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Hamburg ist Spitzenreiter – zumindest bei der Zahl der InternetnutzerInnen. Bei der anstehenden Bürgerschaftswahl am 15. Februar kämpfen die Parteien um jede Wählerstimme. Ein wahlentscheidendes Thema für viele – vor allem junge – WählerInnen werden dabei die Pläne und Ideen der Parteien zur digitalen Zukunft der Hansestadt sein.

Hamburg weiter vorn“, betiteltet die SPD ihr Programm für den Wahlkampf. Die Partei, die in den vergangenen vier Jahren die Geschicke der Elbstadt unter dem Ersten Bürgermeister Olaf Scholz im Alleingang entscheiden konnte, sieht die Digitalisierung in Zukunft als Voraussetzung für wirtschaftliche Innovationen und als eine der vier Leitlinien für ihre Wirtschaftspolitik. In einem eigenen Unterpunkt behauptet die SPD kühn, Hamburg werde zu einem „Standort der Industrie 4.0“. Auch soll der grundlegende Zugang der HamburgerInnen zu Breitband-Netzangeboten und öffentlichen WLAN-Angeboten weiter ausgebaut werden. Bislang hat die SPD es in vier Jahren Alleinregierung anscheinend nicht geschafft, die Verwaltungsangebote stärker zu digitalisieren. Das soll nun in der nächsten Wahlperiode geschehen. Als Beispiel für ein funktionierendes digitales Angebot wird die Online-Kfz-Anmeldung angeführt.

Für den Themenbereich digitales Lernen bringt die SPD ebenfalls konkrete Vorschläge. Als Beispiel führt sie dabei sogenannte MOOCs („Massive Open Online Courses“) an und will die Hochschulen in der Entwicklung von Digitalem Lernen und Lehren unterstützen. Die Sozialdemokraten versprechen, für alle SchülerInnen verständlichen Informatikunterricht einrichten zu wollen. Zudem wollen sie den Datenschutzbeauftragten stärken und in Sachen Unabhängigkeit mit RichterInnen gleichstellen. Die Datenschutzrichtlinien sollen auf allen Ebenen so ausgestaltet werden, dass alte und neue digitale Geschäftsmodelle nebeneinander betrieben werden können. Konkrete Vorschläge zur Umsetzung bleibt die Partei jedoch schuldig.

Die SPD hat in ihrem Wahlprogramm zu vielen netzpolitischen Themen Stellung bezogen, aber auch vieles unbeachtet gelassen. Keine Position findet sie zu den Themen Netzneutralität und Vorratsdatenspeicherung, die in den vergangenen Monaten heftig diskutiert wurden und weiterhin werden.

Bei der CDU sieht es schwarz aus für die Digitalisierung

Unter dem Titel „Hamburg kann mehr“ versucht die CDU zu überzeugen. Doch nach Lektüre des Wahlprogramms fragt man sich, was die Partei, die die Geschicke der Hansestadt von 2001 bis 2011 ein Jahrzehnt lang leiten durfte, in Sachen Netzpolitik kann. „Ein neuer Schwerpunkt wird die Digitalisierung und Online-Wirtschaft, die gerade alle Lebensbereiche revolutioniert.“ Mehr fällt der „Partei der Mitte“ zur seit Jahren voranschreitenden digitalen Entwicklung nicht ein. Auch Datenschutz ist für sie kein Thema – schlimmstenfalls soll „in Verdachtsfällen […] der Datenschutz ausgesetzt“ werden.

Grüne alternative Wahlmöglichkeit für die Netzpolitik

Die Grünen haben mit einem über 200 Seiten langen Dokument das mit Abstand ausführlichste Wahlprogramm. Und schon in der Präambel stellen sie sich hinter die Bürgerrechte der HanseatInnen und wollen diese „gegen die NSA, private Großkonzerne im Netz oder vor ihrer eigenen Politik“ schützen. Die Grünen verstehen Hamburg als digitale Metropole und fordern stärkeren Schutz und Sparsamkeit im Umgang mit Daten der BürgerInnen sowie mehr Mittel für den Landesdatenschutzbeauftragten. Weiterhin fordern sie einen Ausbau der digitalen Dienste der Stadt, mehr mobile Web- und App-Angebote und explizit Open Source-Software statt Microsoft in den Behörden.

Der Ausbau von Open Government-Maßnahmen soll die Teilhabe der BürgerInnen am politischen Geschehen erhöhen und gemeinsam mit einem entsprechenden Transparenzgesetz „einer digitalen Spaltung“ der Stadt entgegenwirken. Auch wird der Ausbau von stadtgebietsweitem offenem WLAN als Partizipationsgrundlage für mündige BürgerInnen gefordert. Die grüne Partei bekennt sich klar zur Netzneutralität und lehnt die Vorratsdatenspeicherung genauso ab wie den Einsatz sogenannter Staatstrojaner sowie die Störerhaftung.

FDP legt bei digitalen Themen vor

Um die FDP – nicht zu verwechseln mit „Die Liberalen“ – ist es in den letzten Monaten stiller geworden, doch in ihrem Wahlprogramm „Hamburg gibt die Richtung vor“ möchten die Freien Demokraten zeigen, wohin es ihrer Meinung nach gehen sollte. In Sachen Digitalisierung hat die Partei sich mit verschiedenen Themen beschäftigt hat – und ein besonderes Augenmerk auf die netzpolitischen gerichtet. Die Digitalisierung wird als große Chance für Hamburgs innovative und kreative Branchen gesehen, und den damit einhergehenden Wandel will die FDP mitgestalten. Sie sieht in der voranschreitenden Digitalisierung Chancen für mehr Partizipation der BürgerInnen am politischen und sozialen Leben.

Als Voraussetzungen dafür fordert die FDP flächendeckend schnellere Internetzugänge und die strikte Wahrung der Netzneutralität. Auch spricht sich die Partei gegen Zensur und Vorratsdatenspeicherung auch durch Unternehmen aus. Im Bereich der Datensicherheit sieht sie eine Bedrohung durch das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP gegeben und fordert eine bessere Ausstattung des Landesdatenschutzbeauftragten sowie eine Reform des hamburgischen Datenschutzgesetzes. Das Wahlprogramm setzt den Schwerpunkt auch bei den digitalen Themen eindeutig auf die Freiheit (umgesetzt im Datenschutz). Schuldig bleiben die Freien Demokraten dabei Antworten zur digitalen Bildung und zum eGovernment.

Die Piratenpartei zeigt, was geht

Die ursprünglich als Internetpartei angetretenen Piraten haben sich weiterentwickelt und in den vergangenen Jahren Standpunkte zu verschiedenen Themenbereichen bezogen. Doch das Digitale bildet immer noch eine wichtige Säule ihres Parteiverständnisses und ist prominent in ihrem Programm vertreten. Die Piratenpartei erachtet die „individuellen Freiheiten“ als Menschenrechte und findet, dass „Infrastruktur, die zum Leben und der sozialen Teilhabe notwendig ist“, „allen Bürgern zugänglich sein“ soll. Dazu zählt sie das Internet und fordert dementsprechend registrierungsfreies, flächendeckendes und kostenloses WLAN in ihrem aktuellen Wahlprogramm.

Die Piratenpartei verwebt in ihren Standpunkten digitale Aspekte mit weiteren Themenkomplexen. Für sie ist beispielsweise Software ein Kulturgut und ebenso schützenswert wie Bücher und Kunst. Auch fordert sie die Digitalisierung von Buchbeständen und den Ausbau von digitaler Lehre und Informationen auf allen Ebenen, um Chancengleichheit unabhängig von Herkunft und sozialem Hintergrund herzustellen. Um die Partizipationshürden auch im politischen Bereich zu senken, fordern die Piraten, Bürgerbefragungen oder die Einführung einer offenen Online-Partizipationsplattform.

Wie auch die anderen Parteien wollen die Piraten den Datenschutzbeauftragten finanziell besser ausstatten. Sie lehnen die Vorratsdatenspeicherung ab und weiten ihre Kritik am aktuellen Zustand des Datenschutzes auf weitere Beispiele aus, u.a. auf die fragwürdige Einführung von sogenannten „Nacktscannern“ am Hamburger Flughafen oder die anlasslose und pauschale Videoüberwachung im öffentlichen Raum. Damit zeigt die Piratenpartei auch zur Bürgerschaftswahl 2015, dass Netzpolitik immer noch eines ihrer Steckenpferde ist, denn auf diesem Gebiet deckt sie alle relevanten Themengebiete ab.

Die Linke bleibt netzpolitisch schmallippig

Die Linke will mit ihrem Parteiprogramm „Für eine Politikwende“ eintreten. Beim Thema Digitalisierung scheint davon aber nicht viel angekommen zu sein. Die Partei stellt lediglich fest, dass „die Medien […] zunehmend miteinander verzahnt“ seien. Sie spricht sich gegen Videoüberwachung, Vorratsdatenspeicherung und „andere unkontrollierte Überwachungsinstrumente“ aus und fordert, dass diese zurückgebaut und der Datenschutz gestärkt werden müssen. Konkreter wird sie dabei aber nicht und bleibt schmallippig. Unberücksichtigt bleiben Themenfelder wie eGovernment, offenes WLAN oder konkrete Ideen für die zukünftige Digitalisierung Hamburgs.

Keine Alternative (Netzpolitik) bei der AfD

Die selbsternannte Alternative für Deutschland (AfD) tritt zum ersten Mal in Hamburg zur Bürgerschaftswahl an. Ihr Wahlprogramm bietet im Bereich der Digitalisierung wenig Alternativen. Klare Kante zeigt sie lediglich beim Thema Vorratsdatenspeicherung: Sie befürwortet „die sogenannte Verbindungsdatenspeicherung zur Verhinderung und besseren Aufklärung [von] Straftaten“ sowie die Nutzung von Daten nur auf richterliche Anordnung. Eigene netzpolitische Ideen für die Hansestadt hat die Partei nicht.

Fazit

Die aktuell regierende SPD ist bislang einige Antworten in Sachen Digitalisierung schuldig geblieben, stellt sich nun netzpolitisch aber gut auf und zeigt anhand vieler Beispiele, wie sie die digitale Zukunft der Hansestadt gestalten möchte. Bei der CDU hingegen sind Netzpolitik und Datenschutz keine relevanten Themen und werden in wenigen Sätzen abgehandelt. Konkrete Ideen und Konzepte für die digitale Zukunft bringen die Grünen und die FDP in ihren Wahlprogrammen vor. Sie zeigen genauso wie die Piratenpartei, was in Sachen Netzpolitik alles möglich ist und wo noch Nachholbedarf besteht. Netzpolitisch abgeschlagen und sehr schmallippig zeigt sich die Linke. Schlusslicht ist jedoch die Alternative für Deutschland, die lediglich die Vorratsdatenspeicherung befürwortet, ansonsten das Themenfeld der Netzpolitik mit keinem Wort in ihrem Programm erwähnt.

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