Der Begriff Cloud hat in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen und ist zum Synonym für das mobile Internet geworden. Doch was ist eigentlich die Cloud? Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) stellte am Mittwoch ein neues Informationsportal zum digitalen Cloud Computing vor.
Unter der etwas sperrigen Adresse cloud.irights.info informiert das Berliner Informationsportal iRights.info interessierte Bürger über Cloud Computing, also dem Zur-Verfügung-Stellen von IT-Infrastruktur in Netzwerken. Aufgabe des Portals: es soll informieren, statt nur zu warnen. Gleichzeitig möchte es technologische Möglichkeiten aufzeigen. Das Verbraucherschutzministerium fördert das Projekt mit insgesamt 120.000 Euro. Die politische Opposition kritisiert Ministerin Aigner derweil für populistische “Tropfen auf den heißen Stein”-Aktionen, anstatt sich für eine wirkliche Verbesserung des Datenschutz einzusetzen.
Einen analogen Wetter-Witz konnte sich Christian Fronczak, der stellvertretender Pressesprecher des Verbraucherschutzministerium, zu Beginn der Pressekonferenz nicht verkneifen. Bei “heiterem” Himmel lud die Pressestelle des Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) am Mittwoch Vormittag in die Räume des Ministeriums in der Berliner Wilhelmstraße. Dort stellte das Ministerium ein neues Informationsportal zum digitalen Cloud Computing vor.
Bundesministerin Ilse Aigner verspricht sich von dem mit iRights.info zusammen entwickelten Informationsportal ein neues Angebot für Verbraucher, das besser über Nutzerrechte informieren soll. “Mit dem neuen Portal schaffen wir eine zentrale Anlaufstelle für alle Internetnutzer rund um Cloud Computing”, betonte die Bundesministerin auf der Pressekonferenz.
Nur wenige Nutzer fühlen sich über Cloud Computing ausreichend informiert
Aigners Ministeriums hatte Ende Oktober vom Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap eine Umfrage zum Thema Cloud Computing durchführen lassen, die zu dem Ergebnis kam, dass es erheblichen Aufklärungsbedarf zu diesem Thema gibt. Laut der Umfrage wissen zwei Drittel der Internetnutzer nicht, wie und wo ihre Daten gespeichert werden. Zwar kennt jeder zweite Befragte verschiedene Cloud-Dienste, allerdings stehen die meisten Menschen diesen Diensten überaus skeptisch gegenüber. Nur 22 Prozent der Cloud-Nutzer fühlen sich nämlich ausreichend über diese neue Technologie, die relevanten Datenschutzbestimmungen und das Geschäftsmodell des Dienstanbieters ausreichend informiert.
Hier setzt das Portal iRIGHTS CLOUD an. “Um sich im Internet selbstbestimmt und sicher bewegen zu können, muss man die technischen Zusammenhänge verstehen können, Chancen und Risiken kennen”, fasste Bundesministerin Aigner ihr Anliegen zusammen. Der Projektleiter des neuen Informationsportals, Philipp Otto, ergänzte: “Zum ersten Mal erhalten Nutzer mit unserem Informationsangebot einen verständlichen Überblick über das Thema Cloud Computing. Nur wer versteht, in welchem Umfeld er sich bewegt, kann sich bewusst für oder gegen ein Angebot entscheiden.”
Problematisch: Die Bürgerinnen und Bürger sehen sich zunehmend mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen der internationalen Dienstanbieter konfrontiert, die sie in der Regel nicht komplett durcharbeiten. Nur selten geben solche Geschäftsbedingungen auf transparente Weise Auskunft darüber, in welcher Weise die persönlichen Daten der Nutzer verwendet werden, wo sie gespeichert sind, wie sicher sie vor dem Zugriff Dritter sind und was mit den Daten passiert, sollten die Nutzer einmal den Dienst wechseln oder ein Dienstanbieter nicht mehr existieren.
Bürger müssen Datenschutzkompetenzen erwerben
Aigner sieht deshalb auch die Notwendigkeit einer europäischen Datenschutzverordnung und zeigte sich mit der von der Europäischen Kommission vorgelegten Strategie zur
“Freisetzung des Cloud-Computing-Potenzials in Europa” zufrieden. Die Entwicklung technischer Standards und eine Zertifizierung vertrauenswürdiger Anbieter sind -laut Aigner- erste nützliche Maßnahmen, um die Selbstbestimmung der Nutzer zu garantieren. Durch Aufklärung sollen die Nutzer Kompetenzen im Umgang mit Datenschutz entwickeln, um so die Anbieter zu bewegen, datenschutzrechtliche Regelungen in ihre Dienste zu implementieren. Schön und bequem darf nicht die entscheidende Benchmark für Online-Dienste sein, sondern die Einhaltung der gesetzlich verankerten Bürgerrechte muss im Mittelpunkt stehen.
Opposition sieht weitergehenden Handlungsbedarf
Die Opposition im Deutschen Bundestag kritisiert den Ansatz der Selbstverpflichtung und fordert von der Bundesministerin, den verfassungsrechtlich gebotenen Schutz der Bürgerinnen und Bürger umzusetzen. Dem grünen Bundestagsabgeordneten Konstantin von Notz reicht der Verweis auf die Reformbestrebungen der EU-Kommission nicht aus: “Vor allem sollte der nationale Gesetzgeber davon unabhängig tätig werden, weil Datenschutz in vielen Punkten grundrechtlich verfestigte Elemente beinhaltet”. Erst im Sommer stoppte Bundesinnenminister Friedrich das von seinem Vorgänger 2010 angekündigte Regelwerk Rote Linien für Datenschutz im Internet. Laut des Grünenpolitikers von Notz zeige sich der Innenminister an der Reform des EU-Datenschutzrechts bislang nicht sonderlich interessiert.
Auch der Bundesdatenschutzbeauftragter Peter Schaar lehnt den bisherigen Entwurf der EU-Kommission wegen allzu großer Lücken ab und betont : “Im Vergleich mit anderen Arten der Datenverarbeitung darf Cloud Computing nicht zur Absenkung der Datenschutzstandards führen”. Schaar plädiert dafür, dass bereits bei der reinen Erhebung und Verarbeitung von Daten in der Cloud für Unternehmen klare Grenzen gezogen werden müssten. Die Grünen begrüßen zwar grundsätzlich das Vorhandensein einer derartigen Informationsplattform für die Bürgerinnen und Bürger, sehen aber weiterhin dringenden politischen Handlungsbedarf.
Privat zumindest scheint die Bundesministerin die eigenen Ziele vorzuleben. Sie selber werde sich auf cloud.irights.info noch genauer informieren wollen. Sie nutze zwar Cloud-Dienste schon privat, aber auch nur dann, wenn kein Sicherheitsrisiko besteht. Das Ministerium hingegen verzichte aus Gründen der Sicherheit komplett auf die Nutzung von Cloud-Diensten. Das Informationsportal solle deshalb auch keine Werbung für Cloud Computing betreiben, sondern vielmehr über die Chancen und Risiken informieren.