Konservativ gezählt ist mit den Demokratiebotschaftern die 13. Wählermobilisierungskampagne des Wahlsommers gestartet: Organisiert über das Internet sollen wie im Obama-Wahlkampf Bürger ausschwärmen und kreativ zur Wahl bewegen. Jetzt muss eigentlich nur noch die Politik packende Themen setzen – und das ist das Problem, wie eine aktuelle Studie zur Aktion zeigt.
Das Bild ist symptomatisch für den Wahlsommer: Klaus Wowereit (SPD), Regierender Bürgermeister in Berlin, marschiert mit seinem Tross vom Limousinenkonvoi durch das Brandenburger Tor zum Wahlbus der Demokratiebotschafter, der kurz darauf zu einer Deutschlandtour aufbrechen soll. Kurz stutzt er, als ihm die jungen Demokratiebotschafter – schon mächtig heiser und aufgekratzt vom Plakateschwenken für die Fernsehkameras ihren Kampagnenslogan entgegenbrüllen: "Ohne Kreuz, keine Stimme". Der Politprofi in Wowereit übernimmt sofort, reiht sich zwischen die Jugendlichen und ihre Winkelemente. Kurze Schulterdrehung hin zu den Fernsehkameras, Lächeln, ein paar warme Worte zur Demokratie – und Abgang.
Zivilgesellschaft legt vor, Politik kommt nicht nach
Mindestens 13 überparteiliche Kampagnen machen in diesem Sommer bereits Werbung für das Wählen an sich – von "Geh nicht hin" von politik-digital.de, über den Deutschen Bundestag, die Bundeszentrale für politische Bildung, die ProSiebenSat1-Gruppe, christliche Gruppen und die Kirchen, der/die Wahlgang, RTL und McDonalds, die wechsel-waehler, wahl-fang bis hin zur Wahl-Soap und den Wahlschleppern oder der Stadt Bonn.
Zivilgesellschaft und Medien haben also den Boden bereitet, aber dennoch greift der Parteienwahlkampf noch nicht. Tatsächlich ist die Zahl der potenziellen Nichtwähler und Unentschlossenen seit Juni mitten im Wahlkampf noch einmal gestiegen: 28 Prozent der Wahlberechtigten sind sich nicht sicher, ob sie sich am 27. September ins Wahllokal aufraffen. Hochgerechnet wären dies 17,4 Millionen Menschen. Dies sind Zahlen einer repräsentative Erhebung des Meinungsforschungsinstitutes dimap, welche die Initiative im ProDialog mit einem Panel unter 995 Nichtwählern oder Unentschlossenen genauer unter die Lupe genommen hat. Diese wurde am 1. September zum Start der Demokratiebotschafter vorgestellt. Die potenziellen Nichtwähler sind demnach nicht unbedingt demokratieverdrossen: "Der Wahlkampf der Parteien mobilisiert potenzielle Nichtwähler nur in sehr geringem Maße", so das Fazit der Studienmacher. Sie wünschten sich von der Politik aber Ehrlichkeit und Problemlösungskompetenz.
Wahldate und Ketten-E-Mail
Die Macher der Demokratiebotschafter von der Initiative ProDialog betonen daher das Mitmachpotenzial ihrer Kampagne. Wer will, kann sich auf der Website diedemokratiebotschafter.de anmelden und mit anderen vernetzten. Ähnlich wie im Obama-Wahlkampf sollen Offline-Aktivitäten mit Hilfe des Internets organisiert werden: "Wir wollen nicht virtuell bleiben", so Kerstin Plehwe, Vorsitzende der Initiative ProDialog bei der Pressekonferenz zum Start der Aktion am 1. September in Berlin. Mittel zum Zweck sind unter anderem das Wahldate, in dem man sich per Internet mit anderen am Wahlsonntag um 15 Uhr zur gemeinsamen Stimmenabgabe verabreden kann. Oder ein Wettbewerb, wie man das Kampagnenlogo am kreativsten im Alltag platziert – organisiert über das Videoportal Youtube oder die Website. Als L@uffeuer soll eine Ketten-E-Mail durch Deutschland gehen und zum Wählen aufrufen. Partner der Aktion sind unter anderem die Bildzeitung, die Sozialen Netzwerke studiVZ/meinVZ, die otto group sowie die Deutsche Post.
Haben wir noch eine Mobilisierungskampagne vergessen? Schreiben Sie uns gerne einen Hinweis in den Kommentaren!
McDonalds und RTL haben auch eine Kampagne:
http://www.mcdonalds.de/unternehmen/bundestagswahl.html