Gekaufte Freunde, ein gescheitertes Gesetz, Romane auf dem Reißbrett: Die Presseschau beinhaltet diese Woche einige wenig erfreuliche Themen. Aber es ist nicht alles schlecht: Big Data und Ubiquitous Computing schaffen – sinnvoll angewandt – neues Wissen und können gesellschaftliche Emanzipation ermöglichen. Und eine Reihe von Netzaktivisten will die Hoffnung auf ein freies und uneingeschränktes Internet nicht aufgeben.
Video der Woche
St_ry, eine Doku im Netz, zeigt Daniel Bröckerhoff sechs Monate lang auf der Suche nach unseren Daten. Auf http://www.startnext.de/st_ry können die Unterstützer der Sendung entscheiden, mit welchen Themen sich Bröckerhoff auseinandersetzen soll. In Folge 1 blickt er hinter die Kulissen des sogenannten „Scorings“, des kommerziellen Sammelns, Speicherns und Auswertens unserer persönlichen Daten.
Das Internet der Dinge
Wie sieht das Internet in 20 Jahren aus? Diese Frage stellte Cicero Online an Jeanette Hofmann, die Direktorin des Humboldt-Instituts für Internet und Gesellschaft. Ein wesentliches Merkmal wird seine „Unsichtbarkeit“ sein, prophezeit Hofmann. Dank neuer Informations- und Kommunikationstechnologien könnten in Zukunft immer mehr Dinge mit digitalen Schnittstellen ausgestattet werden und auf diese Weise mit Menschen und anderen Maschinen interagieren. Dieser Trend zum „Internet der Dinge“ berge sowohl Chancen und als auch Risiken: „Ubiquitous Computing“ und „Big Data“ etwa würden Wissen generieren, auf das wir ohne die technologischen Innovationen keinen Zugriff hätten. Gleichzeitig aber verlören wir damit wohl ein Stück unserer individuellen Autonomie, vermutet Hofmann.
Das Ende der großen Literatur?
Nicht nur der Mail-Verkehr und Telefonate werden überwacht. Auch aus E- Books lassen sich Daten von Nutzern herauslesen, schreibt Lara Fritzsche im Magazin der Süddeutschen Zeitung. Für E-Book-Verlage wie Apple, Google und Amazon ist das gesamte Leseverhalten der Kunden sichtbar. So können sie beispielweise erfassen, wann der Leser das Buch zur Hand nimmt und an welchen Stellen er verweilt. Und das ganz legal. Denn der Käufer eines E-Books muss dem in den Nutzungsbedingungen noch vor dem Kauf des Buches zustimmen. Die Konsequenz: Die Verlage können den Geschmack ihrer „gläsernen“ Kunden nun individuell auswerten und damit besser vorhersagen. Skeptiker befürchten, dass Bücher zukünftig auf dem Reißbrett, ganz nach den Vorlieben der potenziellen Leser, entstehen werden.
Alles kaputt
Der NSA-Skandal erschüttert viele in ihrem Glauben an das Freiheitsversprechens des Internets. Kann das Internet seine utopische Kraft zurückgewinnen? Das möchte Die Zeit von zehn Pionieren und Theoretikern des Internets wissen. Die Journalisten, Professoren, Blogger und Netzaktivisten finden höchst unterschiedliche und teils überraschende Antworten auf die Frage. Die Hoffnung auf eine offene und uneingeschränkte digitale Welt aufgeben aber möchte niemand.
Nicht ohne Social Web
Am Social Web führt auch für die Politik kein Weg mehr vorbei. Positionieren sich die Parteien im Wahlkampf dort besser als noch 2009? Die ARD hat genauer hingeschaut: Seit der letzten Bundestagswahl haben die Parteien dazugelernt. Allerdings fehle oft eine Gesamtstrategie für den Umgang mit den sozialen Medien. Insgesamt wird den Partei-Strategen ein gutes Zeugnis ausgestellt. Zumindest theoretisch wüssten die meisten, worauf es im Social Web ankomme: Dialog, Feedback und Interaktion.
“Likes” für den kleinen Geldbeutel
Unternehmen, Parteien und Online-Spiele verbessern ihre eigene Reputation zunehmend auch auf dubiosen Wegen: Sogenannte Klickfirmen verkaufen Facebook-Likes, Twitter-Follower und YouTube-Zuschauer. Diese Likes haben im Gegensatz zu Maschinenklicks für die Auftraggeber den Vorteil, dass die Manipulation schwerer nachvollziehbar ist. Viele dieser Klickfirmen haben ihren Sitz in Bangladesch und beschäftigen ihre Angestellten zu einem Hungerlohn, haben Pascal Paukner und Pia Ratzesberger auf sueddeutsche.de herausgefunden.
Komplett gescheitert
Vergangene Woche ist das Leistungsschutzrecht (LSR) für Presseverlage in Kraft getreten – und komplett gescheitert. So sieht es Justus Haucap, Direktor des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie. Denn die Verlage seien nun einmal stärker auf Google angewiesen als umgekehrt. Es sei sogar wahrscheinlich, dass Google irgendwann selbst Geld für die Listung bestimmter Artikel auf Google News von den Verlagen verlangen werde. Das LSR treffe mit den kleinen innovativen New-Aggregatoren nun genau die Falschen. Außerdem befürchtet Haucap eine baldige Abmahnwelle durch unseriöse Verlage und dubiose Anwälte. Solange Schwarz-Gelb regiere, werde das Gesetz aber wohl trotz aller Mängel nicht einkassiert, meint Haucap.