Der Überwachungsskandal hat mithilfe von Angela Merkels Telefon wieder an medialer Präsenz gewonnen. Frank Schirrmacher ist schockiert und befürchtet, wie auch Ralf Wienken, das Aufkommen einer wesentlich gesteuerten Gesellschaft, die noch nicht einmal weiß, wie sie gesteuert wird. Derweil sehen Andere neue Sphären von Privatheit im soziotechnischen Raum des Netzes entstehen und Prof. Caja Thimm bewertet die Rolle der Social Media im zurückliegenden Wahlkampf. Schließlich veröffentlichen deutsche Katholiken ein Papier zu Netzpolitik und Tobias Kieber lässt Codes und Algorithmen eine nahezu christliche Botschaft sprechen: Ihr könnt euch kein Bildnis von uns machen.

Video der Woche

http://www.youtube.com/watch?v=ByXF0mCY5TM&feature=youtu.be
Rüttens Bullshit des Tages: Angela Merkel und die NSA. Am 09.02.2012 führte der Geschäftsführer von politik-digital.de, Steffen Wenzel, ein Interview mit Kanzlerin Angela Merkel. Wir freuen uns, dass tele5 das Interview als Grundlage für eine Sendung ihres Satireformats “Rüttens Bullshit des Tages” verwendet hat. Nun stehen Steffen Wenzel noch ganz andere Karrieren offen.

 

Von Überwachung zu Steuerung

Ralf Wienken fürchtet zwei Dinge: Erstens, dass der Staat sich trotz aller Überwachungmaßnahmen im Big Data-Format gar nicht wirklich für uns interessiert. Zweitens, dass Daten und Desinteresse zur Grundlage politischer Steuerung werden. In einem Beitrag auf netzwertig.com vertritt Wienken die These, dass Metadaten, „also Daten über Daten“, die relevanten Informationen für Geheimdienste und Unternehmen seien. Es sei nicht interessant, was wir sagen, sondern wo, wann und wie wir es sagen. Mit diesen Metadaten könne nicht nur überwacht, sondern könnten durchaus auch allgemeine politische Entscheidungen fundiert werden. Für den Autor wäre das der wahre „Horror“.

Mit Maschinen zu neuen Privatheiten

In einem ausführlichen Beitrag im Magazin der Kulturstiftung des Bundes diskutiert Christoph Kappes die Möglichkeiten neuer Sphären von Privatheit in Zeiten digitaler Überwachung und Öffentlichkeit. Er vertritt die These, dass Privatheit nie durch einen selber kontrollierbar, sondern durch andere Menschen und Algorithmen bestimmt sei. Aufgrund der dauerhaften Beobachtung durch Maschinen passe sich Verhalten an und Vertrauen werde zerstört. Dem müsse durch neue Formen soziotechnischer Normen und Systeme entgegengewirkt werden, um Privatheit stabilisieren zu können. Denn „Privatheit ist ein soziales Konstrukt, und als solche nimmt sie auch im digitalen Raum neue Formen an“.

Für den europäischen Aufbruch!

Frank Schirrmacher ist schockiert. Für ihn ist klar, „die Ausspähung der Bundeskanzlerin in Zeiten der Euro-Krise ist näher an einem Insider-Geschäft als an einer Terror-Vermeidungsstrategie“. Auf faz.net sieht der Herausgeber der FAZ die Grenzen zwischen staatlicher Anti-Terror Überwachung und Markt- bzw. Konsumenten-Ausspähung von Unternehmen verschwimmen. Beide griffen „verheerend“ in unser Leben ein. Ebenso wie Ralf Wienken sieht Schirrmacher eine stark gesteuerte Gesellschaft vor sich, welche die Regeln der eigenen Steuerung nicht mehr kennt. Appellierend an die „brachliegende digitale Intelligenz“ fordert er einen europäischen Aufbruch Richtung Open Source, integre Netzwerke und Schengen-Cloud. Netzpolitik sei nicht mehr „twitternden Politikern als Spielwiese zu überlassen“.

Ihr könnt euch kein Bildnis machen

Durch die Feder von Tobias Kniebe wird Filmkritik zu einer kurzen, aber grundlegenden Analyse eines der großen Probleme der digitalen Gesellschaft. Auf sueddeutsche.de fällt Kniebe die Unfähigkeit der Filme Inside Wikileaks und The Social Network auf, die Essenz von WikiLeaks und Facebook zu visualisieren: Codes und Algorithmen. Dabei werde „wahre Geschichte“ längst von diesen geschrieben. Für die Welt der Codes gäbe es allerdings keine Bilder und Überwachungsskandale und digitale Vernetzungen blieben abstrakt. „So abstrakt wie das Gefühl, dass man eigentlich Widerstand leisten müsste“.

Social Media im Wahlkampf und als umzäunte Gärten

Die Analyse der Rolle der Social Media im Wahlkampf zur Bundestagwahl 2013 bleibt aktuell: Im Interview mit medienpolitik.net bietet die Professorin für Medienwissenschaft in Bonn, Caja Thimm, ihre Einschätzung. Dabei spricht sie über Unterschiede zur USA, die unterschiedlichen Funktionen von Social Media für Mobilisierung und Meinungsbildung und die Verknüpfung von analogem mit digitalem Wahlkampf. Zuletzt warnt sie vor der homogenisierenden Wirkung von Social Media und speziell Facebook, das die Strategie eines „Fenced Garden“ betreibe, wo „Cyber-Tribes“ bereits entstanden seien.

Was machen denn die Katholiken im Netz?

Das netzpolitische Grundsatzpapier des Zentralkomitees der deutschen Katholiken rief Verwunderung hervor. Während eine wenigstens zum großen Teil christliche Regierung das Thema gekonnt flach hält, erarbeitet der ZdK eine eigene Grundposition zu Netzpolitik. Felix Neumann, Mitverfasser des Papiers, erläutert auf Carta dessen Entstehung. So ließ eine im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung stark unterdurchschnittliche Netz-Affinität der katholischen Basis das ZdK den Blickwinkel der Beteiligungsgerechtigkeit annehmen. Mit dem Ergebnis hofft der Autor, konservative Netzpolitik „in eine bessere Richtung zu bewegen“ und insgesamt den Blick auf das Thema zu weiten.

Übersicht zum NSA-Skandal

Auf zeit.de hat Patrick Beuth eine etwas trockene aber informative Übersicht zum NSA-Skandal veröffentlicht. Unter den Kategorien „Geschichte“, „Überwacher“, „Überwachte“, „Ziele“ und „Reaktionen“ fasst Beuth den Skandal stichpunktartig zusammen.
 
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