Auf jeden der 785 gewählten Europaageordneten kommen – je nach Schätzung – etwa 20 Lobbyisten. Die EU-Kommission will seit dem 23. Juni 2008 mit einem freiwilligen Internetregister mehr Öffentlichkeit in die Einflüsterungen auf schicken Empfängen und in teuren Restaurants von Brüssel und Straßburg bringen. Einen Tag nach Start der Online-Datenbank läuft die freiwillige Registrierung noch schleppend. Deutlich wird aber: Die Unternehmen und Interessenverbände lassen sich die Lobbyarbeit eine Stange Geld kosten.

Knapp 50 der geschätzen 15.000 bis 20.000 EU-Interessenvertreter haben sich bis Veröffentlichung dieses Artikels angemeldet, von der Fluglinie Air France über das Deutsche Tiefkühlinstitut e.V. und die Atomlobby Foratom bis hin zu den Korruptionsbekämpfern von Transparency International. Mit Eintragung in das Register erkennen die Lobbyisten einen Kodex an. Der besagt unter anderem, dass sie nicht undercover auftreten oder für die EU bereitgestellte Informationen nicht frisieren.

Lobby ist teuer

Kommt Air France nach eigenen Angaben mit 50.000 bis 100.000 Euro pro Jahr an direkten Kosten für die Lobbyarbeit bei der EU aus, investierten der Getränkekonzern Pernod Ricard bereits 460.000 Euro und der spanische Telekommunikationsanbieter Telefonica 950.000 Euro.

Zuarbeit durch Lobbyisten

Grundsätzlich hat die Europäische Union nichts gegen Lobbyisten. Schließlich erledigen die Interessenverterter oftmals wichtige Zuarbeiten und kennen sich in ihrem speziellen Bereich besser aus als die zuständigen Politiker oder Beamten. Problematisch wird es jedoch, wenn sich hinter scheinbar neutralen wissenschaftlichen Studien knallharte Interessen verstecken.

Kritik

Die Anti-Lobby-Lobby Lobbycontrol kritisiert, dass das freiwillige Register keine Namen einzelner Lobbyisten enthält und es Schlupflöcher bei der Angabe der tatsächlichen Lobbykosten gibt. So könnten beispielsweise Interessenkonflikte zwischen Beratern der Kommission, die gleichzeitig für Lobbyorganisationen arbeiten, nicht aufgedeckt werden.