Während wohl auch in diesem Jahr wieder in einigen
Wohnzimmern die Weihnachtsbäume gebrannt haben und Familien zusammen das Fest der Liebe
zelebrierten, sitzen auf der anderen Seite jungen Menschen in dunklen Zimmern, ausgestattet mit
den wichtigsten Nahrungs-
mitteln und arbeiten alle nur an einem Ziel: Den gemeinsten und
gefährlichsten Virus für das Jahr 2000 zu entwickeln.

Dies ist keine Szene aus dem neuesten Hollywood-Hacker-Film, sondern durchaus eine realistische
Vorstellung, mit der sich verschiedene Experten von Softwarefirmen, aber auch Verantwortliche von staatlicher
Seite auseinandersetzen. Präsident Clinton zufolge sind die Computersysteme der US-Regierung zwar
"zu 99,9 Prozent" auf den Jahrtausendwechsel vorbereitet, dennoch befürchtet man
Cyber-Attacken aus den Hacker-Kreisen.

So forderte kürzlich John Koskinen, der Vorsitzende des US-Rates für den Jahrtausendwechsel, laut Spiegel-Online
alle Computer Hacker dazu auf, sich über Neujahr in Selbstbeschränkung zu üben, da genug am
Neujahrswochenende passieren würde, so dass es kein besonders gutes Wochenende ist, um die
Notwendigkeit von besserer Informationssicherheit zu demonstrieren. Als "Y2K" bezeichnet man das
mit dem Jahrtausendwechsel verbundene Computerproblem, das zur Zeit in aller Munde ist.
Was aber nun wirklich passiert, wenn die Datumsanzeige nicht auf das gewünschte Jahr 2000 springt, weiss bislang keiner
genau. Schlimmste Konsequenzen befürchtet man deswegen besonders in den Ländern, die von ihrer Computertechnologie
nicht auf dem neuesten Stand sind und die darüber hinaus auch noch über Atomwaffen oder atomare Energien
verfügen.

Als wäre das aber nicht Problem genug ist der Millenniumswechsel gerade für die Programmierer von
Computerviren ein äußerst prestigeträchtiges Ereignis, eine Art "Super Bowl" für
Virenschreiber. Tatsächlich haben Hersteller von Antivirus-Software und auf Computersicherheit
spezialisierte Unternehmen bereits eine wachsende Zahl von Viren gemeldet, die sich am oder um
den 1. Januar aktivieren sollen.

Die Bitte nun doch auf das spezielle Datum ein wenig Rücksicht zu nehmen fördert nicht gerade das derzeitige Vertrauen,
ob die Behörden tatsächlich alles unter Kontrolle haben. Ganz nach dem Motto "ich habe zwar
gerade eine neue Alarmanlage in meinem Haus installiert, aber bitte brechen Sie erst später ein,
weil ich mir nicht sicher bin, ob sie auch funktioniert" wird hier um Verständnis bei der
Gegenseite gebeten. Andererseits ist es erstaunlich wie lange und beharrlich sich die staatlichen
Experten dagegen sträubten, Hilfe aus Aktivisten- und Hackerkreisen anzunehmen. Die Situation
erinnert doch schon frappierend an die der Russen, die relativ spät erst ihre
Ratlosigkeit gegenüber dem Jahrtausendproblem offenbarten und daraufhin amerikanischen Experten
den Zutritt zu ihren Hochsicherheitsanlagen erlaubten.

"Wir werden sehen, was passiert, aber wir haben laut jetzigem Kenntnisstand alles unter
Kontrolle" ist auch momentan eine der häufigsten Antworten, die man von offizieller Stelle
erfährt. Auch wenn keiner an eine durch das Y2K-Problem ausgelöste Katastrophe glauben mag,
ist eine "Vogel-Strauss-Mentalität" durchaus nicht zu übersehen. Und vielleicht ist dies auch
ein Grund dafür, warum über Weihnachten und zwischen den Jahren so viele Hacker in ihren Stuben
an ihren Geräten sitzen werden. Die größten Fortschritte in der "Computersicherheitstechnologie"
sind in den letzten Jahren nämlich selten in den Amtszimmern und Behördenstuben dieser Welt,
sondern eher in den kleinen, unaufgeräumten Kinderzimmern entstanden.