Ihre rückwärts gewandte Ideologie hindert die ewig Gestrigen schon längst nicht mehr daran, moderne Kommunikationsmittel zu nutzen. Die Friedrich-Ebert-Stiftung informierte am 10. und 11. Dezember in Workshops und Vorträgen über die Methoden, Strukturen und Vorgehensweisen der extremen Rechten im Netz: Die Ausmaße sind alarmierend.

Bei Personen, die einen Laptop als „Klapprechner“ bezeichnen, würde man spontan wohl erst einmal kein sehr hohes Maß an Internetkompetenz vermuten. Aber der Eindruck täuscht: Extreme Rechte sind nicht nur seit Jahren sehr aktiv im Internet, sie gehörten sogar zu den Internetpionieren. Bereits zu Beginn der 1990er Jahre gründeten einige technisch Versierte das Thule-Netz, ein bundesweites Mailboxsystem. Noch vor dem Start des allgemein zugänglichen World Wide Web wurden dort unter dem Motto „Wach auf, wach auf du deutsches Land“ faschistische Propaganda verbreitet und Aufmärsche organisiert.

Die braune Seite des Netzes

Eine der ersten Parteien, die eine eigene Internetseite einrichteten, war die NPD. Das Facebookprofil der Partei verzeichnet heute fast 30.000 Fans – fünfmal mehr, als die Partei selbst Mitglieder hat. „Die Barriere ist im Internet einfach nicht mehr so hoch“, fasst Johannes Radke das Problem zusammen. Der Journalist schreibt seit zehn Jahren speziell zum Thema Rechtsextremismus, betreut den ZEIT-online Blog „störungsmelder“ und leitete auf der Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) einen Workshop mit dem Titel: „Sinnvolle Online-Recherche zur rechtsextremen Szene im Netz“. Seiner Beobachtung nach wurden Strukturen, Methoden und Symbole der Rechtsextremisten den neuen technischen Möglichkeiten mit beängstigendem Erfolg angepasst. Sie betreiben eigene Internetforen mit bis zu zehntausenden Mitgliedern. Es existiert sogar ein rechtsradikales Äquivalent zum Online-Lexikon Wikipedia – Holocaustleugnung und Führer-Kult in einem Design, das Wikipedia zum Verwechseln ähnlich sieht.

Neue Nazis: Jenseits der deutschen Justiz

Im Unterschied zu offline gemachten Äußerungen sind dem Rechtsstaat hier die Hände gebunden. Die Server vieler rechtsextremer Plattformen stehen im Ausland; meistens sind diese Domains in den USA oder Skandinavien registriert – und somit dem Zugriff deutscher Behörden entzogen. Deshalb können Videos mit rechtsradikalen Inhalten auf YouTube auch nicht einfach aus dem Netz genommen werden: Mit seinem Sitz im US-Bundesstaat Kalifornien unterliegt das Unternehmen amerikanischem Gesetz, das solche Inhalte als Ausdruck der Meinungsfreiheit schützt.

Wunde Punkte treffen

Die Transparenz des Netzes wiederum macht die rechte Szene angreifbar. Mit einem falschen Facebookprofil und etwas Zeit kann jeder am Informationsstrom andocken und so beispielsweise rechtzeitig über unangemeldete Aufmärsche informieren –man nimmt damit allerdings in Kauf, zu den Unterstützern gezählt zu werden. Die Anonymität in den Foren kann durch kontinuierliche Beobachtung der Gespräche durchdrungen werden, berichtet Johannes Radke. Mit Hilfe kostenloser Onlinedienste kann man die Betreiber einer Internetseite ausfindig machen oder IP-Adressen zurückverfolgen. Durch die Recherche eines von Rechten verwendeten Fotos oder einer Marke lassen sich Urheberrechtsverletzungen aufspüren, die viel sicherer für Sanktionen sorgen als jede Beschwerde oder Klage.

Während die Rechtsextremen also bereits frühzeitig die Vorteile des Internets erkannt haben, birgt die exzessive Verlagerung der Kommunikation in den digitalen Raum für sie auch Nachteile. Doch für welche Seite auch immer das Internet  den größeren Vorteil darstellen mag: Fest steht, dass es sich bereits als Bühne der Rechtsradikalen etabliert hat und die übrigen Teile der Gesellschaft sich nun gezwungen sehen, darauf zu reagieren. Veranstaltungen wie die der FES, an der eine bunte Mischung aus Journalisten, Lehrern, Angestellten in der Jugendbildung und anderen Stiftungen sowie ein Beamter der Kriminalpolizei teilnahmen, werden wir in Zukunft noch öfters brauchen.

Mehr zum Thema erfahren Sie in dem neuen Buch von Johannes Radke und Toralf Staud: „Neue Nazis: Jenseits der NPD: Populisten, Autonome Nationalisten und der Terror von rechts“; erschienen bei KiWi-Paperback, zu haben für 9,99 €.

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