In der vergangenen Woche ist der Hamburger Politikwissenschaftler Hans J. Kleinsteuber gestorben. Er hat als Kuratoriumsmitglied die Arbeit von politik-digital.de begleitet, seine Anmerkungen haben die Entwicklung der Website und die Positionierung im Spannungsfeld von Politik und Medien stark beeinflusst.

Vor allem am Standort Hamburg hat der rege Austausch zwischen digitaler Praxis und kritischer Außenperspektive vieles bewirkt. Vertreter von politik-digital.de waren in seinen Lehrveranstaltungen gern gesehene Gäste – und wurden von seinen präzisen Anmerkungen oftmals einem akademischen Reality-Check unterzogen.

Ein Meilenstein in seiner wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den komplizierten Beziehungen von Internet und Politik ist bereits 1998 erschienen, gemeinsam mit Martin Hagen veröffentlichte er die grundlegende Bestandsaufnahme “Was bedeutet ‚elektronische Demokratie’? Zu Theorie und Praxis in Deutschland und den USA” (erschienen in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Nr. 1, 1998, S. 128-143). Die Lektüre lohnt noch immer.

Unter den vielen Forschungsfragen digitaler Politik hatten es ihm vor allem zwei Dinge angetan: zum einen die Online-Performance von Abgeordneten, die er im Rahmen groß angelegter, international vergleichender Feldstudien untersucht hat. Es überrascht nicht, dass politik-digital.de regelmäßig mit Website-Tests unterschiedlichen politischen Akteuren auf die Nerven gegangen ist. Ein zweiter Schwerpunkt war die politische Regulierung von Medienproduktion und -nutzung, die er nicht erst seit dem Beginn der Digitalisierung in den frühen 1990er Jahren konsequent beobachtet hat. Dabei war er einer der wenigen, die Medienpolitik von Anfang an mit den „Optionen digitaler interaktiver Medien in der Informationsgesellschaft“ verbunden haben. Unter diesem Titel stand ein Promotionskolleg der Hans-Böckler-Stiftung, in dem Hans Kleinsteuber als Vertrauensdozent wirkte. Von 1996-1998 war ich Doktorand in diesem Kolleg und habe viel von „HJK“ gelernt.

Ein zentrales Element seiner Argumentationen war damals der „regulator“, ein vergleichsweise kleines Ventil zur Kontrolle großer Dampfkessel – mit diesem Bild illustrierte er die Möglichkeiten einer effizienten Regulierung analoger wie digitaler Medienumgebungen. Aus der frühen Auseinandersetzung mit der „Zukunft der Medien“ resultierte ein 2006 erschienener Beitrag zur Lern(un)fähigkeit politischer Institutionen, der auch heutzutage noch als wichtige Handreichung dienen kann: „Die Enquetekommission des Deutschen Bundestags zu ´Zukunft der Medien´ 1996-1998. Ein Bericht aus Sachverständigen-Perspektive“ ist nicht nur für die Mitglieder der aktuellen Internet-Enquete anregende Lektüre erschienen in: Falk, Svenja/ Rehfeld, Dieter/Römmele, Andrea/Thunert, Martin (Hg.): Handbuch Politikberatung. Wiesbaden, S. 400-413.

Hans Kleinsteuber wird uns fehlen – als kritische, herausfordernde und konstruktive Stimme für Wissenschaft und Praxis digitaler Politik.

Christoph Bieber für Vorstand, Gründer, Mitarbeiter und Mitglieder von politik-digital.de/pol-di.net e.V.