Das Grundsatzprogramm der SPD ist verabschiedet, die Online-Diskussion dazu, die so genannte Programmwerkstatt, ist abgeschlossen. Doch die Parteispitze scheint auf den Geschmack gekommen, Meinungen der Basis im Internet zu lesen. Daher gibt sie der Programmwerkstatt eine neue Heimat und baut eine Online-Gemeinschaft drumherum: Fertig ist Meine.SPD.net.
Vernetz dich! Missionen auf Meine.SPD.net
Das Ziel steht groß im Kopf der Seite: Vernetz dich! Damit begibt sich
die Partei anderthalb Jahre später als die FDP auf den Weg in das
Mitmach-Web 2.0 und die sozialen Netzwerke.
Das liberale Pendant heißt my.fdp.de.
Nicht nur die Namen der beiden Online-Gemeinschaften ähneln sich:
Standards der Nutzer-Vernetzung wie Profile mit Fotos,
Diskussionsforen, Kontakte und private Nachrichten gehören auch bei den
Parteien zu den Grundfunktionalitäten. Parteimitglieder dürfen auf
beiden Plattformen noch ein bisschen mehr kommunizieren, zum Beispiel
Diskussionsforen eröffnen und moderieren. In Kürze sollen auf Meine SPD
genau wie bei den Liberalen geschlossene Gruppen zur Verfügung stehen.
Nutzer mit ähnlichen politischen Interessen oder ähnlichen
Parteiaktivitäten können sich hier zusammenschließen. Die
Programmwerktstatt sowie die Blogs sind momentan auch noch
Zukunftsmusik, sollen aber bald freigeschaltet werden.
Gut, dass es nicht der rechte Arm ist: SPD-Symbolmännchen mit gestrecktem Arm.
Vieles ist ähnlich, das liegt vielleicht auch in der Natur der
Online-Gemeinschaften. Doch so einige Unterschiede fallen ins Auge: Die
FDP tritt ganz modern und jugendfreundlich in Konkurrrenz zum Instant
Messaging Dienst ICQ und bietet einen eigenen Messanger an. Aktionen
auf der Website werden mit Punkten belohnt. Die kann der Nutzer dann
gegen Prämien tauschen, zum Beispiel ein Guthaben für den FDP-eigenen
SMS-Service. Die SPD lockt nicht mit Prämien, sondern mit sozialer
Anerkennung: Hier sind Mitglieder aufgefordert, sich an "Missionen" zu
beteiligen; jeder kann sehen, welcher Nutzer welche Aktion
abgeschlossen hat. Das erinnert ein wenig an Amnesty Internationals
Kampagnenportal "Unsubscribe me".
Allerdings geht es bei der SPD im Moment noch darum, die Gemeinschaft
bekannt zu machen – die Missionen lauten zunächst "Beteilige dich an
einem Diskussionsforum" oder "Lade ein Foto von dir hoch". Später
sollen politische Missionen folgen.
Die Gemeinschaft steht bei Meine.SPD.net sichtlich im Mittelpunkt. Auf
beinahe jeder Seite lächeln die Community-Mitglieder von ihren Fotos.
Im liberalen Portal sind die Mitnutzer dagegen kaum zu sehen.
Durch den zurzeit anscheinend trendigen Notizzettel-Look, die großen
Navigations-Buttons und die stilisierten kleinen weißen Männchen wirkt
die SPD-Plattform zumindest optisch auf dem Weg ins Mitmach-Web schon
recht weit fortgeschritten.
SPD-Missionen klingt ja irgendwie als gäbe es so etwas wie einen Endgegner… Wer das wohl sein könnte…
Ich bin mal mutig und behaupte, solche Missions-Aktions-Kampagnen werden das nächste große Ding für eParticipation (ob´s wirklich so neu ist, sei mal dahingestellt): Amnesty und die SPD scheinen sich das ja recht unabhängig voneinander von den großen Networkern abgeschaut zu haben. Spricht halt die MySpace-Facebook-Generation an, ist einfach, schnell bedienbar und trotzdem unverbindlich – man muss nicht Mitglied in irgendnem Verein werden, man klickt einfach ein paar Knöpfchen und schon kann man sich als politisch engagierter Mensch fühlen. Im Vorbeigehen eben mitmachen, so in etwa. Diese Unverbindlichkeit kann den Nachteil haben, dass politische Beteiligung an sich nicht mehr ernst genommen wird, an Stellenwert verliert – andererseits, und da seh ich die große Chance, können solche Aktionen durch den hohe Personalisierungsgrad (Fotos, Statements etc) den Mitmachenden das Gefühl geben: Ich kann mich einbringen, ich kann was verändern. Und durch die Verbindung mit den Social Networks, durch die Einfachheit, Leute, junge Zielgruppen v.a., ansprechen, die sonst nicht politisch aktiv werden würden (das sind zumindest meine Hoffnungen, vlt. ist das auch utopisch).