Testwahlcharakter der Landatagswahlen in Sachsen-Anhalt findet im Netz keinen Widerhall
Nur wenige
Tage vor der vierten Landtagswahl in Sachsen-Anhalt ist deren Ausgang
noch völlig offen. Am 11. April wurden die Ergebnisse der dritten
Umfrage vom Meinungsforschungsinstitut dimap bekannt gegeben www.mdr.de/sachsen-anhalt-wahl/umfragen/inhalt.html.
Es sind die letzten Resultate, die noch vor der Wahl veröffentlicht
werden und sie deuten darauf hin, dass in Sachsen-Anhalt noch nichts
entschieden ist. Die CDU liegt zwar mit 32 Prozent der Stimmen vorn,
hat aber im Vergleich zur Umfrage vom 28. Februar drei Prozentpunkte
eingebüßt. Noch stärker verloren hat die SPD, die nun statt der 30
Prozent der zweiten Umfrage nun nur noch auf 25 Prozent kommt.
Hinzugewonnen haben hingegen die PDS, die sich mit ihr letztes Ergebnis
von 20 Prozent kurz vor der Wahl um drei Prozentpunkte auf 23 Prozent
verbessern konnte und die FDP, die neun Prozent erreichte (letzte
Umfrage sieben Prozent). Der Schill-Partei wird erstmals der Einzug in
den Landtag vorausgesagt. Das sie als Mehrheitsbeschaffer für die CDU
dienen kann, bestätigte CDU Spitzenkandidat Wolfgang Böhmer am 28. März
im tacheles 02 Chat. Die Grünen kommen in den Umfragen nur auf zwei Prozent und werden wohl nicht im Landtag vertreten sein.
Der bisherige
Ministerpräsident und erneute SPD-Spitzenkandidat Reinhard Höppner hat
bereits angedeutet, dass er nicht in einer große Koalition mit der SPD
als Junior-Partner der CDU zur Verfügung stehen werde. Ob die SPD und
die PDS doch eine Koalition eingehen, wird sich am 21. April zeigen.
Anmerkung am Rande: Am 21. April 1946 vereinigten sich SPD und KPD zur
SED.
Denkbar wäre
auch, dass die PDS die SPD noch überholt und zweitstärkste Kraft wird.
Für diesen Fall hat sich schon der Vorsitzende der
PDS-Bundestagsfraktion Roland Claus bereit erklärt, das Amt des
Ministerpräsidenten zu übernehmen. Doch die SPD kann sich einen PDS
Ministerpräsidenten unter SPD-Beteiligung nicht vorstellen. Im tacheles
02 Chat vom 2. April diesen Jahres beantwortete Ministerpräsident Höppner dieser Frage mit einem eindeutigen "Nein".
Doch nicht nur
der ungewisse Ausgang der Landtagswahl bieten Anlass für gespannte
Erwartung. Da in Sachsen-Anhalt die letzte große Abstimmung vor der
Bundestagswahl am 22. September 2002 stattfindet, wird sie von vielen
Beobachtern als Stimmungstest für die Bundestagswahl gesehen. Wie sieht
es mit dem Internet-Angebot der Parteien aus? Nimmt der Wahlkampf in
Sachsen-Anhalt im Internet den Stellenwert ein, den man von einer
Generalprobe für die Bundestagswahl bzw von einem Stimmungstest der
Gemütslage in Ostdeutschland erwarten würde?
Vor einigen
Wochen war davon noch wenig zu merken. Wie in der allgemeinen
Berichterstattung wurde auch im Internet den Landtagswahlen wenig Aufmerksamkeit
geschenkt. Aber das Internet ist bekanntlich ein schnelllebiges Medium,
so dass sich seit dem 21. März einiges geändern haben könnte. Ein
zweiter Blick unmittelbar vor der Wahl auf das Internet-Angebot der
Parteien kommt aber zu einem gegenteiligen Ergebnis.
Auf den Internet
Seiten der beiden großen Parteien hat das Thema Sachsen-Anhalt zwar an
Prominenz gewonnen. Auf der Startseite der SPD-Bundespartei findet sich
ein kurzer Text zur Wahl in Sachsen-Anhalt. Aber der dort vorhandene
Link führt auch nur zu einem weiteren kurzen Artikel, der lediglich
sachlich neutral über die Wahl informiert. Die Aufgabe der Wahlwerbung
wird dem Web-Angebot der SPD Sachsen-Anhalt überlassen, zu dem
verschiedene Links im Anschluss an den Artikel führen. Aber neben den
von der SPD betriebenen Internetseiten finden sich auch drei Links zu
unabhängigen Informationsquellen, beispielsweise der Seite des Landeswahlleiters,
die allerdings vor den eigenen Links platziert sind. An dem Webauftritt
der SPD-Sachsen-Anhalt hat sich insgesamt wenig geändert. Nach wie vor
gibt es die Seite des Landesverbandes, die des Spitzenkandidaten Reinhard Höppner und die Aktionsseite.
Alle Seiten sind im Layout aufeinander abgestimmt. Grundlegende
Informationen wie wichtige Termine oder programmatische Ziele finden
sich auf allen drei Seiten. Neben der reinen Information finden sich
auf der letztgenannten Seite bescheidene Andeutungen von
Interaktivität, die zudem nur sporadisch genutzt werden. Im Forum
datierte am 17. April der letzte Beitrag vom 7. April. Nicht besser
sieht es in der Rubrik "Statement" abgeben aus. Auf die Frage, "Ich
wähle SPD, weil…", antwortete am 17. April letztmalig ein Anhänger
der SPD am 4. April. Hoffnungsträger der Interaktivität auf den Seiten
der SPD könnte der vorhandene Chatraum sein. Doch der angezeigte
Chatraum ist im Moment verweist, da kein weiterer Chat geplant sei.
Schade eigentlich.
Auch beim Herausforderer CDU ist das Thema inzwischen sprichwörtlich
auf den Bildschirm gerückt. Dafür sorgt ein Werbebanner auf der rechten
Seite der Homepage der Bundespartei. Dieser führt zur Seite des Landesverbandes Sachsen-Anhalt,
die seit der letzten Kritik in neuem Layout erstrahlt. Obwohl die
Gestaltung nicht grundsätzlich geändert wurde, wirkt die Seite durch
eine bessere Ausnutzung des Bildschirms und durch neue graphische
Details professioneller und ansprechender als zuvor. Neben der Seite
des Landesverbandes gibt es noch die von der Jungen Union gestaltete
Seite www.hoeppner-muss-weg.de,
die hauptsächlich der Polemik gegen Ministerpräsident Höppner gewidmet
ist. Leider wird Interaktivität kaum angeboten. Erst der drittletzte
Unterpunkt der Navigation lädt die Wähler und seine Meinungen ein. Doch
überraschenderweise ist diese Seite hauptsächlich Meinungen anderer
über die Auswirkungen der Politik von Reinhardt Höppner gewidmet, und
erst in zweiter Linie wird das Angebot eines Forums und eines
Gästebuches ersichtlich. Doch auch das Forum besticht nicht durch
aktive Nutzung. Bezeichnenderweise lautet der Titel des letzten
Eintrages in diesem Forum: "Eisige Stille im Forum". Der Grund, dass
die CDU im Moment in den Umfragen soweit vorne liegt, kann jedenfalls
nicht ihr Internet-Auftritt sein.
Dass der
Internet-Auftritt für die Wahl in Sachsen-Anhalt nicht entscheidend
ist, scheinen auch die Bundesebene von FDP, PDS und Grünen zu glauben.
Die Landesverbände haben zwar nach wie vor ein solides bis gutes
Internet-Angebot, an dem sich seit der letzten Rezension (LINK) nicht
viel geändert hat. Aber auf den Internetseiten der Bundesparteien muss
man nach wie vor nach der Wahl in Sachsen-Anhalt suchen.
Die FDP hat auf
ihrer Portalseite www.fdp.de einen Artikel, in dem über die letzte
Umfrage berichtet wird. Links zu dem Angebot des FDP-Landesverbandes
Sachsen-Anhalt sucht man jedoch vergebens. So gelangt man immer noch
nur über die Rubrik "Landes-Verbände" zu den entscheidenden Seiten,
ohne dass dort die Wahl in Sachsen-Anhalt besonders hervorgehoben wird.
Das ist umso erstaunlicher als die FDP nicht nur ein sehr gutes
Internet-Angebot www.der-neue-start hat. Sie steht mir ihrer
prominenten Kandidatin Cornelia Pieper in den Umfragen mit neun Prozent
auch sehr gut da und müsste eigentlich Interesse daran haben, die
bevorstehende Wahl als Test anzusehen.
Auch die PDS hat in den letzten Umfragen noch zugelegt. Jedoch sind die aktuellen Artikel auf der Startseite der Bundespartei www.pds-online.de nicht mit den Seiten von Sachsen-Anhalt www.pds-sachsen-anhalt.de verlinkt. Selbst unter der Rubrik "Wahlen" stellt Sachsen-Anhalt nur eines von vielen Themen dar.
Auf der Homepage
der Grünen findet sich unter der Rubrik "Länder-Infos" lediglich ein
Artikel vom 9. April, der Links zur Wahlseite www.lust-auf-zukunft.de und zur Seite von Spitzenkandidatin Undine Kurth www.undine-kurth.de
enthält. Ist es möglich, dass die Grünen den Wahlkampf in
Sachsen-Anhalt bewusst nicht prominent bewerben, weil sie ihr
prognostiziertes Ergebnis von nur zwei Prozent nicht als Test für die
Bundestagswahl interpretiert sehen wollen?
Auch wenn die die
SPD und die CDU ihr Angebot zur Wahl in Sachsen-Anhalt verändert haben,
lässt sich das Fazit vom 21. März leider nicht ändern. Es herrscht also
weiterhin Nachholbedarf im sachsen-anhaltinischen Cyberspace.