Die für das kommende Jahr anstehende französische Präsidentschaftswahl schickt ihre Vorboten voraus: Während die Medien schon seit Monaten über die Chancen möglicher Kandidaten spekulieren, kündigen nun die ersten offiziell ihre Kandidaturen an – und werden auch im Netz aktiv.
Eines macht der Vorwahlkampf schon jetzt mehr als deutlich: Online-Medien und eCampaigning werden 2012 für alle Kandidaten und Parteien eine noch stärkere Rolle spielen als bei der vergangenen Wahl. Während die bürgerlichen und liberalen Parteien ihre offiziellen Kandidaten im Verborgenen benennen bzw. der amtierende Präsident Nicolas Sarkozy bereits gesetzt ist, stimmen bei den linken Parteien deren Mitglieder und Sympathisanten über die jeweiligen Kandidaten ab.
Sowohl bei den französischen Sozialisten (PS) als auch bei der kommunistischen Partei (PCF) und den Grünen (EELV) müssen sich die potentiellen Kandidaten erst einmal gegen ihre parteiinternen Mitstreiter durchsetzen, bevor sie den amtierenden Präsidenten herausfordern können. Die beiden grünen Kandidaten nutzten das Internet beispielsweise bereits für die jetzt anstehenden Vorwahlen und riefen pünktlich zu ihrer Kandidatur eine eigene Webseite ins Leben. Darauf finden sich sowohl Clips mit Statements zur Kandidatur, aber auch Auskünfte über politische Standpunkte und praktische Infos wie Wahlkampfkalender.
Wenngleich die Form der Online-Kommunikation damit eher klassisch bleibt, so überrascht doch der frühe Zeitpunkt der Onlineaktivitäten. Und auch bei der eigentlichen Abstimmung über den nächsten grünen Präsidentschaftskandidaten spielt das Internet eine Rolle: denn die grünen Parteimitglieder und -sympathisanten können ihre Stimme ebenfalls online abgeben.
Alles andere als optimal verlief dagegen die bisherige Vorwahlkampagne der Sozialisten, war sie doch vor allem von der Affäre um Dominique Strauss-Kahn überschattet. Dieser galt sowohl parteiintern als auch parteiübergreifend als der aussichtsreichste Kandidat und erzielte in Umfragen jeweils die höchsten Werte von allen möglichen Kandidaten – auch den amtierenden Präsidenten Nicolas Sarkozy übertraf "DSK" deutlich. Sein Ausscheiden aus dem Kandidatenrennen steigert nun die Chancen anderer PS-Politiker: der ehemalige erste Parteisekretär François Hollande hat genau wie die bereits 2007 für die Sozialisten angetretene und unterlegene Ségolène Royal seine Kandidatur verkündet.
Die Abstimmung bei den Sozialisten ist durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass auch Nicht-Parteimitglieder an der Wahl teilnehmen können. Die französischen Grünen sind den Sozialisten schon einen Schritt voraus und stimmen über ihren offiziellen Präsidentschaftskandidaten bereits Ende Juni (15.-23.6.) ab. Als die beiden aussichtsreichsten Kandidaten gelten dabei der ehemalige Fernsehmoderator Nicolas Hulot und die Europa-Abgeordnete Eva Joly, unter deren Führung die Grünen ihren vielumjubelten Erfolg bei den letzten Europawahlen einfuhren. Die grünen Kandidaten diskutierten in den vergangenen Tagen bereits mehrmals öffentlichkeitswirksam miteinander und nutzten diese Gelegenheit, um ihren politischen Positionen Ausdruck zu verleihen.
Sicherlich werden die konservativen Parteien den Grünen, Sozialisten und Kommunisten das Feld im Netz nicht kampflos überlassen und bald selbst in den sich langsam anbahnenden Vorwahlkampf einsteigen. Denn laut der Initiative ProDialog mobilisierten die Parteien und Kandidaten ihre Wähler im letzten französischen Präsidentschaftswahlkampf vor allem online – die Anzahl der Wahlkampfblogs lag 2007 bei rekordverdächtigen 40.000 Stück. Zudem beschafften sich laut einer Studie des IFOP-Instituts etwa ein Fünftel aller Franzosen ihre Informationen über die Wahl und die daran teilnehmenden Kandidaten online.
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