Die freche Selbstinszenierung
der im Herbst 1997 eröffneten SPD-Wahlkampfzentrale "Kampa" ließ viele altgediente
Beobachter des politischen Geschäfts staunen. Noch nie wurde in der deutschen
Öffentlichkeit so deutlich, dass politische Auseinandersetzung in unserer Demokratie
immer mehr am technischen Know-how hängt – und dass Profes-
sionalismus im Politikmanagement heute geradezu zum Aushängeschild geworden
ist.
Die War-Room-Mentalität
ist in den Alltag eingezogen: Sie will nicht zulassen, dass es so etwas wie
politische Routine gibt, in der Regierung regiert, Opposition opponiert, besonnene
Fachleute die Details von Gesetzeswerken austüfteln und Verbände ihr Lobbying
hinter den Kulissen nur im Ausnahmefall durch großes Kriegs-
geheul, Aufmärsche und Trommelwirbel ergänzen. Inzwischen folgt Kampagne auf
Kampagne, selbst Unternehmen und kleine Branchenverbände trommeln und blasen
zum großen Medien-
feldzug, die Gewerkschaften und Oppositionsparteien sowieso: sie fordern die
Regierung längst nicht mehr nur im Parlament heraus, sondern in jeder Arena,
die sich bietet.
"Kampagnenfähigkeit" und
"Kampagnendenken" sind die Attribute, mit denen Organisationen nun unter Praktikern,
Journalisten und Wissenschaftlern bewertet werden. Und zwar nicht versteckt,
sondern ganz bewusst und öffentlich.
Die Kommunikationsprofis
der Parteien, der PR-Firmen und großen Verbände sprechen ein Fachlatein, das
die Laien nicht mehr verstehen: Sie fachsimpeln über Po-sitionierung, Visualisierung,
Fundraising, Canvassing, Fokus-Gruppen, Benchmark- und Blitzumfragen, Call-Center,
Issues- und Event-Management, virtuelle Ortsvereine, Direktmarketing, Targeting,
Soundbites, Spin Doctors und War Rooms. Woher diese Begriffe stammen, liegt
auf der Hand. Von der Amerikanisierung der Wahlkämpfe redet man seit drei Jahrzehnten.
Schon in den Siebzigern haben clevere Profis wie Harry Walter bei der SPD, Peter
Radunski bei der CDU oder Klaus Golombek bei der FDP in Amerika gekiebitzt.
Doch erst jetzt bildet sich nach US-Vorbild eine ganze Fachdisziplin heraus,
eine neue Generation von hochqualifizierten Experten für politische Kommunikation
und Beratung tritt nun selbstbewusst auf. Zu Recht. Noch nie haben so viele
junge Leute internationale Kampagnen-Erfahrung gesammelt, noch nie haben sich
so viele so zielgerichtet auf Praktikantenstellen und an Hochschulen im In-
und Ausland auf Berufe in Politikmanagement und Politikberatung ausbilden lassen.
Doch noch nie in der deutschen Nachkriegsgeschichte war der Unterschied selbst
innerhalb der Apparate größer zwischen Hauptberuflichen und Amateuren. Das gilt
nicht nur für die Parteien, sondern genauso für Verbände, Gewerkschaften, humanitäre
Organisationen von Greenpeace bis Amnesty International. Politikberatung, auch
durch externe Agenturen, wird ein immer größeres Geschäft. Und der politisch
engagierte Amateur hat es im Zuge dieser Technisierung und Spezialisierung immer
schwerer.
Eine Zuschauerdemokratie
sind wir dennoch nicht geworden. Im Gegenteil: Nie waren die Wähler politisch
unabhängiger, kritischer, besser informiert oder mehr bereit, trotz Gegenwind
laut für eine Sache oder eine Person zu trommeln oder dagegen Sturm zu laufen.
Allerdings tun sie das ad hoc, nicht mehr in den berechenbaren Bahnen jahrzehntelanger
Mitglied-
schaften. Sie schenken ihre Aufmerksamkeit oder ihr Engagement nicht mehr automatisch
jedem Möchtegern-Staatsmann oder Möchtegern-Volkstribun, der etwas sagen will
– und sei es noch so intelligent und ehrenwert. Als verwöhnte Medienkonsumenten
und trendbewusste Aktivitätssucher einer Spaß- und Freizeitgesellschaft erwarten
sie eine Menge von der Politik: Professionell gemachte Kampagnen gehören dazu,
in Substanz wie im Stil. Damit ist nicht etwa nur eine glatte, glänzende Verpackung
gemeint, sondern auch das punktgenaue Liefern aktueller Informationen, die der
Wähler in seinem engen Zeitbudget für relevant und nützlich genug hält, um sich
damit zu beschäftigen.
Der schmale Zeithorizont,
die schnelle Verbreitung neuer Technologien, der schnelle Rhythmus der 24-Stunden-Nachrichtenkanäle,
die Konkurrenz wechselnder Themen und Trends, eine aggressive, politikerfeindliche
Grundstimmung von Journalisten und Wählern: Das macht die Herausforderung für
das kommunikative Politikmanagement aus – egal, ob in Wahlkampf, PR oder öffentlichem
Lobbying.
Politikmanagement ist eine
Art Kriegshandwerk, dessen Fachvokabular bisweilen martialisch klingt. Wir alle
kennen den Unterschied zwischen demokratischem Prozess und militärischem Blutvergießen
genau. Man sollte aber nicht so tun, als sei Politik eine harmlose Veranstaltung
für gemeinsinnigen Diskurs, gelegentlich unterhaltsam durchbrochen durch ein
sportliches Kräftemessen und seichte Showeinlagen. Auch in der Demokratie ist
Politik ein Kampf um Macht und Entscheidungen, wer wann was und wie viel bekommt:
Das entscheidet für viele über Wohl und Wehe, über Furcht und Hoffnung der Menschen.
Die Aggression großer politischer Gruppen ist nur gezähmt, in Symbole, Rituale
und zivilisierte Verfahren gelenkt, aber nicht verschwunden. David Horowitz,
in den Sechzigern ein Idol der radikalen amerikanischen Linken, heute ein erzkonservativer
Republikaner, formuliert seine Art of Political War daher in diesen sechs Prinzipien
(The Art of Political War And Other Radical Pursuits. Spence, Dallas 2000: 10):
anderen Mitteln. um Positionen. normalerweise der Aggressor. durch Furcht und Hoffnung. sind Symbole für Furcht und Hoffnung. der Seite des Volkes.
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