Das von der Koalition beschlossene Leistungsschutzrecht für Verlage wird zumindest Google nicht treffen und am Ende werden sich die Verlage ins eigene Fleisch schneiden. Ein Kommentar.

Nach drei Jahren haben sich die Lobbyisten der großen deutschen Verlage also durchgesetzt. Künftig sollen Google & Co für ihre Newsaggregatoren bezahlen, wenn dort Inhalte von Verlagshäusern gezeigt bzw. angerissen werden. Dieser absurde Vorgang zeigt wieder einmal deutlich, wie wenig Wissen in den entsprechenden Gremien über die eigentliche Machtverteilung im Netz herrscht.

Um die Situation richtig zu erfassen, hätte man nur einen Blick über die Grenze zu unseren belgischen Nachbarn werfen müssen. Nachdem dort im vergangenen Jahr der Dachverband einiger Zeitungen gegen die unentgeltliche Listung von Inhalten bei Google geklagt und gewonnen hatte, wurden die beteiligten belgischen Zeitungsverlage nicht nur aus dem Newsangebot, sondern kurzfristig gleich auch aus dem kompletten Suchmaschinenindex von Google entfernt. Eine kleine Machtprobe mit verheerender Wirkung, da sowohl der Suchindex, als auch das Newsangebot von Google für einen beträchtlichen Teil der Zugriffszahlen der Online-Angebote der Zeitungsverlage sorgen. Da das Geschäftsmodell fast aller deutschen Verlags-Websites zum größten Teil auf Online-Werbung basiert, kann man sich ausrechnen, welche Einbußen ein solcher Schritt für die jetzt jubelnden Verlage haben kann und vermutlich auch haben wird.

Schon jetzt ist abzusehen, dass aus diesem Grund nicht ein einziger Cent von Google oder Microsoft an die Verlage fließen wird, weil das Verlagsgeschäft im Internet auf Kooperation und nicht auf Konfrontation mit den dort Mächtigen angelegt sein muss. Der Suchmaschinenriese kann sich zurücklehnen, denn er wird genügend Newsanbieter finden, die freiwillig auf die „Leistungsschutzgebühr“ verzichten. Diese werden dadurch wiederum höhere Werbeeinahmen auf ihren Seiten erzielen.

Schwieriger wird es für andere kommerzielle Newsaggregatoren wie Flipboard oder Pulse kommen, deren Geschäftsmodell vom neuen Leistungsschutzrecht in Deutschland bedroht ist. Hier bleibt abzuwarten, ob sich diese Anbieter einfach aus Deutschland zurückziehen oder doch mit den Verlagen kooperieren werden. Als innovationsfördernd  kann ein so definiertes Leistungsschutzrecht jedenfalls nicht bezeichnet werden.

Auch die Autoren der Inhalte werden nicht an den erhofften Einnahmen partizipieren, wie in der Ankündigung des neuen Leistungsschutzrechts behauptet wird. Wer sollte denn die Verlage davon abhalten, entsprechende vertragliche Vereinbarungen mit ihren Mitarbeitern zu machen, dass sie genau auf diese Anteile verzichten bzw. diese bereits mit dem Gehalt oder Honorar abgegolten sind? Dieser Bestandteil des neuen Leistungsschutzrechtes zeigt deutlich, dass eine Novellierung des Urheberrechts unumgänglich ist, und dass solche Gesetze, die den Geist vergangener Zeiten atmen, keine Wirkung mehr entfalten können.

Es ist deswegen kein „gegen“ Google, Apple oder Facebook der alten Medien mehr möglich, ebenso war der Kniefall von Matthias Döpfner vor Steve Jobs unnötig und übertrieben. Die großen Verlagshäuser werden auf ihrem Weg zu modernen Multimediaunternehmen nicht von den „Big Playern“ des Internet gerettet, noch werden sie sich über Gesetze oder Klagen eine bessere Position gegen diese verschaffen können.  Es ist an der Zeit anzuerkennen, dass sie das Ruder im Internet noch nie in der Hand hatten und es auch nie mehr in die Hand bekommen werden. Diese Einsicht könnte helfen, nur noch die Schlachten zu führen, die sie wirklich gewinnen können oder noch besser: gleich die Waffen niederzulegen und sich eine bessere Erlösstrategie zu überlegen.