Der Ausschluss Martin Hohmanns aus der Unionsfraktion löst im Internetforum der Partei weiter erhebliche Kritik aus. Diese richtet sich gegen die Parteiführung und das gesellschaftliche Meinungsklima.
Nach dem Ausschluss Martin Hohmanns aus der Unionsfraktion am 14. November muss er auf einem Einzelplatz rechts hinten im Parlament Platz nehmen. Während für die Fraktion das Thema beendet ist, schwappen die Emotionen im Internet-Forum der
Partei hoch. Unter mehr als 2000 Beiträgen trifft man auf die absurdesten Meinungen. Voller Wut kritisieren die meisten Diskussionsteilnehmer den Verlauf der öffentlichen Debatte. So wie ‘Doth’, der einen der wenigen Verteidiger des Fraktionsausschlusses angreift: "Lies Dir doch mal die Rede durch (auch wenn die Systemmedien sie nicht drucken), dann wüsstest Du, dass Hohmann ‘die Juden’ nicht direkt als ‘Tätervolk’ bezeichnet hat." Grund genug für viele Diskussionsteilnehmer, sich unter dem Motto: "man darf ja wohl noch sagen…", zu ereifern.
Noch immer ein Tätervolk
‘Bürger 2003’ zum Beispiel möchte gerne "Reichskristallnacht" sagen – wie zu seiner Schulzeit 1983. Statt dessen müsse er von der "Reichspogromnacht" sprechen. "Das zeigt das gestörte Verhältnis zur Geschichte in Deutschland und wie krank dieses Land ist." Ein anderer Nutzer bereichert das Forum mit einer "freien, unmanipulierten" Umfrage unter seinen drei Enkeln (8,6 und 3 Jahre). Nach einem Fotovergleich des "ungedienten Struck" mit General Günzel in der Lokalzeitung hatten sich die Kinder "ungezwungen eine gute und richtige Meinung" gebildet: sie waren "zu 100% für Hohmann". Thorsar zufolge sind "die Israelis/Juden kein deut besser als irgendwelches Volk auf diesem Planeten." Im Gegenteil hätten sie aus dem "3. Weltkrieg", in dem sie "1963 mit Hilfe der Amerikaner Israel erobert und seitdem ein Volk systematisch vernichtet" hätten, nichts gelernt. Schlussfolgerung: "Die Juden waren nicht nur ein Tätervolk in der Vergangenheit, sie beweisen durch ihre Taten sogar, dass Sie nicht daran interessiert sind, dies zu ändern."
Abschalten als Methode
Die Liste des verbreiteten Unsinns ließe sich noch seitenlang fortsetzen. Als erste Reaktion hat die CDU "Öffnungszeiten" (von 9.30-16.30 Uhr) für das Forum eingeführt. "Wir müssen schließlich kontrollieren, ob Beiträge mit rechtsradikalem Hintergrund eingestellt werden", erklärt Arne Delfs von der Pressestelle der Partei. Ein Mitarbeiter kümmere sich darum und lösche entsprechende Postings. Wie in der Politik will die CDU auch im Forum eine ganz klare Abgrenzung zwischen konservativem Gedankengut und rechtsradikalen Ideen erreichen. Ob das gelingt, ist fraglich. Zumindest die Beispiele des CDU-Forums lassen Zweifel zu. Eine inhaltliche Reaktion der Pressestelle oder gar der Parteiführung auf die Forumsbeiträge erfolgt nicht.
Auch an anderen Stellen im Internet wird versucht, die Auswirkungen der Hohmann-Affäre durch Löschen zu minimieren. Zunächst wurde der Link von Martin Hohmanns
Homepage zum
Arbeitskreis Konservativer Christen entfernt. Am 13. November schließlich wurden alle Inhalte von der Seite der Nationalkonservativen genommen, da "in Deutschland bei bestimmten Themen die Meinungsfreiheit nicht gewährleistet" sei, wie es dort jetzt heißt. Wer sich dennoch ein Bild vom Denken dieses Gremiums machen möchte, findet im
Internet-Archiv eine
Grundsatzresolution. Kernforderung der hessischen Gruppe: Kampf gegen Schröders "sozialistische Republik" durch eine "brutalstmögliche Kampagne zur Erhaltung unseres Vaterlandes".
Erschienen am 19.11.2003
|
Kommentieren Sie diesen Artikel! |