Gestern veranstaltete die Friedrich-Ebert-Stiftung eine Konferenz zum Thema „Virtuelle Vernetzung des Rechtsextremismus – Was tun?“ in Berlin. Es konnten aufschlussreiche Einblicke in rechtsextreme Netzwelten gegeben werden.

Wozu nutzen Rechtsextreme das Internet? Diese Frage stand im Mittelpunkt der Konferenz. Andreas Speit, freier Journalist und Publizist, stellte klar heraus, dass selbstverständlich auch bei der NPD und den Freien Kameradschaften eine Generation Netzaffiner nachwächst und die Qualität der Beiträge aus der rechtsextremen Szene auffällig gestiegen ist, wie am Beispiel des bildstarken Videos „Die Unsterblichen“ deutlich wird. Die "Unsterbli" sind ein Zusammenschluss junger Deutscher, die sich, wie sie es selbst beschreiben, „bundesweit auf öffentlichen Plätzen zusammenfinden, um auf das Schandwerk der Demokraten aufmerksam zu machen.“

Gleichzeitig wurde mehrfach hervorgehoben, dass nicht alles, was im Netz zu finden ist, eine reale Entsprechung hat, in diesem Zusammenhang also die Notwendigkeit bestehe, Jugendliche für die Thematik und den Umgang mit Rechtsextremismus zu sensibilisieren. Nicht neu, aber dennoch ein wichtiger Aspekt: Viele, insbesondere Junge, kommen über die Musik zum Rechtsextremismus. An Relevanz gewinnt das Thema durch die Tatsache, dass die Hemmschwelle zum Hören durch den einfachen Weg über das Internet in den vergangenen Jahren extrem gesunken ist.

Interessant war der Beitrag von Ralf Wiederer, der zum Thema „Die virtuelle Vernetzung des internationalen Rechtsextremismus“ promoviert hat. Wiederer hat in dieser Arbeit mittels Hyperlinks und semantischer Netzwerke Cluster zur Visualisierung erstellt, um die unterschiedlichen Verbindungen zwischen den Gruppen zu verdeutlichen.

Insgesamt wurden in den beiden von mir besuchten Workshops viele aufschlussreiche Webseiten, Videos und andere Informationen gezeigt. Deutlich wurde die Bandbreite der Nutzung des Web 2.0 durch Rechtsextremisten. Das geht weit über die eigene Website und Online-Wahlvideos der einzelnen Gruppen hinaus. Auch Schüler- und Partnerbörsen sowie Videoplattformen werden für eigene Zwecke instrumentalisiert.

Im Rahmen der Workshop-Diskussionen wurden als besonders charakteristisch für die Wahlvideos rechtsextremer Formationen zwei Aspekte herausgestellt: einerseits die relativ klaren Aussagen, andererseits aber auch die versteckten Botschaften. So wurde in einem Wahlwerbespot für Sachsen-Anhalt auf fehlende Arbeitsplätze und die immer größer werdenden Entfernungen zwischen Arbeits- und Wohnort hingewiesen Ein Großteil der Menschen muss hier zur Arbeit pendeln und viele junge Menschen verlassen Sachsen-Anhalt. Dieses Ungleichgewicht will die NPD beseitigen, damit der Familienvater künftig mit dem Fahrrad zum Arbeitsplatz fahren kann – während die Frau und die Kinder mit dem Essen zuhause warten.

Einig war man sich zum Abschluss in der Podiumsdiskussion, dass die Medienpädagogik in diesem Bereich sehr stark gefordert ist, um Jugendliche fit fürs Internet zu machen. Damit junge Menschen mit offenen Augen durchs Netz gehen, so Winfriede Schreiber, Verfassungsschutzpräsidentin in Brandenburg, sollte Medienkompetenz, gekoppelt mit einer Debatten- und Dialogbereitschaft, neben einer weiterführenden Forschung einer der wichtigsten Schritte für die Zukunft sein.