Berlin:
Der Unterschied zwischen der Stadt der Vergangenheit und der Stadt der Gegenwart ist das Fehlen
physischer Grenzen.


Bewegt man sich vom Alexanderplatz in südlicher Richtung ist es nur eine Frage der Zeit bis man auf ein großes,
freistehendes Gebäude stößt, dessen zweite Etage, ein stattliches Foyer fast 15 Meter über das Erdgeschoss
ragt. Das Kino International, zwischen 1961 und 1964 erbaut, schmückt die ehemalige Prachtstrasse des Arbeiter
und Bauernstaates- die Karl-Marx-Allee, vormals Stalin-Allee. Die verwaschenen Bildnisse an den Seitenwänden
des würfelartigen Gebäudes zeigen Handwerker und Bauern bei der täglichen Arbeit und dokumentieren die
Vision vom real exsistierenden Kommunismus.


Das Kino International, an dem alljährlich am 7. Oktober pünktlich zum ‚Tag der Republik’ die sowjetischen Panzer
zur Militärparade vorbeirollten war auch der Ort an dem regimekritische Streifen über die Leinwand flimmerten.
"Spur der Steine" feierte im ‚International’ seine Prämiere. Die Herren des Politbüros nahmen in der achten Reihe
platz, in der extra bequeme Sessel aufgestellt wurden. Der Film, in dem ein Zimmermann, gespielt von Manfred
Krug, seinen Unmut kundtut, lief nach der Erstauführung noch drei Tage, bevor er verboten wurde.

Die Wende hat das Relikt aus der DDR fast schadlos überstanden. Früher Austragungsort für das "Fest des
sowjetischen Film", dient das äußerst repräsentative Filmtheater heute als Ort zahlreicher Premieren, nicht
zuletzt im Rahmen der Berlinale. Die komplette Innenausstattung ist erhalten worden und genau das macht den
Reiz des Kinos aus. Mit seiner gepflegten Orginaleinrichtung aus den 60er Jahren, den feinen Holztäfelungen,
funkelnden, walzenförmigen Deckenleuchten und dem silbernen Glitzervorhang, der sich bei Filmbeginn träge zur
Seite bewegt, trifft das International direkt den Geschmack der Zeit.

In dem einzigen Saal des Theaters finden 550 Besucher Platz. Die großräumigen, eleganten Foyers im
Erdgeschoss als auch in der ersten Etage verführen zum Verweilen und verleihen dem Kinobesuch eine gewisse
Gediegenheit. Die Anpassung an das, was im westlichen Sinne als schön galt, hätten die Angestellten des
Hauses bewusst ignoriert, bekundet der Leiter des Hauses Herr Görlitz.