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Das Hochschulforum Digitalisierung (HFD) ist ein Projekt des Stifterverbandes, des Centrums für Hochschulentwicklung und der Hochschulrektorenkonferenz und versteht sich Impulsgeber zur Hochschulbildung im digitalen Zeitalter. Vom 21. – 28. September veranstaltet das HFD zusammen mit Partnern wie dem Deutschen Akademischen Austauschdienst, dem Verein Deutscher Ingenieure oder Wikimedia Deutschland zum zweiten Mal eine Themenwoche unter dem diesjährigen Titel „Shaping the Digital Turn“ in Berlin. Im Vorfeld erklärt Programmmanager Sebastian Horndasch das Konzept und die Ziele der Themenwoche.

politik-digital.de: Herr Horndasch, welche Themen werden dieses Jahr im Mittelpunkt der Veranstaltungen stehen?

Sebastian Horndasch: Im Mittelpunkt der Themenwoche werden dieses Jahr vor allem die Strategien für Hochschulen im Umgang mit dem digitalen Zeitalter, didaktische Fragen zu neuen Lern- und Lehrmethoden sowie die Studierendenbeteiligung stehen. Einige Veranstaltungen werden aber auch zu konkreten Themen wie Open Science, Data Literacy und der internationalen Zusammenarbeit von Hochschulen im digitalen Bereich stattfinden.


Bei der Befragung der Studierendenschaft, durchgeführt von univativ im November 2017, gaben nur 79% der Befragten an, dass es eine Download-Möglichkeit der Skripte ihrer Vorlesungen gibt und nur 65% gaben an, dass Lernplattformen wie Moodle genutzt werden. Immerhin haben schon 46% der Teilnehmer der Umfrage die Möglichkeit Prüfungsleistungen hochzuladen und 50% können Hochschulzugänge zu Online-Bibliotheken nutzen. Ihre Vorlesungen streamen können  bisher aber nur 14% der Befragten. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hält zwar fest, dass ausschließlich digitales Lernen ohne Präsenz und Austausch langfristig bei den Wenigsten zur Verbesserung der Leistung führt, jedoch wird vor allem für nicht-traditionell Studierende, die aufgrund familiärer oder beruflicher Pflichten stärker in ihrer zeitlichen und räumlichen Flexibilität eingeschränkt sind, das ortsungebundene Lernen immer wichtiger.


Laut einer Studie digitalisieren deutsche Hochschulen nur schleppend. Nur 79% der befragten Studierenden gaben an, dass es eine Download-Möglichkeit der Skripte ihrer Vorlesungen gibt und nur 65% gaben an, dass Lernplattformen wie Moodle genutzt werden. Warum ist es so wichtig, dass sich unsere Hochschulen weiter digitalisieren?

Digitalisierung ist für sich genommen kein Mehrwert. Wir denken nicht, dass „digital“ unbedingt besser ist. Ein schlechtes Präsenzformat wird digitalisiert im Zweifel sogar noch schlechter.

Unser Punkt: Arbeitswelt und Gesellschaft ändern sich und darauf müssen Hochschulen reagieren. Nur ein Beispiel: Es wird immer weniger wichtig, Fakten auswendig zu lernen – das können Computer viel besser. Wissen auch kreativ schaffen und anwenden zu können, ist dagegen in Zukunft wichtiger denn je. Es ändern sich im Zuge des digitalen Wandels auch die Kompetenzen, die man braucht, um auch in Zukunft noch selbstwirksam leben und arbeiten zu können.

Zudem haben wir heute schlichtweg neue Tools. Wir können heute Menschen, die neben dem Beruf, in Teilzeit oder aus der Distanz lernen wollen, viel bessere Angebote machen. Und wir können Präsenzlehre viel interaktiver und damit motivierender gestalten. Im Inverted Classroom wird zum Beispiel die Vorlesung ins Netz verlagert und in Präsenz arbeiten Lehrende direkt mit Studierenden. Es wäre fahrlässig, diese Möglichkeiten zu ignorieren.

Das Auftaktthema der Themenwoche widmet sich unter anderem Open Access, also dem freien Zugang zu wissenschaftlichen Materialien. Wie optimistisch sind Sie, das Urheberrecht in diese Richtung verändern zu können? Und worum geht es beim Open Access allgemein?

Sebastian Horndaschcut

Sebastian Horndasch arbeitet als Programmmanager für das Hochschulforum Digitalisierung (HFD) und leitet dort die Themenwoche „Shaping the Digital Turn“. Er ist im HFD unter anderem für Themen wie Lebenslanges Lernen, Curriculumentwicklung und Open Science zuständig. Vorher war er bei Wikimedia Deutschland tätig und verantwortete dort die Arbeit zu Open Edcuation Ressources. Sebastian Horndasch hat Bildungsmanagement in Kairo und Ludwigsburg sowie Volkswirtschaftslehre in Nottingham und Erfurt studiert.

Dabei geht es um die Frage, wie Hochschulen wissenschaftliche Publikationen für ihre Studierenden bereitstellen, ohne dabei das Urheberrecht zu verletzen. Ich glaube daran, dass sich Open Access auch ohne weitere Reformen des Urheberrechtes ermöglichen lässt, da der Politik, den Hochschulen, aber eben auch den Verlagen klar wird, dass die aktuellen Bezahlformate für wissenschaftliche Publikationen nicht zukunftsgewandt sind. Teilweise wurden sogar schon Fonds gebildet und staatliche Gelder zur Verfügung gestellt, um offenen Zugriff auf wissenschaftliche Arbeiten zu ermöglichen.

Am Mittwoch, den 26.09, wird unter dem Namen „Bologna goes Digital“ über Möglichkeiten der Internationalisierung bzw. Europäisierung von Fragen der digitalen Entwicklung an Hochschulen diskutiert. Was erwartet die Teilnehmerinnen und Teilnehmer?

Wir hoffen, politische Debatten anzustoßen. Es geht um internationale Kooperationsbeziehungen, Studierendenmobilität, aber auch Anerkennungs- und Anrechnungsfragen von Bildungsabschlüssen/-zertifikaten. Nur ein Beispiel: Das Transfer und der Nachweis von Studienleistungen ist heute noch schwierig. Ziel muss sein, dass Unternehmen und Hochschulen europaweit nachvollziehen können, was bisher geleistet wurde. Hierfür gibt es viele gute Lösungsansätze und wir wollen unsere Ideen mit einbringen.

Eine weitere Veranstaltung wird zum Thema Data Literacy stattfinden. Worum geht es da?

Dabei geht es um die Fähigkeit, Daten als Information verstehen und einsetzen zu können. Data Literacy ist ein Thema, für das wir ein größeres Bewusstsein schaffen wollen. Wir glauben, dass es in Zukunft kein Fachdisziplin geben wird, in der es nicht notwendig ist, produktiv mit Daten umzugehen. Darauf müssen wir unsere Studierenden jetzt schon vorbereiten. Dabei geht es z.B. um den oder die MedizinerIn, die Daten von Tracking-Armbändern, die Patienten tragen, auswertet oder den oder die GermanistIn, der/die Textmining in der Forschung verwendet. Die Fähigkeit zum produktiven Umgang mit Daten wird unseres Erachtens in Zukunft zu den Grundfertigkeiten in fast allen akademischen Berufen gehören.

An wen richtet sich die Themenwoche und wer wird daran teilnehmen?

Dazu zählen vor allem Hochschulangehörige, das heißt Leitungspersonen, Lehrende und Studierende, aber auch EntscheiderInnen in der Bildungspolitik sowie Interessierte aus der Zivilgesellschaft.

Titelbild: Hochschulforum Digitalisierung

Bild des Interviewpartners: © Sebastian Horndasch

CC-BY-NC 2.0