Die Aktivisten setzen im Vorfeld des G8-Gipfels vom 6. bis 8. Juni in Heiligendamm auf Webvideos und gemeinsame Webseiten. Zum Demonstrieren trifft sich die Linke vor dem Zaun,
zur Vorbereitung im Internet.
Der Trend im Online-Aktivismus geht zum Video: Globalisierungs-kritiker
entdecken das Medium Film, um gegen den G8 Gipfel 2007 zu mobilisieren.
Mit der Digitalkamera wollen die Gipfelgegner auch die Ereignisse
im mecklenburgischen Seebad Heiligendamm festhalten, wenn hier vom
6. bis zum 8. Juni die Vertreter der mächtigsten Wirtschaftsnationen
tagen. Bei der Protest-Planung im Internet ist die deutsche Linke
neuerdings weniger zersplittert als in den Jahren zuvor. Zusammenschlüsse
unterschiedlichster linker Gruppen bündeln mit ihren Websites
die Aktionen.
Kleinvieh macht auch Videos
Auf verschiedenen Online-Portalen veröffentlichen die Aktivisten
ihre Filme. „G8 – was geht mich das an?“ fragt
das „Netzwerk der Videoaktivisten“ Passanten auf der
Straße, im Clip „Kleinvieh“ geht es einer Ruine
nahe Heilgendamm an den Kragen, mit Farbe und Pinsel. Die Filme
dazu gibt es auf der eigens zum G8-Gipfel eingerichteten Website
G8-TV.org. Die
Mitglieder des Netzwerks berichten über Veranstaltungen im
Vorfeld der Konferenz, von Demonstrationen wie in Berlin Kreuzberg
nach den polizeilichen Durchsuchungen linker Einrichtungen. Vom
2. bis 8. Juni soll täglich eine halbstündige Nachrichtensendung
das Geschehen in Heiligendamm zusammenfassen. Gedreht wird auf deutsch
und auf englisch, mit Untertiteln in Englisch, Französisch,
Spanisch und Russisch.
Anfänger holen sich Tipps und Tricks zum Erstellen eines Protestfilms
auf dem „Webportal
Videoaktivismus“ von Nadir, einer Vereinigung antifaschistischer
und anarchistischer Gruppen. Hier erfahren angehende Protest-Filmer
zudem, wie sie ihre Clips nach dem Dreh erfolgreich im Internet
verbreiten. Auch die bekannte Videoplattform YouTube haben die Gipfelgegner
für sich entdeckt. Das globalisierungskritische Netzwerk Attac
hat hier
zwei Clips online.
Massenblockaden online verabreden
Statt auf vereinzelte Aktionen und verstreute Websites setzen die
Protestler auf Massenbewegung und übergreifende Online-Auftritte.
Beim Zusammenschluss „Block
G8“ etwa machen Umweltschützer, Kirchenverbände,
Antifaschisten und radikale Linke mit, insgesamt 124 Bewegungen
unterstützen die Kampagne. Ziel von „Block G8“
ist ein „neues, gemeinsames Konzept“ für eine alte
Protestform – die Blockade der Zufahrtswege nach Heiligendamm. Zur
Blockade vor dem Zaun ruft „Block G8“ online auf: Die
Nutzer können auf der Internetpräsenz einen Appell unterschreiben
und so ihre Unterstützung ausdrücken.
Wer nach Heiligendamm will oder zu einer Großdemonstration
am 7. Juni in Rostock, kann über heiligendamm2007.de
Bustickets buchen. Hinter der Demo steht ein ähnlich breites
Bündnis wie hinter Block G8.
Ein Zusammenschluss aus 40 Nichtregierungsorganisationen (NGOs)
macht ebenfalls im Netz gegen G8 mobil. Die NGO
G8 Plattform versteht sich als Planungsbasis für alle Veranstaltungen
zum Gipfel und bietet den Nutzern ausführliche Terminübersichten
und Linklisten.
Feedback Fehlanzeige
Die Vorbereitung auf die Proteste geschieht im Netz – die Möglichkeiten
des Mitmach-Internets Web 2.0 und die Online-Einbindung der Nutzer
reizen die Web-Auftritte der Globalisierungsgegner aber nicht aus.
Sich online zu beteiligen, ist für die alternative Berichterstattung
möglich: Die Videoportale geben jedem die Möglichkeit,
sich als „Graswurzeljournalist“ zu betätigen, als
subjektiver Bürgerreporter direkt aus dem Geschehen. Dagegen
gehen die Rückkanäle der Websites, die Aktionen vorbereiten,
selten über Online-Unterschriftenlisten und Mailinglisten hinaus.
Kai Schulze, verantwortlich für die Attac Kampagnenseite „Keine
Macht für G8“, führt dies auf fehlendes Personal
zurück: „Die Technik ist zwar vorhanden, aber es ist
noch keiner da, der sich dahinter klemmt.“