Ja, der NSA-Skandal ist noch immer nicht vorbei und Aufklärung ist nicht in Sicht. Da klingt es fast schon verlockend, das ganze ärgerliche Gerede über Datenschutz und staatliche Überwachung hinter sich zu lassen und sich dem Internet komplett zu verweigern. Warum es trotzdem keine Lösung ist, sich der neuen Bewegung der Anti-Digitalen anzuschließen, lesen sie in unserer aktuellen Presseschau.

Video der Woche

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Wussten Sie, dass Firmen wie Amazon nicht nur speichern, welche Bücher Sie auf ihrem E-Book-Reader lesen, sondern auch, welche Passagen Sie markieren, welche Anmerkung Sie speichern und welche Kapitel Sie überblättern? Unser Video der Woche fragt sich, was die Verfügbarkeit dieser Informationen für die Zukunft der Literatur bedeuten könnte und bietet eine ganz einfache Lösung.

Blinde Kuh mit den Aufklärern

Zugegeben, es war naiv, wer ernsthaft auf eine Aufarbeitung des Spähskandals hoffte. Doch aktuell wird man das Gefühl nicht los, dass die deutsche Bundesregierung alles tut, um Aufklärung in der NSA-Affäre zu verhindern. Nachdem den Mitgliedern des NSA-Untersuchungsausschusses sowieso nur weitgehend geschwärzte Unterlagen vorgelegt werden, hält das Kanzleramt nun hunderte von Aktenordnern zu Kontakten zwischen deutschen und ausländischen Geheimdiensten zurück. Die Begründung: Man müsse die beteiligten Länder erst fragen, ob das parlamentarische Kontrollgremium die Akten sehen darf.
Wenn sie auf dem Papier schon keine Informationen erhalten, könnte man doch einfach direkt bei den Beteiligten nachfragen, dachten sich die Parlamentarier, und luden den Leiter der Abhörstation Bad Aiblingen in den Ausschuss. Doch auch der konnte den Aufklärern leider nicht weiterhelfen, denn die Bundesregierung hatte ihm nur eine äußerst begrenzte Aussagegenehmigung erteilt.
Der Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (BfDI) Andrea Voßhoff will die Regierung auch gleich noch einen Maulkorb verpassen – sicher ist sicher. Die obersten Datenschützer hatten in der Vergangenheit gerne mal zu unangenehmen Themen nachgeforscht. Einem Gesetzentwurf zufolge soll die BfDI künftig erst mal die Regierung um Erlaubnis fragen, bevor sie sich öffentlich zu Missständen äußert. Kontrollorgane, die nicht kontrollieren dürfen – klingt paradox, ist aber Realität.
zeit.de

Anti-digitales Deutschland

Der Begriff „konservativ“ gilt heutzutage fast als Schimpfwort und so versuchen Medien, Parteien und selbst die Kirchen alles, um nicht als rückwärtsgewandt zu gelten. Doch gerade entsteht ein selbstbewusstes neues konservatives Milieu: Die Bewegung der Anti-Digitalen. Ihr Anliegen ist die Rettung des analogen Menschen vor der digitalen Verschwörung durch Großkonzerne. Alexander Pschera sieht darin eine typisch deutsche Haltung, die von der Angst vor dem Verlust der eigenen Deutungshoheit getrieben ist und vernachlässigt, dass Neugierde der Motor von Erkenntnis und gesellschaftlicher Entwicklung ist.
Auch Nico Lumma findet, man sollte sich doch zunächst mit den eigenen Unzulänglichkeiten beschäftigen, bevor man den Silicon-Valley-Kapitalismus geißelt, wie es Sigmar Gabriel am Wochenende auf dem SPD-Parteikonvent getan hat. Die Stärke US-amerikanischer Großkonzerne sei Ausdruck der Schwäche und mangelnden Innovationsfreude der europäischen digitalen Wirtschaft, schreibt er auf handelsblatt.com.
Innovationsfreude und Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Konzepten sind jedoch nicht gleichzusetzen mit einem leichtgläubigen Bejubeln disruptiver Geschäftsmodelle, wie dem von Uber. Denn wenn die Abschaffung staatlicher Restriktionen gefordert wird, nur um zugleich private Regelwerke aufzustellen, ist das alles andere als progressiv.
cicero.de

Klar zum Kielholen!

Und zum Schluss noch zur Piratenpartei. Die einstigen digitalen Revoluzzer zerlegen sich gerade vor unser aller Augen selbst. Die einen freut‘s, die anderen trauern. Ein Abgesang auf die ehemaligen Hoffnungsträger.
tagesspiegel.de
 
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