Die Digitalisierung der italienischen Schulen hat in den letzten Jahren an Dynamik gewonnen, dennoch läuft der Prozess nicht überall im Land mit der gleichen Geschwindigkeit, gerade im Süden gibt es noch viel zu tun. Verschärft wird das Problem durch die Frage nach der Stabilität der aktuellen Regierung.
Im Februar 2019 wurde der Bericht „Digitale Bildung“ über den Stand der digitalen Entwicklung der Schulen in Italien veröffentlicht. Trotz einiger positiver Beispiele auf lokaler Ebene gehört Italien zu den Schlusslichtern bei der digitalen Ausbildung der Lehrkräfte. Einer der Gründe hierfür ist das Durchschnittsalter der Lehrer, das eines der höchsten in Europa ist.
Schaut man auf die gesetzlichen, infrastrukturellen und inhaltlichen Projekte, zeigt sich, dass Italien auf dem Weg ist, die schulische Ausbildung zukunftsorientiert zu gestalten.
Mit der „Buona scuola“ („Gute Schule“, Gesetz 107/2015) hat der damalige italienische Regierungschef Matteo Renzi ein Gesetz auf den Weg gebracht, das Innovationen in der öffentlichen Verwaltung und im Bildungswesen fördert.
Ein weiteres ambitioniertes Projekt war der Nationale Plan Digitale Schule (Piano Nazionale Scuola Digitale, PNSD), ein Dokument des Ministeriums für Bildung, Universität und Forschung zur Digitalisierung der Schule. Der Plan sah Mittel, Ausbildungsprogramme und Partnerschaften mit der Privatwirtschaft vor, um die Lücke zwischen den vom Arbeitsmarkt geforderten digitalen Fähigkeiten und den Lehrplänen der Schulen ab der Grundschule zu schließen. Der PNSD wäre ein ehrgeiziges Projekt gewesen, wenn die neue Regierung ihn nicht stark gekürzt hätte.
Faktoren, die in der Studie „Digitale Bildung“ berücksichtigt sind
Einer der Hauptfaktoren, die in der Studie berücksichtigt wurden, ist die Breitband-Internetverbindung. Die Abdeckung bis 2020 von mindestens 100 Mbit/s von Standorten der öffentlichen Verwaltung, einschließlich Schulen, gilt als Priorität; allerdings haben derzeit nur 97% der Schulen überhaupt einen Internetanschluss. Zwar ist der verbleibende Prozentsatz von 3% klein, in diesem Fall aber signifikant und er betrifft insbesondere Grundschulen in Süditalien. Die Grundschulen sind die von der Digitalisierung am stärksten betroffenen Schulen, anders als Sekundarschulen, die immer noch stark traditionelle Unterrichtmethoden verwenden. Dennoch haben die Sekundarschulen schnellere und qualitativ bessere Internet-Verbindungen.
Weitere in der Studie betrachtete Elemente, die in Betracht gezogen werden, sind die Erarbeitung eines effizienten Telematiknetzes und eines Konzepts für Wartungs- und Aktualisierungsmaßnahmen, um die Auswirkungen der technischen Überalterung der Infrastruktur zu steuern. Ein allgemeingültiges Urteil über die digitale Infrastruktur Italiens zu fällen ist unmöglich, da sich die regionalen Unterschiede beträchtlich sind.
Mehr als 70% der italienischen Schulen nutzen immer noch den DSL-Anschluss per Kupfer, während nur 13% über Glasfaser erreicht werden: Nur jede fünfte Schule hat einen schnellen Anschluss. Spitzenreiter ist die Emilia-Romagna: Mehr als 30% der Schulen sind mit mehr als 30 Mbit/s verbunden, verglichen mit einem nationalen Durchschnitt von 11,2%.
Auch die Lehrerausbildung muss sich weiterentwickeln. 47% der Lehrer in italienischen Schulen nutzen häufig digitale Werkzeuge im Unterricht, 51% in Schulen mit einer Ultrabreitband-Verbindung; 5% der Lehrer setzen noch gar keine digitalen Mittel ein.
Ein weiterer Aspekt ist die Digitalisierung von Entscheidungs- und Verwaltungsprozessen: So haben beispielsweise rund 63% der Schulen ihr Wirtschafts-, Finanz- und Vermögensmanagement vollständig digitalisiert, aber nur 21,5% der Schulen haben die Verwaltung der Zahlungen ganz digitalisiert.
In Emilia Romagna, Lombardei und Friaul-Julisch Venetien ist die Digitalisierung der Schulen am weitesten fortgeschritten. Ligurien und die Toskana folgen, behalten aber viele traditionelle Lehrmethoden bei. Weiter südlich gibt es die Fähigkeiten und den Willen zur Innovation, es fehlen aber die Ressourcen (Molise, Kampanien, Umbrien, Sizilien, Sardinien), während in den südlichen Regionen (Basilicata, Kalabrien, Apulien und Abruzzen) beide Aspekte, die Lehrerausbildung und Digitalisierung in der Verwaltung verstärkt werden sollten.
Gegenwärtige Verwendung und Zuweisung von Mitteln für die Digitalisierung
Die ministeriellen Investitionen für die Digitalisierung in den Schulen wurden in der letzten Zeit stark reduziert: Die derzeitige Regierung verwendet nur einen kleinen Teil der Mittel der “Guten Schule” und stellt, wenn möglich, noch weniger Mittel bereit.
Während beispielsweise die beiden vorherigen Regierungen 223 Millionen Euro für „innovative digitale Lernumgebungen“ bereitgestellt haben, hat die neue Regierung nur 22 Millionen Euro verwendet.
Ein virtuoses Experiment: „Ambizione Italia per la Scuola“(Italiens Ambition für Schulen)
Das Projekt „Ambizione Italia per la Scuola“, eine Zusammenarbeit zwischen Microsoft und der „Stiftung digitale Welt“ (Fondazione Mondo Digitale), soll 250.000 Schüler im Alter zwischen 12 und 18 Jahren und 20.000 Lehrer in ganz Italien ansprechen und bietet außerdem Kurse zum Erwerb digitaler Fähigkeiten an. Das kündigte Brad Smith, Präsident und Chief Legal Officer von Microsoft an. Ein Teil des Projekts besteht in der Ausbildung von hundert Datenwissenschaftlern: Microsoft hat für dieses Projekt mit dem Polytechnikum Mailand, der Universität Federico II von Neapel und dem Polytechnikum von Bari zusammengearbeitet.
„Ambizione Italia per la Scuola“ ist Teil des Projekts „Ambizione Italia“, das im September 2018 begann, um die Digitalisierung in ganz Italien zu fördern. Das allgemeine Ziel von Microsoft ist, bis 2020 mehr als 2 Millionen junge Menschen, Studenten, NEETs und Fachleute in ganz Italien einzubeziehen, mehr als 500.000 Menschen auszubilden und 50.000 Fachleute für eine Investition von 100 Millionen Euro in Ausbildungsaktivitäten und den Zugang zu digitalen Fähigkeiten in diesem Schuljahr zu zertifizieren.
Bei der Präsentation der Initiative wurden auch Projekte einiger Gymnasien vorgestellt. „Good Morning“ beispielsweise ist ein Handschuh, der Zeichensprache in gesprochene Sprache übersetzen kann, und zwar durch Sensoren, die die Bewegungen der Hände analysieren und sie an einen Lautsprecher übertragen, der das empfangene elektrische Signal in Schallwellen umwandelt.
Der „Floatalyzer“ ist eine schwimmende Plattform zur Messung und Bekämpfung der Flussverschmutzung. Er analysiert die Wasserqualität in Echtzeit, erkennt Schadstoffe und sammelt Daten aus einer Datenbank. „Ciutech“ ist ein intelligenter Schnuller, der beispielsweise die Körpertemperatur eines Neugeborenen und seinen Gesundheitszustand durch die Analyse des Speichels überwachen kann.
Künstliche Intelligenz und Blockchain
Beim Thema Künstliche Intelligenz ist die neue Regierung hingegen aktiv. Eine Expertengruppe hat im Ministerium für Wirtschaftsentwicklung Ende März ein Konzept entwickelt, das bei der Europäischen Kommission eingereicht wurde. Die Expertengruppe wurde auch von Vertretern von Universitäten, Unternehmen, Institutionen, Confindustria, Gewerkschaften und Verbraucherverbänden beraten.
Sechs Aspekte wurden hierbei berücksichtigt: die Nutzung der Forschung, um künstliche Intelligenz aus dem Labor auf den Markt zu bringen; Bildung und lebenslanges Lernen; die Förderung qualifizierter Investitionen; Daten als Produktionsfaktor; Gesetzgebung und ethische Auswirkungen und die Verbesserung der öffentlichen Dienste.
Die Eigenschaften und Entwicklungen der Blockchain sind ein weiterer zentraler Aspekt, der es der italienischen Politik ermöglicht, über die Rolle Italiens in Europa im öffentlichen und privaten Sektor und in der Forschung nachzudenken. Ziel dieser Arbeitsgruppe ist, die 4.0-Industrie-Revolution, Bildung und lebenslanges Lernen sowie die Gesetzgebung zu analysieren. Schließlich betrifft die italienische Strategie für die Digitalisierung die Verbesserung und den Schutz von „Made in Italy“.
Titelbild: ipad-3765920 by steveriot1_via Pixabay, Pixabay Lizenz
Text: CC-BY-SA 3.0