Der poldi-Award, der erste deutsche eDemocracy-Award, wurde am 28. August 2002 in Berlin an die vier Preisträger verliehen.

Im feierlichem Rahmen der DZ-Bank am Pariser Platz fanden sich am Mittwochabend 250 geladene Gäste aus Medien, Wirtschaft und Politik ein, um an der Preisverleihung teilzunehmen. Im Zentrum der Aufmerksamkeit standen die vier Websites, die als hervorragende Initiativen im Bereich eDemocracy prämiert wurden. Der Preis wurde auf Initiative von pol-di.net e.V./politik-digital.de ins Leben gerufen und wird von der
Bundeszentrale für politische Bildung und dem
Deutschen Städte- und Gemeindebundes unterstützt. Sponsoren der Veranstaltung waren
Cisco Systems und
GFT Technologies.

Leider konnte der Schirmherr des poldi-Awards, der Staatsminister beim Bundeskanzler und Beauftragter der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien Julian Nida-Rümelin, nicht persönlich anwesend sein.

“Internet-Awards prämieren oft publikums- und medienwirksame Bereiche“, sagte Thomas Roth, Chefredakteur und Leiter des ARD-Hauptstadtstudios, charmanter Moderator der Preisverleihung. Initiativen, die versuchen, das Internet als bürgerfreundliches und demokratieförderndes Medium zu nutzen, seien bislang durch das Raster derartiger Preisverleihungen gefallen, führte er weiter aus. Auch Dr. Christoph Bieber, Vorsitzender von pol-di.net e.V., dem Trägerverein von politik-digital.de, unterstrich die Bedeutung des Preises: “Wir wollen Websites würdigen, die sich mit den politischen Implikationen des Internet und der adäquaten Nutzung der neuen Kommunikationsformen auseinandersetzen”, betonte er in seinem Grußwort.

Die Preisträger

Der poldi-Award wird in vier Kategorien vergeben. Die Kategorie
„Beste Online-Initiative für Demokratie & Bürgerengagement“ ist ein Publikumspreis. Die Abstimmung über den mit 5.000 € dotierten Preis wurde direkt per Internet durchgeführt. Das Preisgeld wurde von Cisco Systems gestiftet. Die Entscheidung über die besten Online-Initiativen der anderen Kategorien lag bei einer Jury aus namhaften Persönlichkeiten und Entscheidungsträgern aus dem Bereich Politik & Medien.

Jeder der Partner und Sponsoren überreichte einen der Preise: Ullrich Dietz, Vorstandsvorsitzender von GFT überreichte den Preis der Kategorie
„Gesundheit & Soziales“ an Christian Hempel für seine Seite
tourette.de, mit der er versucht das Verständnis für das Tourette-Syndrom zu verstärken. Er hofft, “dass auch auf diese Weise erneut Öffentlichkeit für unsere Sache geschaffen wird und womöglich weit über das Tourette Syndrom hinaus, für Toleranz und Mitmenschlichkeit, gerade in einem Zeitalter der Informations- und Hochtechnologie geworben wird.” Die Auffälligkeiten seiner Erkrankung kann und will er nicht verstecken. Dass er damit, ebenso wie mit seinem Web-Auftritt, der gesellschaftlichen Akzeptanz des Tourette-Syndroms geholfen hat, ist in der Tat prämierungswürdig.

Preisträger der Kategorie
“Wissen, Bildung & Kultur” ist
indymedia.de. „Normalerweise haben wir mit Vertretern des Innenministeriums eher schlechte Erfahrungen“ kommentierte der Vertreter von Indymedia die Tatsache, dass Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung den Preis an Indymedia überreichte. Die seltene Gelegenheit, einem Vertreter des Bundesinnenministeriums so nah zu sein, nutzte er und verwies auf die negativen Erfahrungen, die Indymedia sonst mit dem Staat gemacht hat. Konsequent, aber fair beschrieb er die repressiven Maßnahmen, denen sie in Deutschland oder während des G8-Gipfeltreffens in Genua ausgesetzt waren. Auch dafür bot die Veranstaltung eine Bühne.

Germanwatch.org ging als Sieger der Kategorie
„Umwelt und nachhaltige Entwicklung“ hervor. „Ich hätte nicht geglaubt, dass man mit so einer einfach gemachten Seite einen Preis gewinnen kann“, sagte der sichtbar geehrte Vertreter von germanwatch.org Gerold Kier in seiner Dankesrede. Überreicht wurde der Preis von Franz-Reinhard Habbel, Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Da eine so kleine Nichtregierungsorganisation nur wenig finanzielle Mittel habe, würde man sich eher auf die Recherche von Informationen konzentrieren als auf aufwendiges Design.

Der Preisträger des Publikumspreis, Oscar Koller, will mit seiner
zivi-in-ghana-Seite für sein Vorhaben werben, seinen Zivildienst in Ghana zu leisten. „Der Zivildienst im Ausland wird staatlich nicht unterstützt“, erklärte er. Deshalb sind jährlich viele Zivildienstleistende gezwungen, Spenden zur Finanzierung des Auslandsdienstes zu sammeln. Mit dem von Cisco Systems gestifteten Preisgeld von 5.000 € sind seine vorrangigen Finanzierungsprobleme erstmals gelöst. Das Geld wird zudem seiner Arbeit in Afrika zugute kommen. Vom Erfolg seiner Seite überrascht, macht seine Initiative Mut, mit Engagement sich für seine Ziele einzusetzen, auch wenn die Umstände nicht förderlich sind.

Die Jury

“Wer schon einmal in einer Jury gesessen hat, weiss, dass dies die größte Arbeit ist“ meinte Thomas Roth, als er den Organisatoren und Partnern des poldi-awards für die Initiative dankte. Auch unser Dank geht an die Jury, der Frau Dr. Christa Maar (Präsidentin der Burda Akademie zum Dritten Jahrtausend), Frau Brigitte Zypries (Staatssekretärin im Bundesinnenministerium), Herrn Dr. Christoph Bieber (Vorsitzender pol-di.net e.V.), Herrn Andreas Dohmen (Vice President und Geschäftsführer Cisco Systems GmbH), Herrn Ulrich Dietz (Vorstandsvorsitzender GFT Technologies) Herrn Dr. Gerd Landsberg (Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes), Herrn Thomas Krüger (Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung) und Herrn Jörg Sadrozinski (Redaktionsleiter tagesschau.de) angehörten.

Die Jury bewertete ebenso Webauftritte von nicht-kommerziellen Offline-Initiativen wie reine Internetprojekte. Bedingung für eine Teilnahme war allerdings, dass die Inhalte webgerecht aufbereitet wurden und der Faktor „Internet“ sinnvoll und effektive eingesetzt wurde. „Die bloße digitale Visitenkarte eines ansonsten beispielhaften Bürger-Engagements ist für die Qualifizierung nicht ausreichend“, heißt es dazu in den Auswahl- und Bewertungskriterien des poldi-Award. Bewertet wurden das Gesamtkonzept, Inhalt & Aktualität, Interaktionsmöglichkeiten, Service sowie die allgemeine Gestaltung und Benutzerfreundlichkeit. Der Verein pol-di.net e.V. und das Team von politik-digital.de und
europa-digital.de gratuliert ganz herzlich den Gewinnern!

Das Credo des Abends

Der Abend zeichnete sich durch eine gelungene Mischung zwischen „oben“ und „unten“ bzw. zwischen bekannten Unternehmen und nur wenig bekannten Initiativen aus. Dem entspricht auf wunderbare Weise der Ansatz aller Preisträger, Brücken zu bauen zwischen sich und der Öffentlichkeit. Die Überwindung von scheinbar unüberwindbaren Barrieren im Internet wie im normalen Leben machten diesen Abend zu einem besonders gelungenen Event.

Erschienen am 29.08.2002