Der Islam wird kontrovers diskutiert in Deutschland. Die Muslime selbst kommen in der öffentlichern Debatte jedoch eher selten zu Wort. Eine Studie der Uni Münster hat nun untersucht, wie und worüber junge Muslime in Internet-Foren diskutieren – die Ergebnisse widersprechen vielen gängigen Klischees über den Islam und seine Anhänger.
Anlässlich des Deutschlandbesuchs des türkischen Staatspräsidenten Abdullah Gül sind auch der Islam und die Integration von Muslimen aktuell wieder Diskussionsthema in Deutschland. Doch worüber diskutieren Muslime untereinander und was sagt uns das über sie aus? "Extremistische Positionen sind selten und werden von der Internetgemeinschaft sofort ausgebremst“, schildert die Politologin Daniela Schlicht eines der Studien-Ergebnisse. Grundtenor sei vielmehr, dass man sich als guter Muslim in die Gesellschaft einzubringen hat. Dass die Integration der Muslime in Deutschland dabei nicht ohne Spannungen verläuft, wird auch in den Netzdebatten auf Facebook und StudiVZ deutlich, die Schlicht für ihre Promotionsstudie gesichtet hat: "Junge Muslime fragen sich immer wieder, inwiefern sie Teil der Gesellschaft sind und wie ihre Religion in den deutschen Staat passt“. Sie bekämen – trotz staatstragender Bekenntnisse des deutschen Bundespräsidenten – oft das Gefühl vermittelt, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Eben diese intensive Islam-Debatte in Deutschland zwinge nach Einschätzung von Daniela Schlicht junge Muslime regelmäßig dazu, Stellung zu ihrer Religion zu beziehen.
Dass die Auseinandersetzung mit der eigenen Religion vor allem online stattfindet, wundert Schlicht wenig: "Es gibt jenseits des Internet einfach nicht so viele Möglichkeiten, das Thema aufzugreifen." Soziale Netzwerke seien ein wichtiger Aspekt für die Erweiterung eines öffentlichen innermuslimischen Dialogs – und bieten so auch neues Potenzial für die Forschung. In den Sozialen Netzwerken kämen nun eine große Bandbreite unterschiedlicher Akteure zusammen: traditionelle und liberale Muslime, Konvertiten und Menschen aus verschiedenen Herkunftsländern. Einen so vielfältigen Diskurs, bei dem unterschiedlichste Perspektiven aufeinandertreffen, habe es vor den Sozialen Netzwerken nicht gegeben, boebachtet Schlicht.
Die qualitative Studie trägt den Titel „Europäischer Islam im Internet: Überlegungen zum Umgang muslimischer Studierender mit dem Islam im Kontext säkularer Staatlichkeit“. Gesichtet wurden rund 1.000 Facebook- und StudiVZ-Debatten aus drei Jahren. Darin diskutieren gut 2.500 junge Muslime in Deutschland und Großbritannien über Themen wie „Nationalbewusstsein und Islam“, „Euro-Islam“ oder „Gottesstaat versus Laizismus“. Die vollständigen Ergebnisse werden Ende 2011 veröffentlicht.