Wendet man den Blick einmal von Berlin, Hamburg und den anderen Hochburgen der Netzcommunity ab, ist es mit der Öffentlichkeit von Internet-affinen Themen nicht weit her. Umso besser, dass sich nun in Halle ein Bürgerforum zu Netzkultur und digitalen Bürgerrechten zu etablieren versucht. Mitorganisator Thomas Erling von der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt erklärt, warum der swap:NETZKULTUR Ende April die „re:publica Mitteldeutschlands“ sein wird.
politik-digital.de: Herr Erling, Sie organisieren bereits zum zweiten Mal eine Konferenz zu Datensicherheit und Internetkultur, den sogenannten swap:NETZKULTUR – warum ist Ihnen das Thema so wichtig?
Thomas Erling: Erst mal ist zu sagen, dass es eben keine Konferenz im eigentlichen Sinne ist, sondern ein offenes Bürgerforum, das gerade für Menschen gedacht ist, die nicht professionell mit dem Thema zu tun haben.
Natürlich gibt es schon länger unter vielen anderen Formaten beispielsweise Hackertreffen, aber die sogenannten Otto Normalnutzer merken oft gar nicht, dass das Internet mittlerweile auch eine kulturelle und damit viel umfassendere Bedeutung für ihr alltägliches Leben hat. Wenn ich im ganz normalen Laden meinen Einkauf bezahle und dabei meine Payback-Karte zücke, ist die digitale Komponente daran für viele noch immer nicht deutlich. Ich finde es wichtig, dass Menschen befähigt werden, zu reflektieren, inwieweit unser normales, alltägliches Leben sich in der digitalen Welt abspielt. Für mich bedeutet politische Bildung eine Hilfe zur Befähigung der Bürgerinnen und Bürger, ihre Umwelt bzw. die Gesellschaft, in der sie leben, aktiv mitzugestalten – das betrifft letztlich und immer mehr auch die digitale Welt.
politik-digital.de: Was hat es mit dem Namen der Veranstaltung auf sich: „Swap: Netzkultur“?
T.E.: Das Wort „Swap“ hat eine Doppelbedeutung: In der Wirtschaftswissenschaft ist damit ein Tauschmarkt gemeint, in der Informatik bedeutet es Datenauslagerung auf unterschiedliche Speichermedien. Beides bringt auf den Punkt, was unser Swap sein soll: Ein Austausch von Wissen und Erfahrungen im digitalen Raum, und eine Wissensweitergabe von Leuten, die professionell Einblick haben, an Leute, die die digitale Welt eher alltagsweltlich benutzen. Veranstaltungen mit einem solchen Anspruch sind relativ selten, und dieses Alleinstellungsmerkmal soll der Name unterstreichen.
politik-digital.de: Sitz der Landeszentrale ist Magdeburg, warum findet der Swap trotzdem in Halle statt?
T.E.: Wir haben den Anspruch, diese Veranstaltung als jährlich wiederkehrendes Format für den Raum Mitteldeutschland zu etablieren, und Halle ist da einfach super gelegen. Viele Teilnehmer waren nach dem letzten Swap froh, dass etwas derartiges auch einmal in ihrer Nähe passiert, und nicht immer nur in Metropolen wie Köln oder Berlin. Uns schwebt vor, so etwas wie eine re:publica Mitteldeutschlands zu etablieren.
Dann haben wir natürlich auch noch die vielfältige Kultur- und Wissenslandschaft in Halle; man findet hier einfach viele Partner für eine solche Veranstaltung. Die Martin-Luther-Universität ist vertreten, vor allem die Informatik und die Medienwissenschaften sind da wichtige Partner. Dann Vereine wie „Hallesche Störung“, die über die Möglichkeiten von Bürgermedien im Internet berichten, „Neuland“, die eine Kunstaustellung zum Thema machen, und natürlich die Halleschen Medien, wie Radio Corax. Wir hätten auch die Stadtverwaltung gerne dabei, was ihre partizipativen Bürgerangebote im Internet angeht, aber da warten wir noch auf eine Rückmeldung.
politik-digital.de: Was erwartet die Besucher während der zwei Veranstaltungstage vom 25. bis 26. April?
T.E.: Eigentlich fängt es schon am 23. an: Von Mittwoch- bis zum Samstagabend werden im Puschkino Filme über Netzkultur gezeigt, wie „Metropia“ aus dem Jahr 2009. Dann wird es Freitag und Samstag eine Buchvorstellung geben, einmal von Malte Spitz: „Was macht ihr mit meinen Daten“, und „10 Regeln für das neue Spiel“ von Michael Seemann. Höhepunkt des Freitags ist eine Podiumsdiskussion zur Frage, was der „neue“ Terror in Frankreich und anderen Ländern vor dem Hintergrund der inneren Sicherheit für den Datenschutz in Europa bedeutet. In der zweiten Podiumsdiskussion am Samstag wird es um Fragen der Digitalen Agenda gehen: Inwiefern versucht die Politik in Netzfragen innovativ zu sein, und schafft sie es? Die Staatskanzlei wird als ein wichtiger Akteur für den Netzausbau in Sachsen-Anhalt auftreten. Und natürlich wird es während der ganzen Zeit Mitmach-Workshops geben: Wie verschlüssele ich meine E-Mails? Wie kann ich mich als Bürger via Internet politisch engagieren?
Das Interview ist zuerst in der April-Ausgabe des FRIZZ- Stadtmagazins Halle erschienen.
Bild: Sebastiaan ter Burg
Porträt: Thomas Erling