Nach der nunmehr drei Jahre andauernden Debatte um das Leistungsschutzgesetz fand die Große Koalition zu einer Einigung. Wird der Beschluss umgesetzt, werden Suchmaschinenbetreiber wie Google, aber auch News-Aggregatoren zukünftig für die Verfielfältigung und Verbreitung von Presseerzeugnissen Gebühren entrichten müssen.
Dem Beschluss ist zu entnehmen, dass die Koalitionsparteien insbesondere die Rechte der Verlage im Online-Bereich stärken wollen. Weiterhin heißt es “Die Presseverlage sollen an den Gewinnen gewerblicher Internet-Dienste beteiligt werden, die diese – mit der bisher unentgeltlichen – Nutzung der Verlagserzeugnisse erzielen”. Demnach muss beispielsweise der Suchmaschinenbetreiber Google für Verlinkungen zu Angeboten auf Verlagsseiten künftig zahlen.Denn von der Neuregelung betroffen sind kurze Ausschnitte von Quellen, die ein Nutzer bei dem Besuch einer Seite wie Google News zu sehen bekommt. Zudem sollen künftig auch die Urheber der Artikel, also die Autoren, einen gewissen finanziellen Anteil erhalten. Auf dem privaten Nutzer werden jedoch keinerlei Verpflichtungen zukommen. “Die private Nutzung von Presseerzugnissen im Internet wird nicht vergütungspflichtig-“, heißt es in dem Beschluss des Koalitionsausschusses vom Sonntag.
Die beiden Interessenverbände Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V. und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger sowie andere größere Printmedien begrüßten die Entscheidung der Koalition. “Das Leistungsschutzrecht ist keine hinreichende, wohl aber eine notwendige Bedingung für den Erhalt einer freien und staatsunabhängig finanzierten privaten Presse im digitalen Zeitalter”, ließ der BDZV in einer Pressemitteilung verlauten.
Es gibt allerdings auch zahlreiche Gegenstimmen, die sich bereits im Vorfeld gegen die angesprochenen Kostenansprüche der Verlage ausgesprochen hatten. So befürchtet der Justiziar des Bundesverbands deutscher Pressesprecher (BdP) Jan Mönikes in einem Interview, dass auch Pressestellen in Unternehmen mit dieser Regelung unter Umständen Probleme bekommen könnten, wenn sie Presseartikel für Pressespiegel benutzen. Es sei “ein Irrtum zu glauben, dass die Verleger auf diese Art und Weise Mehrausgaben der Wirtschaft für den Bereich Öffentlichkeitsarbeit erzwingen könnten.” Auch bestünde die Gefahr, dass auf Umwegen eine pauschalisierte Leistungsschutzabgabe durch Verwertungsgesellschaften eingefahren werden könnte.
Der BdP befürchtet darüber hinaus, dass die Einnahmen ausschließlich den großen Unternehmen zu gute kommen werden. Prekär sei deshalb die Lage insbesondere für kleinere Verlage und Privatblogs, da diese nun fürchten müssten, mit der Nutzung bereits weniger Artikel horrende Summen zahlen zu müssen. Schließlich könne man nicht erwarten, dass kleine Verlage mit ihrer geringen Reichweite ihre Leistungsfähigkeit signifikant steigern könnten.
Im Übrigen ginge es, so BdP-Sprecher Mönikes, bei dem Beschluss mehr um wirtschaftliche als um urheberrechtliche Interessen. Das zeige sich vor allem daran, dass mit der Neuregelung Nachrichtentexte exklusiviert würden. Damit werde nur die “pure Information” geschützt, was der eigentlichen Idee der Informationsfreiheit grundsätzlich widersprieche.
Besonders interessant wird der Aspekt der Wirtschaftlichkeit, wenn man die Einnahmen durch Werbung auf der Homepage von Verlagen zu den künftigen Gewinnen durch das Leistungsschutzgesetz addiert. Die Folgen für größere printmedien-ferne Unternehmen wären in der Einschränkung des firmeninternen Intranet zu sehen.Würden diese auf Kosten verzichten wollen, so müssten die nun durch das Gesetz kostenpflichtigen Seiten gesperrt werden. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Lars Klingbeil, Mitglied der Enqute-Kommission Internet und digitale Gesellschaft äußert sich ähnlich kritisch zu dem Beschluss. Er sieht nicht nur den Qualitätsjournalismus in Gefahr, sondern auch allgemein das Problem der Durchsetzung des Urheberrechts in der digitalen Gesellschaft.