsite MyBarackObama.com verantwortlich zeichnet. Mit Stanton stößt nun eine ehemalige Google-Mitarbeiterin hinzu – allein dieser Schritt hat bei einigen US-Beobachtern für Anerkennung gesorgt, denn der Internet-Gigant aus dem Silicon Valley gilt als extrem attraktiver Arbeitgeber. Und natürlich ist der Google-Hintergrund auch Ansatz zur Kritik, nicht wenige vermuten hier ein Eindringen des neuen Corporate America in öffentliche Strukturen.

Offen bleibt bislang noch die Top-Position des Chief Technology Officer (CTO), für die bisher die wirklich großen Namen der Branche im Gespräch waren:  Jeff Bezos (Amazon), Eric Schmidt (Google), Larry Ellison (Oracle), Bill Joy (Sun), oder Steve Ballmer (Microsoft). Hier ist aber wohl eher die Gerüchteküche heiß gelaufen (noch ein schiefes Wortspiel), als dass substanzielle Vermutungen getroffen wurden – wer große Unternehmen gründen oder leiten kann, muss längst nicht für die Leitung einer großen Behörde geeignet sein. Man darf getrost davon ausgehen, dass die Rekrutierungsabteilung der Obama-Administration dies sehr genau weiß.

Folgerichtig halten sich nur echten Hauptstadt-Insidern bekannte Namen wie Aneesh Chopra (Technologie-Ministerin im Bundesstaat Virginia) oder Vivek Kundra (CTO des Disctrict of Columbia) länger auf der Liste der Job-Aspiranten. Beide haben für das Transition Team gearbeitet und kennen daher die An- und Herausforderungen der Aufgabe. In einer gerade laufenden Umfrage des Informationsdienstleisters INPUT ist Kundra der Favorit von Branchenkennern (vgl. die Kurzvorstellung der Kandidaten im INPUT-Blog).

Sollte statt den eher unbekannten Experten im Bereich der Verwaltungs-IT nun doch ein großer Name nach Washington wechseln, wäre das neue Amt symbolisch aufgewertet und stünde im Fokus der Öffentlichkeit. In beiden Fällen bleibt jedoch klar: der Ausbau der Online-Präsenz des Weißen Hauses schreitet voran und die Absichtsbekundungen zur Nutzung des Internet als Werkzeug für die Regierungsarbeit sind mehr als nur Lippenbekenntnisse.