Vor kurzem hielt ich unter diesem Titel einen Vortrag vor engagierten Bürgern in Lübeck. Dies geschah nicht, wie man vielleicht zur Zeit vermuten könnte, vor dem Hintergrund der Diskussion um PEGIDA oder Facebookhetzer, sondern es wurde diskutiert, ob und wie Online-Bürgerbeteiligung und -Bürgerservices helfen können, den allgemeinen Bürgerfrust zu mindern. Das Interessante ist, man kann das eine nicht mehr ohne das andere diskutieren, auch wenn es auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun hat.
Die These dazu ist, dass wir derzeit eine Form von Online-Bürgerbeteiligung erleben, wie es sich die Organisatoren und Unterstützer niemals vorgestellt oder gewünscht hätten. Zur Zeit müsste man deswegen die Titelfrage mit einem Nein beantworten. Das Internet hilft nicht gegen Bürgerfrust, sondern es befördert ihn sogar. Hass und Frust, der sonst unterhalb unserer Wahrnehmungsschwelle lag, wird auf einmal sichtbar und wir erschrecken aufgrund der Intensität dieser „Meinungen“ und der Masse an Wutbürgern, die auf einmal in nächster Nähe zu uns in den sozialen Netzwerken auftauchen.
Ganz so pessimistisch und negativ möchte ich es aber nicht stehen lassen. Denn es gibt eine Reihe von positiven Gegenbeispielen. Soziale Medien helfen auch, Vorurteile und Falschmeldungen zu widerlegen, dem Engagement eine Plattform zu geben, Hilfe zu koordinieren und Menschen miteinander zu vernetzen. Aber was wird hängenbleiben, an was werden wir uns in fünf Jahren erinnern?
Wir dürfen deswegen aufgrund der jetzigen schwierigen Situation nicht aufgeben, konstruktive Bürgerbeteiligung zu forcieren. Politik und Verwaltung müssen transparenter werden und mehr Angebote machen. Das Internet kann dazu eine Menge beitragen und tut dies bereits. Es gibt gerade auf kommunaler Ebene eine Menge guter Projekte, die zeigen, das eine konstruktive Beteiligung sowohl der Politik als auch den Bürgerinnen und Bürgern hilft. Deswegen kann es kein Argument sein, dass dort zu wenige mitmachen, sondern die derzeitige Situation muss ein Ansporn sein, dass alle Formen von Beteiligung besser werden müssen, aber auch, dass sie Zeit und Ressourcen benötigen.
Ob wir damit den „Bürgerfrust“ abbauen sei dahingestellt. Der hat meistens sowieso andere Gründe. Und da kann dann wiederum auch das Internet nicht helfen.
Hier geht ein bißchen was durcheinander, Herr Wenzel.
Wenn Sie sagen, daß sich die “Organisatoren und Unterstützer” die derzeitige “Form von Online-Bürgerbeteiligung” niemals vorgestellt oder gewünscht hätten, so ist nicht klar, was sie mit der “derzeitigen Form” meinen. Sie verweisen auf Facebook und die Sozialen Medien, doch klar ist, daß Online-Bürgerbeteiligung mittels Sozialer Netzwerke niemals funktionieren wird. Die großen bekannten Freundschaftsnetzwerke sind für Bürgerbeteiligung völlig unbrauchbar. Sie verfügen über keinerlei Sortierungs-, Kategorisierungs-, Filterungs-, Archivierungs- oder adäquate Bewertungs- und Gewichtungsfunktionen. Deswegen benutzen die Kommunen ja auch kaum Facebook und Co. für “Online-Bürgerbeteiligung”.
Dafür müssen schon neue, passendere Systeme geschaffen werden.
Und Online-Software alleine lockt heute auch niemanden mehr. Dazu sind die Nutzer viel zu stark von den schlechten bisherigen Systemen enttäuscht worden.
Bürgerbeteiligung muss heute integriert und netzwerkorientiert ablaufen.
Aber da gibt es durchaus interessante Ansätze und bereits erprobte Modelle.