Stärkung des Datenschutzes und der Medienkompetenz, ein „Breitband-Masterplan“ sowie Open-Government: Die künftige rot-grüne Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen hat sich im Koalitionsvertrag große netzpolitische Baustellen vorgenommen. politik-digital.de hat genau hingeschaut und mit dem Landtagsabgeordneten Matthi Bolte gesprochen: Welche Wahlversprechen von SPD und Grünen fanden ihren Weg in den Vertrag? Und: Was fehlt noch für ein digitales Nordrhein-Westfalen?

 

Koalitionsvertrag NRW

 


Freiheitlich-rechtsstaaliches Netz

Im Koalitionsvertrag heißt es: „Das Internet darf nicht zum bürgerrechtsfreien Medium werden!“ SPD und Grüne  einigten sich daher auf eine verbesserte Ausstattung des Landeskriminalamtes und eine Stärkung des Landesdatenschutzbeauftragten. Nach den Kürzungen unter Schwarz-Gelb in diesem Bereich werde man diese „nicht nur rückgängig machen“, sondern noch „mehrere Stellen obendrauf legen“, so Matthi Bolte, Landtagsabgeordneter der Grünen, im Gespräch mit politik-digital.de.


Internetsperren erteilt der Koalitionsvertrag eine Absage. Auch online solle „Rechtsstaatlichkeit“ garantiert werden. Dazu gehöre das Löschen „verbotener Inhalte“, wie im Vertrag zu lesen ist.
Laut Matthi Bolte hätten die Grünen Überzeugungsarbeit leisten müssen, um „Pläne zur Online-Durchsuchung“, die es seitens der SPD-Innenpolitiker während der Verhandlungen gegeben hätte, zu „unterbinden“. Netzpolitisch habe sonst aber „große Einigkeit“ in den Koalitionsverhandlungen geherrscht, sagte Bolte.

Zugang für Jedermann

Neben dem Ausbau des Breitbandnetzes ist im Koalitionsvertrag die Schaffung „öffentlicher WLAN-Zugänge“ festgeschrieben. Auf die  Realisierbarkeit dieses Vorhabens angesprochen, sagte Bolte, dass man hier wahrscheinlich auf „kommunaler Ebene“ und mit „Hilfe von Sponsoren“ agieren werde.

Zum „barrierefreien Zugang“ gehört laut Koalitionsvertrag auch die Einführung eines „altersgemäßen Medienkompetenzführerscheins“. Interessant ist, dass der Koalitionsvertrag explizit auch die Kompetenzvermittlung für „freie Medien- und Softwareangebote“ erwähnt.

Aber: Die Nutzung von Open-Source-Software, zum Beispiel in der Verwaltung, steht nicht im Vertrag. Man habe aber trotzdem „eine Übereinkunft“ dazu getroffen, so Matthi Bolte. Hier sind beide Parteien ihren Wahlversprechungen nicht zu 100 Prozent gerecht geworden.

Transparentes Regieren

In Sachen elektronischer Partizipation will die Landesregierung neue Wege beschreiten. In Wettbewerben sollen Entwickler Anwendungen entwerfen, die mit öffentlich bereitgestellten Daten „Transparenz, Partizipation und Zusammenarbeit“ für die Bürger ermöglichen. Der „Chief Technology Officer“ aus dem SPD-Wahlprogramm ist aber im Koalitionsvertrag nicht mehr zu finden. Dieser Staatssekretär oder „Minister mit besonderen Aufgaben“ hätte sich um die Entwicklung des E-Government in der Staatskanzlei kümmern sollen, hieß es im SPD-Wahlprogramm „Unser NRW.“

Neue Medien

Die Koalition will das duale Rundfunksystem stärken. Das öffentlich-rechtliche Programmangebot solle um die „dritte Säule“ des Internet erweitert werden. Die Bandbreite an Medien wollen die Koalitionspartner im „Lokalen und Regionalen“ auch mit Blogs vergrößern. Und im Zusammenhang mit der aktuellen Leistungsschutz- und Urheberrechtsdebatte heißt es: „Wir wollen Chancen eröffnen, Qualitätsjournalismus über alle Verbreitungsformen und -wege zu ermöglichen“

Was unklar bleibt…

Zum einen wollen die Koalitionspartner die „Netzneutralität“ gesetzlich festschreiben. Was dieser Begriff in Zukunft für die Politik bedeutet, ist aber noch nicht geklärt. Derzeit arbeitet eine Arbeitsgruppe der Enquête-Kommission Internet und digitale Gesellschaft im Deutschen Bundestag an der Definition des Begriffs. Im Koalitionsvertrag in NRW ist im Moment nur von „diskriminierungsfreier Bereitstellung der Inhalte“ die Rede.

Zum anderen: Die SPD versprach in ihrem Wahlprogramm die Weiterentwicklung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (JMStV). Dieser ist aber inzwischen fast schon verabschiedet. Im Koalitionsvertrag fanden Vorhaben zum JMStV dann keine Erwähnung mehr. Laut Matthi Bolte prüfe die Koalition, wie man „nochmal in das Verfahren gehen kann“. Er fürchte aber, dass „keine gravierenden Änderungen“ mehr möglich seien.

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