(Artikel) Die Polizei entdeckt interaktive Webformate für sich. Doch gleichzeitig kann das Beamtenrecht bloggende Polizisten in Schwierigkeiten bringen. Ein Überlick zur Polizei im Web 2.0.
In Norwegen konnte ein Raser geschnappt werden, der seine wilden
Spritztouren aufnahm und damit auf dem Videoportal Youtube angeben wollte. Der kanadische Polizist Jorge Lasso ging sogar noch einen Schritt weiter. Um Zeugen in einem Mordfall aufzuspüren, veröffentlichte er die Aufnahmen einer
Überwachungskamera. Lasso erhoffte sich davon Hinweise von den Nutzern des Videoportals, ging aber leider
leer aus.
Blaulicht im PoliPod
Auch die deutsche Polizei geht mittlerweile in der Blogosphäre Streife. “Bürgerorientiert, professionell und rechtsstaatlich” lautet die Überschrift der Website der Polizei NRW. Die User haben hier die Möglichkeit, online Strafanzeigen zu stellen oder Hinweise über verdächtige Aktivitäten zu melden. Bürgerliches Verantwortungsbewusstsein wird gefördert und der Polizei geholfen.
Die Bonner Polizei trumpft mit einem eigenen Podcast auf, dem
PoliPod. Im Audioformat kann sich jeder über die neuesten kriminellen Aktivitäten in der Stadt informieren und hören, was gerade auf der Agenda der Bonner Polizei steht:So warnen die
Polizei-Podcaster vor „falschen“ Enkeln oder berichten über eine erfolgreiche Razzia im Bonner Rotlichtviertel.
Aber Web 2.0-Formate taugen natürlich längst nicht nur dazu, die Bösen zu fangen und die Guten zu warnen. Einige Polizisten bloggen über ihren Job – und liefern damit mehr Einsichten als so manche Fernsehdokumentation. Das Format der
Polizei von Los Angeles gehört zu den Vorreitern:Im Programm ist mittlerweile auch ein
Podcast. Das Profil bei der Foto-Community
Flickr darf da natürlich nicht fehlen.
Bloggen über den Polizistenalltag
Auch in Deutschland etablieren sich Polizei-Blogger. Einer von ihnen ist “Steel”. Er bloggt allerdings nur unter Pseudonym. Um gegen kein Landesbeamtengesetz zu verstoßen, hat er sich diesen stahlharten Decknamen zugelegt. Steel erzählt in seinem Tagebuch ”
VS-Geheim” von seinen Nachtschichten, von Telefondiensten und davon, dass ein junger Kollege suspendiert worden ist, weil er als Polizist im Internet “dumme Bemerkungen” gemacht hatte. Steel arbeitet nach eigenen Angaben in einer Landratsbehörde, ist verantwortlich für zehn Städte in seiner Region und das Notruftelefon. Doch nicht hinter jedem Anruf verbirgt sich ein Notruf. So erzählt Steel in amüsanten Anekdoten von betrunkenen
Männern, die ins Bett gebracht werden wollen , oder von wütenden Gatten, denen die Ehefrauen dreisterweise die
Fernbedienung vorenthalten.
Debatten über aktuelle Polizeiarbeit
Anders als Steel bloggt sein Kollege
Guido Karl ganz offiziell. Der k11-Schreiber schiebt Dienst bei der Polizeiwache Düsseldorf. Im Impressum stehen Name und Adresse, der Link auf die
Polizei NRW ist prominent platziert. Dennoch vermerkt er sicherheitshalber: “Dieser Blog spiegelt ausschließlich meine persönliche Meinung und keine offizielle Meinung der Polizei NRW dar. Dieser Blog ist mein Freizeitvergnügen”. Karl ist noch ziemlich frisch dabei, erst Ende November 2006 hat er die Blogosphäre für sich entdeckt. Anlass: das ”
Barcamp Cologne“, eine Veranstaltung mit Diskussionen rund um Web 2.0 und Co. Guido Karl gilt in der Szene als Experte für das Thema Barrierefreiheit, beim Barcamp hielt er einen Vortrag über ”
Polizei 2.0“– die Idee für ein eigenes Blog war geboren.
Der Titel seines Weblogs zitiert wohl nicht zufällig eine TV-Serie, die pseudodokumentarisch über den Alltag von Kommissaren berichtet. Im k11-Blog konfrontiert Guido Karl seine Leser mit Debatten der heutigen Polizeiarbeit: Wie modern ist unsere Polizei? Welche Auswirkungen hat die hohe Dichte technischer Innovationen auf die Gesellschaft? Ein Verweis auf die
Internetwache der NRW-Polizei gehört aber genauso dazu, wie Geschichten aus seinem Arbeitsalltag.
Was bei all der Transparenz im Polizeialltag noch fehlt, ist ein Moblog der Polizei mit Handyfotos live vom Tatort – die Kollegen von der
Feuerwehr machen schon einmal vor, wie es geht.