Sehr geehrte Damen und Herren im Landtag Brandenburg,

Vielleicht ist Ihnen unser Name politik-digital.de noch aus der letzten Woche präsent. Mitarbeiter unseres Vereins pol-di.net haben die Internetseiten der 16 Landesparlamente einem Test unterzogen und dabei auch die Internetseite des Landtags in Brandenburg bewertet. Wir wollen diese zeitliche Nähe zu unserer Untersuchung nutzen, um für unsere Position im Fall des Kinderpornografie-Falls auf Ihrer Internetseite zu werben und um Sie auf die Unzulänglichkeit der Debatte hinuzuweisen, die gerade geführt wird. Diese Mail wird zudem als offener Brief in unserem Weblog veröffentlicht, wo Nutzer die Möglichkeit haben, diesen zu kommentieren.

In Brandenburg ist ein Streit um einen unentdeckten Link im Diskussionsforum der Internetseite des Landtages zu einer Kinderpornografie-Seite entbrannt. Nach der Entdeckung des fraglichen Links entbrannte in Brandenburg eine skurrile Debatte, die wir im besten Fall belächeln können. Sie als Politiker tun das, was Ihre Aufgabe ist: In einem solchen Fall schlagen Sie neue Gesetze vor und erwägen eine Mittelzuwendung für technische Neuerungen. Mit der Forderung nach neuen Gesetzen und technischen Lösungen gehen Sie allerdings vollständig an der Sache vorbei. Der vorliegende Fall ist vielmehr ein Hinweis darauf, dass die Redaktion unterbesetzt ist und Sie bislang nicht genug Engagement bei der langfristigen Betreuung des Internetauftritts durch Menschen gezeigt haben. Professionell moderierte Foren werden mit solchen Problemen leicht fertig und strukturieren politische Debatten in der Form, dass eventuell gar mehr bürgerschaftliche Partizipation daraus entsteht. Dazu kommt, dass der Link ja offensichtlich aus dem Ausland kam; mit einem Landesgesetz würden Sie zwar weiterhin regulieren, aber das vorliegende Problem nicht lösen können. Unsere dringende Bitte: Sie sollten also auf Menschen statt auf Technik und Gesetze setzen.

In unserem Ranking erreichte die Internetseite des Brandenburger Landtages einen unteren 9. Platz. Bei der Inhaltedarstellung (sowie im Bereich Technik) landeten Sie gar auf dem letzten Platz. Die Plazierung in unserem Ranking wäre allerdings schlechter ausgefallen, wenn Sie nicht ein gutes interaktives Angebot – und dazu gehört auch Ihr Forum – machen würden. In diesem – in allen Bundesländern ausbaufähigem Bereich – haben wir Ihre Internetseite auf Platz 2. gelistet. Interaktive Dienste sind die einzige Möglichkeit für Internetseitenbetreiber politischer Websites, ernst mit der Einbeziehung der Bürger zu machen und bürgerschaftliches Engagement zu stärken. Sie sollten diese Gelegenheit nutzen, die bereits gute Ausgangslage zu einer bundesweiten Führung im Bereich “bürgernahe Interaktivitätsangebote” auszubauen. Neue Gesetze und ein Übermaß an Technik würde dieses zarte Pflänzchen allerdings zerstören.

Das Thema eignet sich zudem nicht als Ort politischer Ränkespiele, da es das gesamte Thema der interaktiven Bürgerdienste auf politischen Internetseiten diskreditiert.

Wir würden uns freuen, wenn Sie unserer Argumentation Beachtung schenken würden. Gerne sind wir bereit, weitere Hilfe anzubieten. Im unteren Teil dieser Mail finden Sie eine Selbstdarstellung unseres in Berlin ansässigen Vereins. Wir sind unter anderem Preisträger des “Grimme Online Award Medienkompetenz 2001”.

Mit freundlichen Grüßen

Christoph Dowe
Geschäftsführer pol-di.net e.V.
politik-digital.de