Insgesamt viermal traf sich Bundesinnenminister Thomas de Maizière mit Netzaktivisten, Lobbyisten, Regierungsbeamten und Vertretern von Nichtregierungsorganisationen und diskutierte am runden Tisch über Netzpolitik. Der Dialog ist vorerst vorbei, jetzt wartet die Netzöffentlichkeit gespannt auf ein Zeichen aus dem Bundesinnenministerium (BMI): Welche Taten werden den vielen Worten folgen?

 

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Viele Themen, viele Experten – von Datenschutz über Urheberrecht bis zu staatlichen Kulturangeboten und Identitätsschutz reichte die Palette der Diskussionspunkte, die in den  Gesprächsrunden mit wechselnden Experten erörtert wurden. Allein Netzaktivist Markus Beckedahl, Betreiber des Weblogs netzpolitik.org und Bernhard Rohleder vom Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) waren für alle Treffen gesetzt. Und natürlich die Aktiven im Internet, die sich im Vorfeld jeder Diskussionsrunde über einen Online-Dialog zu jedem Thema einbringen konnten.

Begleitet wurde die Veranstaltung von einer – zumindest für eine deutsche Behörde – sehr innovativen Informationspolitik. Zu den Gesprächsrunden selbst waren jeweils ein bis kein Pressevertreter zugelassen. Begründung: Die Anzahl der anwesenden Personen in den jeweiligen Räumlichkeiten sollte laut den zuständigen Planungsreferaten möglichst klein gehalten werden, um eine ungezwungene Diskussionskultur nicht zu gefährden. Letztendlich saßen in der zweiten Reihe hinter den geladenen Gäste dann doch zahlreiche Referenten und Assistenten. Dafür aber wurde jedes Treffen im Netz mit Video und Audiostream dokumentiert. Und natürlich stellten einige Teilnehmer mit ihren Twitterfeeds oder Blogeinträgen eine quasi-Öffentlichkeit her.

Wie war es, was kommt?

In einer ersten Stellungnahme zeigte sich de Maizière sehr zufrieden mit der Dialogveranstaltung: „Wir haben Gespräche auf hohem Niveau geführt.“ Gleichzeitig verspricht er: „An die Diskussionskultur des gegenseitigen Zuhörens wollen wir weiter anknüpfen.“ Geplant ist erst einmal eine Auswertungsphase, in der die Anregungen aus den Expertenrunden und dem Netz zusammengetragen und geordnet werden sollen. Diese Ergebnisse sollen dann am 22. Juni 2010 in einer Grundsatzrede zur Netzpolitik in Deutschland präsentiert werden. Konkret umgesetzt worden ist bisher eine „Arbeitsgruppe Datenbrief“. Sie soll die Chancen und Risiken prüfen, die mit der Einführung eines solchen Auskunftssystems über personenbezogenemn Daten einhergehen.

Spannend bleibt die Frage, in welcher Art das Bundesinnenministerium – oder vielleicht auch andere Institutionen der Bundesregierung – nach den Gesprächsrunden sich weiter mit dem Thema auseinandersetzen wird. Eine Fortsetzung des Dialoges zur Netzpolitik in Deutschland ist noch offen, das BMI verweist ausdrücklich auf die „vorerst“ letzte Veranstaltung.

Kommunikation, kein Kuscheln

Eine wichtige Nachricht ist aber auch, dass der Ton sich konstruktiv gewandelt hat. Das Verhältnis zwischen de Maizières Vorgänger Wolfgang Schäuble und der Internetgemeinde war geprägt von Unverständnis und scharfen Worten, teilweise gipfelnd in Kampagnen wie „Stasi 2.0“. Daher titelte der Spiegel nicht ohne Grund „De Maizière trifft Schäubles Feinde“, als der promovierte Jurist sich mit Vertretern des Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung und dem Chaos Computer Club an einen Tisch setzte.

Dabei ist de Maizière weit entfernt von einem Kuschelkurs mit den digitalen Meinungsführern. Seine inhaltlichen Positionen unterscheiden sich in der Sache wenig von seinen Vorgängern Schäuble oder Schily. So machte de Maizière beispielsweise keinen Hehl aus seiner Enttäuschung, nachdem das Bundesverfassungsgericht die Vorratsdatenspeicherung kassierte hatte. Gegenüber  Journalisten gab er offen zu: „Ich hätte mir ein anderes Urteil gewünscht.“ Und am umstrittenen Zugangserschwerungsgesetz seiner Kabinettskollegin Ursula von der Leyen hält er nach wie vor fest. Auch in den Gesprächskreisen wagte der Innenminister den ein oder anderen verbalen Testballon hin zu mehr Internetüberwachung. Dass de Maizière bisher trotzdem nicht zum Ziel einer viralen Kampagne geworden ist, liegt allem Anschein nach an seinem Stil: Von Angesicht zu Angesicht lässt sich eben schwer versteckt aus dem Busch schießen.

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