Gute sechs Wochen vor der Wahl ist noch einmal
Bewegung in die Internetlandschaft der Berliner Parteien gekommen. Mit einem persönlichen
Internetauftritt kann nun auch der derzeitige Hüter des Roten Rathauses aufwarten.
Sein erbittertster Gegner im Wahlkampf, der CDU-Kandidat Frank Steffel, hat in
der Zwischenzeit seine Homepage mit Inhalt gefüllt. Und auch die Berliner
FDP hat erkannt, dass ein wenig Internet-PR zur Wahl hilfreich sein kann.

www.klaus-wowereit.de

Nun ist auch er drin: der
Spitzenkandidat der Berliner SPD, Klaus Wowereit, ist seit dem 3.
September mit einer eigenen Website online. Dynamisch und in Bewegung,
so präsentiert sich der derzeitige Regierende Bürgermeister auf seiner
Seite, ganz im Einklang mit dem, was er für die Hauptstadt fordert.

„Berlin bewegen“ ist das Motto,
das einem während der Begrüßung mit Trommelrhythmen und einer
animierten Abfolge von Bildern entgegenblinkt. Und in Bewegung zeigt
sich auch Klaus Wowereit auf den zahlreichen Fotos, mit denen sein
Internetauftritt illustriert wird. Was er bewegen will und wie er sich
die Umsetzung vorstellt, ist ausführlich beschrieben, sowohl in dem
10-Punkte-Wahlprogramm wie auch in den Schwerpunktthemen Bildung,
Finanzen, soziale Stadt und Wirtschaft. Als besonderer Service wird
hier auch erklärt, wie Politik in Berlin organisiert ist und wie die
Wahl funktioniert. Wem das noch nicht genug Information ist, der kann
die tägliche Info-SMS oder den wöchentlichen Newsletter abonnieren.

Eine extreme Zurückhaltung im
Hinblick auf sein Privatleben war bislang das Markenzeichen von Klaus
Wowereit. Auf seiner Homepage lüftet er nun einige Geheimnisse – der
persönliche Werdegang von der Geburt bis zum Regierungsamt gehört
genauso dazu wie eine Liste mit Linkempfehlungen und die Rezepte seiner
Lieblingsdesserts.

Doch nicht nur zum Kochen werden
die Besucher der Seite angeregt. Verschiedene interaktive Angebote
sorgen dafür, dass beim potenziellen Wähler keine Langeweile aufkommt.
Im Quiz zur Person des SPD-Spitzenkandidaten kann man beweisen, wie
genau man die Internetseiten studiert hat – zur Belohnung gibt es ein
Essen mit Wowereit persönlich zu gewinnen. Der Wettbewerb „Berlin ist
schön“ zielt dagegen mehr auf die Kreativität der Teilnehmer ab. Wer
politisch aktiv werden möchte, kann seine Sympathien mit einem Banner
auf der eigenen Website oder über ein Statement für Klaus Wowereit
kundtun. Dynamik also nicht nur beim Kandidaten, sondern auch bei
denen, die sich für ihn interessieren.

Der Blick ans andere Ufer

Auf der anderen Seite des politischen Spektrums ist man ebenfalls „inter“-aktiv.
Ist allerdings bei Wowereit alles Dynamik, so läßt sich der recht statische
Webauftritt von Frank Steffel
eher mit einem Fels in der Brandung vergleichen, vielleicht ebenso wie sich
der CDU-Kandidat in der derzeit recht stürmischen See seiner öffentlichen Auftritte
fühlen mag. Dennoch bietet sich auch hier ein seriöses Bild mit vielseitigen
Informationen und Interaktionsmöglichkeiten.

Im politischen Programm führt
Frank Steffel in die acht Politikfelder ein, die für ihn Priorität
haben. Wer mehr über seine Standpunkte erfahren möchte, kann in seinen
aktuellen Reden nachlesen. Positiv sticht heraus, dass Steffel hier
auch sein Beraterteam vorstellt, das ihn in seiner Arbeit für die
Hauptstadt unterstützt. Natürlich gibt es auch Informationen zu seiner
Person und – ganz nach dem Vorbild USA mit First Lady – der seiner
Frau. Diese sind allerdings etwas trockener abgefasst als bei seinem
Gegner aus der SPD.

Gleiches gilt auch für den Spaßfaktor – Gewinnspiele und Wettbewerbe sind
bei Steffel ebensowenig zu finden wie Kochrezepte, Kulturtips oder Linkvorschläge.
Mobilisiert werden soll das Volk im konservativen Lager trotzdem, und die Angebote
dazu können sich sehen lassen. Mehre Banner stehen für die Werbung auf fremden
Webseiten zur Verfügung und ein Beitrittsformular zum Download bietet die Möglichkeit
des CDU-Beitritts. Chattermine laden zur Kommunikation ein und entsprechende
Transkripte sollen das Gesagte festhalten, aber leider wird man hier enttäuscht,
da die Termine nicht aktuell und Dokumentationen nicht in Sicht sind. Ein Newsletterabo
ist von allen Seiten aus abrufbar, die Info-SMS leider nur bei der Wahlkampfzentrale
direkt. Natürlich darf auch ein Link zum Frank-Steffel-Fanclub
nicht fehlen, der weitere Möglichkeiten der Unterstützung bereithält.

Die Liberalen auf dem Trockenen

Wer zur Wahlkampfseite des dritten Newcomers, der FDP,
surft, sollte dies tun, bevor er sich die Auftritte von Wowereit und Steffel
ansieht, denn hinterher bleibt nur ein Attribut: Fad. Keine Spur von Animation
oder Interaktivität, ja sogar die wenigen Fotos muss man suchen. Trocken wird
die nötigste Information dargeboten: Das 18-Punkte-Wahlprogramm, die Kandidaten
aus dem „Team 18“, Rexrodts Vita, Termine, Presseinformationen und Medienberichte.
Auffällig neben diesen Themen der eigene Button für Spenden: Der FDP fehlten
die notwendigen Mittel, um im Wahlkampf hinreichend mithalten zu können, heißt
es hier. Daran mag es auch liegen, dass die Partei keinen attraktiveren Internetauftritt
zu den Wahlen hinbekommen hat. Schade drum, denn die Inhalte könnten, in ansprechender
Form präsentiert, sicherlich zur Wählermobilisierung beitragen.

Bei den beiden anderen Spitzenkandidaten des Berliner Wahlkampfes hat sich
nicht viel geändert. Die Grünen
haben sich inzwischen entschieden, keine eigene Homepage für Spitzenkandidatin
Sibyll Klotz anzubieten. Stattdessen sind die entsprechenden Informationen in
das Thema „Wahl 2001“ integriert, um so einen geschlossenen Auftritt zu bieten.
Auch bei Gregor Gysi haben
sich die Internetseiten seit der letzten Betrachtung
nicht wesentlich geändert. Verschwunden ist zugunsten von mehr Text leider das
lustige Foto des PDS-Frontmannes vor dem Roten Rathaus. Dafür sind einzelne
Punkte hinzugekommen, beispielsweise Informationen über die „Mitbewerber“ oder
die Möglichkeit, Gysi-Websites zu basteln und unter einer selbstbenannten Pro-Gysi-Domain
zu veröffentlichen. Die Internetlandschaft zur Berlinwahl bleibt also in Bewegung.
Neue Impulse von denen, die es sich leisten können und immerhin ein Versuch
von der finanzschwächeren liberalen Seite. Ob die Seiten der Parteien und ihrer
Kandidaten einen Hinweis auf den Wahlausgang geben können – schwer zu sagen.
Zu hoffen bleibt, dass sich die Mobilisierung der Wähler nicht nur auf den PC
beschränkt, sondern am 21. Oktober in der Wahlbeteiligung niederschlägt.