„Geheimplan gegen Deutschland“ titelte das Recherchenetzwerk Correctiv im Januar dieses Jahres und berichtete von einem geheimen Treffen von hochrangigen AfD-Politiker:innen, Neonazis und finanzstarken Unternehmern, die eine großangelegte Abschiebung von Menschen auf Basis rassistischer Kriterien planten.
Angesichts dieser Enthüllung sind die Wahlergebnisse aus Sachsen und Thüringen ernüchternd, besonders für Menschen mit Migrationshintergrund, die seit Jahren in Deutschland leben, arbeiten oder zur Schule gehen. Nicht nur der Stimmenzuwachs der AfD in beiden Bundesländern verwunderte, sondern auch, dass die AfD insbesondere in der Altersgruppe der 18-24–jährigen reüssierte. Der Gedanke an eine per se progressive, weltoffene Jugend muss zumindest in diesen beiden Bundesländern, bei fast über 30% Stimmenanteil in dem Alterssegment, in Frage gestellt werden. Der Erfolg der AfD hängt anscheinend auch stark mit der Performance der Partei auf der Social-Media Plattform TikTok zusammen. Was sind die Gründe?
Als rechtspopulistische Partei greift die AfD zunehmend Anti-Establishment-Positionen, Sicherheitsthematiken und die deutsche Identität auf.
Solche Erzählungen finden besonders viel Gehör auf der Social-Media-Plattform TikTok. Die Bundestagsfraktion besitzt dort im Vergleich zu den anderen Fraktionen die meisten Follower. Zudem verzeichnen die Landtagskandidaten aus Sachsen und Thüringen die höchste Aktivität auf der Plattform.
Das Social Media enorm wichtig für die Partei ist, unterstreicht auch die Tatsache, dass die Bundestagsfraktion zwischen 6 bis 8 Personen beschäftigt, die sich ausschließlich auf die Produktion und Verbreitung von Inhalten über verschiedene Plattformen konzentrieren. Von zentraler Bedeutung für die Popularität der AfD sind allerdings auch Multiplikator-Accounts auf TikTok, die Partei-Inhalte über die offiziellen Kanäle der Parteien hinaus verstärken und insgesamt 85% der Sichtbarkeit der AfD ausmachen. Bei der AfD wurden weit mehr als 300 solcher Accounts festgestellt.
Es ist unverkennbar, dass die AfD-Accounts verstärkt ausländerfeindliche und populistische Inhalte verbreiten. Die Kommunikationsstrategie ist es, immer emotional zu argumentieren, mit der Intention, ein Klima der Angst und Wut gegenüber der Regierung zu schüren. Die drei zentralen inhaltlichen Themen – Sicherheit, Migration und deutsche Identität – finden auch Resonanz in den Titeln der AfD-Videos, die dann martialische Titel wie bspw. „Ihre Heuchelei ist tödlich“ tragen. Laut einer Studie vom Institut für Generationenforschung scheinen aber solche Aussagen genau auf Zustimmung bei vielen jungen AfD-Wählern zu treffen.
Zudem ist die Plattform außerordentlich einflussreich. Laut der Deutschen Welle beziehen die Hälfte der 16–24-jährigen ihre politischen Informationen ausschließlich von TikTok. In einer Studie der Universität Potsdam, welche für die Analyse von Videos 30 fiktive Accounts erstellt hatte, wurde herausgefunden, dass pro Woche ungefähr 9 Videos der AfD im Feed auftauchen, während es sich bei allen anderen Parteien meist nur um ein oder zwei Videos pro Woche handelt. Zentral hierfür ist der TikTok–Algorithmus, welcher extremere Inhalte anscheinend begünstigt. Auch, weil Inhalte, die Personen negativ oder positiv auffallen, in der Regel länger angeschaut werden. Der Algorithmus speichert diese Daten und liefert automatisch mehr von ähnlichen Inhalten aus, wodurch populistische Tendenzen verstärkt werden.
Es bleibt abzuwarten, wie etablierte Parteien dem populistischen Framing auf TikTok und der Schwierigkeit, mit ihren Inhalten zu jüngeren Menschen durchzudringen, entgegentreten werden.
Text: CC-BY-SA 3.0