politikdigital fragt3Der 18. Bundestag hat 229 neue Gesichter: Mehr als ein Drittel der Abgeordneten sitzt zum ersten Mal in den blauen Sesseln. Bringen die neuen Abgeordneten auch frischen Wind für die Netzpolitik und eine digitale Gesellschaft mit? Diesmal antwortet: Martina Renner (Die Linke).
politik-digital.de: Wie nutzen Sie das Internet für Ihre politische Arbeit?
Martina Renner: Ich nutze das Internet vielfältig: Ich informiere über meine Arbeit und zu wichtigen Themen über meine eigene Homepage sowie in sozialen Netzwerken. Natürlich recherchiere ich auch im Internet zu meinen politischen Themen wie Neonazismus, Demokratieentwicklung und Geheimdienste. Dazu verfolge ich entsprechende Blogs und ein Teil der täglichen Presseschau erfolgt selbstverständlich auch über das Internet.
politik-digital.de: Wie schützen Sie Ihre Privatsphäre?

Martina Renner (Linke) 2
Martina Renner (*1967) hat ihre politischen Wurzeln in Bremen, siedelte aber 2002 nach Erfurt über, wo sie sieben Jahre später in den Landtag gewählt wurde. Sie ist seit ihrer Studienzeit aktiv in antirassistischer bzw. antifaschistischer Arbeit und saß im Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss. 2013 wurde sie für Die Linke in den Bundestag gewählt.

Martina Renner: Ich schütze meine Privatsphäre zuerst dadurch, dass ich kaum persönliche Dinge in sozialen Netzwerken ausbreite. Fotos von meinen Kindern und private Angaben zum persönlichen Lebensumfeld wird man nicht finden. Zur Verschlüsselung von Datenträgern und zur vertraulichen Kommunikation nutze ich TrueCrypt, Jabber beziehungsweise PGP. Als ehemaliges Mitglied eines NSU-Untersuchungsausschusses und Innenpolitikerin, deren Facebook-Kommunikation mit einem kritischen Polizisten und Personalrat der Thüringer Polizei von Ermittlungsbehörden ausgelesen wurde, weiß ich inzwischen, dass es kaum Schranken für die Sicherheitsbehörden gibt, auf Kommunikationsinhalte zuzugreifen; nicht nur bei Bürgerinnen und Bürgern, sondern auch bei BerufsgeheimnisträgerInnen. Dagegen müssen wir uns zur Wehr setzen, im Sinne notwendiger Aufklärung von kritikwürdigen Vorgängen und Praktiken in den Behörden, insbesondere bei Verstößen gegen Datenschutzbestimmungen und Korruptionsverdacht.
politik-digital.de: Welche Bedeutung hat das Thema Netzpolitik für Sie? Wollen Sie sich in diesem Politikfeld engagieren?
Martina Renner: Netzpolitik berührt wie kaum ein anderes Thema viele Teilbereiche der Politik. Da ich zukünftig in der Bundestagsfraktion an meine Erfahrungen als innenpolitische Sprecherin der LINKEN im Thüringer Landtag anknüpfen darf und weiterhin in der Innenpolitik meinen Schwerpunkt lege, sind die Berührungspunkte zur Netzpolitik vielfältig. Ob es um Fragen des Datenschutzes und der Bürgerrechte geht, oder zum Beispiel um die Frage der Veröffentlichung von Informationen aus Geheimdiensten und Sicherheitsbehörden, sofern diese von öffentlichem Interesse sind oder Skandale aufdecken helfen.
politik-digital.de: Wie stehen Sie zur gesetzlichen Verankerung der Netzneutralität?
Martina Renner: Die gesetzliche Verankerung der Netzneutralität halte ich für dringend notwendig. Nur so kann auch künftig ein offenes und freies Internet für Alle gewährleistet werden. Den Plänen der Telekom, sogenannte Managed Services bei der Datendurchleitung zu bevorzugen, muss eine deutliche Absage erteilt werden. Denn sie führen in der Konsequenz zu einem Zwei-Klassen-Internet.
politik-digital.de: Ist Datenschutz für Sie eine staatliche oder eine individuelle Aufgabe? Inwieweit können oder müssen wir uns selber schützen und wo muss der Staat eingreifen?
Martina Renner: Der Staat muss für klare gesetzliche Regelungen sorgen, die Bürgerinnen und Bürger vor dem Missbrauch ihrer Daten schützen. Dies kann nur funktionieren, wenn die gesetzlichen Vorgaben auch durchgesetzt werden. Aber natürlich liegt es auch in der Verantwortung der Internet-Nutzerinnen und -Nutzer, welche Daten sie von sich preis geben. Voraussetzung dafür ist, dass sie umfassend über die Erhebung ihrer Daten informiert werden und sie die Möglichkeit haben, ohne Sanktionierung einer solchen Datenerhebung zu widersprechen. Weiterhin muss das Recht auf anonyme Nutzung des Internets gewahrt bleiben.
politik-digital.de: Halten Sie die Vorratsdatenspeicherung für ein angemessenes Mittel der Kriminalitätsbekämpfung? Wie würden Sie sie einschränken?
Martina Renner: Nein, die Vorratsdatenspeicherung halte ich für kein angemessenes Mittel der Kriminalitätsbekämpfung. Sie stellt Menschen unter Generalverdacht und beschädigt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Ich lehne daher jede Art der Vorratsdatenspeicherung ab.
politik-digital.de: Welche netzpolitischen Fragen müssen Ihrer Ansicht nach im kommenden Jahr dringend eine Antwort finden?
Martina Renner: Mit Sicherheit werden demnächst vor allem die Fragen des Datenschutzes und der Vorratsdatenspeicherung im Vordergrund stehen. Für dringend halte ich darüber hinaus die gesetzliche Verankerung der Netzneutralität, die Beseitigung der Störerhaftung beim Betreiben offener WLANs, den flächendeckenden Ausbau des Breitband-Internets und die Reform des Urheberrechts.
 
Bild: barockschloss (CC BY 2.0)
Porträt: (C) Fraktion Die Linke im Bundestag