Wie kann man – jenseits der Buzzword-Web 2.0-Euphorie – die Entwicklung eines demokratischen Netzes fördern?

Ich habe gestern auf der bpb-Konferenz die Gründung der "NEZ", der "NetzEntwicklungsZentrale" geordert. Die NEZ soll – analog zur GEZ – Gebühren eintreiben, um journalistische Angebote zu finanzieren. Allerdings soll die neue Behörde, die politik-digital.de gerne aufbauen würde, die Gebühren breit gefächert an Medienproduzenten im Internet (oder anderen Medien) ausgeben. Anhand von verschiedenen Kriterien prüft die NEZ unbürokratisch, ob ein Netzangebot die Förderung – verzeihung: Die Gebührenfinanzierung – beanspruchen kann oder nicht. Grundvoraussetzung ist, dass das Angebot ein öffentlich-rechtliches Medienangebot zu machen versucht: Also überparteilich, unvoreingenommen, mit einem gewissen Qualitätsanspruch und so weiter. Ein weiteres Kriterium müsste sein, dass formal keine wirtschaftlichen Interessen im Vordergrund des Tuns stehen dürfen; natürlich müssten wir auch Regeln für den Umgang mit Werbung (also auch Schleichwerbung etc) erstellen. Ich finde auch, dass die Anbieter die Inhalte selbst generiert haben müssen – also keine Themenmashups, sondern richtiges Autorentum.
Am besten, die Ausschüttung wird ebenfalls gedeckelt. Mit kleinen Budgets können Alternativanbieter von Medieninhalten oft sehr gut und lange arbeiten, weil die Personalkosten (zunächst) nicht hoch sind. Zumal wäre es schön, möglichst viele kleine Projekte zu fördern. Motivation ist schön und gut, aber die Ausschüttung garantiert den Fortbestand der qualitativen neuen öffentlich-rechtlichen Content-Inseln im Netz. Alle finanzierten Angebote bekommen natürlich auch ein Qualitätslabel verliehen: "Teil des öffentlich-rechtlichen Netzes".
Wenn der Anfang gemacht ist, muss die NEZ natürlich regelmäßig überprüfen, ob die ausgewählten öffentlich-rechtlichen Inhalteinseln den Grundsätzen der NEZ auch treu bleiben. Ein Teil dieser Qualitäts-Evaluation kann auch durch die Nutzer erfolgen, keine Frage. Und auch Vorschläge für weitere Förderung können durch die Nutzerr, aber auch durch die Produzenten eingereicht werden. Ich gehe davon aus, dass das öffentlich-rechtliche Internet keine Konkurrenz zum bestehenden öffentlich-rechtlichen Sendewesen ist, sondern eine fruchtbare Ergänzung. Allerdings wird es natürlich einen Kampf um journalistische Deutungshoheit und Finanzen zwischen NEZ und bestehenden öffentlich-rechtlichem Sendewesen geben, das ist klar.
Problem ist natürlich zum einen dass politik-digital.de nicht der erste Anwärter auf dei Führung der NEZ wäre, sondern dass vermutlich weniger engagierte Organisationen die Leitung übertragen bekommen können. Zweites Problem ist die Finanzierung. Ich denke, in einem ersten Schritt könnte man die anstehende PC-Rundfunkgebühr für die Gründung der NEZ verwenden. Zwar geht die ARD erstmal nur von Einnahmen von zwei Millionen Euro im ersten Jahr aus, aber das ist doch ein Anfang.
Die Idee spukt übrigens schon seit Jahren bei politik-digital.de herum. Christoph Bieber ist Vater des Gedankens und hat sogar schon einen Text dazu veröffentlicht, der leider nicht zu einem gewünschten Hype geführt hat. Wir werden in nächster Zeit das gespräch mit der GEZ suchen müssen, damit man dort unsere Kontonummer hat. Den richtigten Ansprechpartner in dem Laden zu finden, wird bei über 800 Mitarbeitern vermutlich nicht leicht, aber das traue ich uns zu. Also: Wer will, dass wir ihn / sie schonmal auf die Vormerkliste für ein öffentlich-rechtliches Internet setzen? Was sollten die weiteren Kriterien für die Aufnahne in den erlesenen Kreis sein?

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