Endlich ist es für politische Akteure möglich, die Bevölkerung auf innovative Art und Weise zielgruppen-spezifisch anzusprechen. Dietrich Boelter und Thomas Praus berichten über die Idee des Podcastings als PR-Instrument
Stellen Sie sich vor, an politisch Interessierte Dokumente der Zeitgeschichte wie Reden oder aber historische Live-Schnitte direkt auf den MP3-Player zu übertragen. Eine neue moderne Form von Bürgerkommunikation kann dadurch entstehen und sollte im digitalen Zeitalter auch genutzt werden. Denn wer hat heute noch die Zeit, anspruchvolle Artikel oder Debatten wirklich zu lesen und intensiv zu verfolgen? Festzustellen ist aber die rasant steigende Nutzung von politischen und unterhaltenden Hörbüchern und -sendungen. Diese anregende Form der Kommunikation sollten sich politische Akteure zu nutzte machen, um sich so bei den Bürgern buchstäblich Gehör zu verschaffen.
Auf dieser Basis ist schon heute politisches
Podcasting möglich: der Bürger wird seine Lieblingsradiosendung, seine Lieblingspublikationen, seine Lieblingsautoren- und Kommentare oder die letzte Rede vom Bundeskanzler über Nacht auf seinen MP3 – Player laden und morgens auf dem Weg zur Arbeit hören.
Hintergrund
„Podcasting“ bedeutet somit nichts anderes als den automatischen Download von Soundfiles aus dem Internet, direkt auf den tragbaren Player. Das Wort „Podcast“ spielt mit den Ausdrücken Broadcasting (Radio) und iPod (dem populären MP3 – Player aus dem Hause Apple). Man kann Sendungen, Beiträge, Musik, Interviews, oder sogar Hörbücher von verschiedensten Seiten abonnieren und bekommt sie direkt auf seinen MP3 – Player geladen. Ob man dabei einen PC benutzt oder einen Mac ist egal. Die Inhalte sind allesamt gratis, Urheberrechtsfragen bleiben aber auch hier zum Teil ungeklärt.
Der Erfolg des iPod mit seinen weltweit 23,5 Mio. verkauften Exemplaren und vergleichbarer Abspielgeräte mit Speicherkapazitäten von mehreren Gigabytes, sowie günstige Flatrates und schnelle Internet-Verbindungen machen dieses Format so interessant.
Anwendung / Technik
Technisch werden Podcasts in Form der bereits von
Weblogs bekannten
RSS-Feeds angeboten, die so genannte
Enclosures enthalten. Das sind spezielle Links innerhalb des Feeds, die auf die Audiodateien verweisen. Man benötigt ein Programm, das die Feeds regelmäßig nach neuen Enclosures kontrolliert und diese dann automatisch herunterlädt. Die zur Zeit populärsten Programme für Windows sind der iPodder und Nimiq. Die Programme enthalten standardmäßig eine ständig aktualisierte Liste von Seiten, die abonniert werden können.
So kann man sich entweder Sendungen aus der Liste des Programms aussuchen oder manuell eine Webseiten – Adresse eingeben. Die gewählten Seiten werden dann regelmäßig vom Programm abgefragt, neue MP3s heruntergeladen, auf den Player verschoben und eine Playlist angelegt.
Screenshot Nimiq
Beispiele
Die Deutsche Welle liefert langsam gesprochene Nachrichten auf deutsch, der Hörbuch – Verlag Audible bietet auf seiner Seite
audibleblog.de neben Kostproben aus aktuellen Hörbüchern u.a. auch die gesprochenen Beiträge der Zeit oder des Handelsblatts an. Man kann Dateien zum Sprachen lernen abonnieren, Filmrezensionen, Sportnachrichten und natürlich Musik. Das Verzeichnis
Politics im iPodder umfasst mehr als 30 Seiten, zur Zeit allerdings noch ausnahmslos auf Englisch.
Öffentliches Interesse und Bedeutung
Dieses neue Technik ist außerordentlich praktisch und zur Zeit eines der heißesten Themen im Internet. Die öffentliche Aufmerksamkeit und die Menge der Artikel nimmt täglich zu. Die Deutsche Welle und auch der WDR haben sich bereits mit dem Phänomen beschäftigt, die BBC bereits ein eigenes Podcast-Projekt gestartet und auch bei der Wired gibt es natürlich einen Artikel.
Für PR-Kampagnen tut sich hier ein neuer Kanal auf, Informationen in Form von Radiosendungen über das Internet direkt an Multiplikatoren und Interessierte zu liefern. So könnten z.B. Interviews, O – Töne und Reportagen schnell und direkt ins Netz gestellt werden.
Fazit
Das Internet hat von Anfang an Text, Ton und (Bewegt-)Bild zusammengeführt. RSS-Feeds haben das Internet vom Pull- zum Push-Medium gewandelt, bisher aber hauptsächlich für Textinhalte. Podcasts machen deutlich, dass auch Audio- und Video-Inhalte sich auf dem Weg vom Push zum Pull befinden.
Noch ist die Technik ist nicht voll ausgereift, aber sicher gibt es aber schon bald neue Versionen, die benutzerfreundlicher sind und perfekt funktionieren. Spätestens dann dürfte das Podcasting Einzug in die Portfolios der PR-Instrumente halten.
Ob politische Kampagnen oder Markenkommunikation, die Möglichkeit die Zielgruppe proaktiv und „really simple“ (RSS= Really Simple Syndication“) mit den gewünschten Informationen in allen medialen Formaten zu versorgen, wird das Internet als Kommunikationskanal weiter an Bedeutung gewinnen lassen.
Die Autoren Dietrich Boelter und Thomas Praus sind bei
Ahrens & Bimboese,
face2net, Agentur für Onlinekommunikation tätig.
Links zum Thema Podcasting