Der Mindestlohn ist das zentrale Thema der Gewerkschaften im Wahlkampf – begleitet von einer Online-Kampagne. politik-digital.de hat sich die Portale der Arbeitnehmervertreter einmal genauer angesehen. Und glücklicherweise aus dem Webseiten-Dschungel wieder herausgefunden.
Ziemlich genau zehn Prozent der Wahlberechtigten zur Bundestagswahl sind im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) organisiert. Enormes Potenzial zur Mobilisierung für die eigenen Forderungen. Dabei darf das Internet im Wahlkampfjahr 2009 nicht fehlen – und die Gewerkschafter nutzen es in zahlreichen Varianten.
Botschaft einfach – Struktur kompliziert
"Deutschland braucht den Mindestlohn" prangt auf der Seite des Portals mindestlohn.de. Die Wahlkampfbotschaft des DGB ist überschaubar, weniger dagegen der Umfang der Online-Kampagne. Zu dieser zählen nämlich auch noch zahlreiche weitere Seiten. Zumindest könnte man diesen Eindruck aufgrund von Verlinkungen und Äußerungen der Verantwortlichen gewinnen.
Wir starten auf der Seite mindestlohn.de des DGB. Von hier aus führt uns ein Link in eine "Virtuelle Ausstellung" zum Thema Niedriglohn in Deutschland. Dort wiederum ist auch ein Blog zur Domain mindestlohn.de aufgeführt. Dieser wird allerdings nicht vom DGB sondern von ver.di und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) betrieben. Im Blog findet man wieder bisher nicht gekannte Seiten verlinkt. Diesmal mindestlohn09.de und initiative-mindestlohn.de. Beide werden wiederum von ver.di und der NGG unterhalten. Von dort gelangt man dann auch wieder auf die Virtuelle Ausstellung des DGB.
Die Verwirrung ist komplett. Starke thematische Überschneidung, ein fehlendes Corporate Design und unterschiedliche Mobilisierungskonzepte der einzelnen Seiten lassen den User leicht die Orientierung verlieren. Es stellt sich die Frage, wo der zentrale Dreh – und Angel – oder zumindest Startpunkt der Kampagne(n) liegt. Oder ob es überhaupt einen gibt.
Getrennte Kampagnen der Gewerkschaften
Tatsächlich ist die eigene Kampagne laut ver.di eine Zuspitzung der DGB-Kampagne. Der Fokus liegt auf dem gesetzlichen Mindestlohn. Nur leider wird dem einfachen User das allein durch die Seiten nicht klar. Das Thema sei zu komplex, um es so differenziert in die Webseiten zu integrieren, so der DGB. Im Übrigen sei man mit dem Verlauf der Kampagne sehr zufrieden, eine zukünftige gemeinsame Kampagne noch nicht geplant.
Doch könnte durch abgestimmte Inhalte und Designs noch mehr erreicht werden. Denn das Angebote der einzelnen Webpräsenzen zeigt sich als umfangreich und ideal für die Online-Mobilisierung. Alle Seiten bieten als Basis Nachrichten, Aktionsideen und Kommentare an. Besonders bemüht ist man dabei um Rückkanalität und Interaktivität.
Umfangreiches Mitmach-Angebot
So ist auf mindestlohn.de für jeden Nachrichten- und Meinungsbeitrag eine Kommentarfunktion eingerichtet. Der User kann eine Petition zeichnen oder einen "Niedriglohn-Melder" nutzen. Ebenso ist es möglich, auf der Seite ein Foto nebst eigener Meinung zur Thematik hochzuladen. Aktuell sind über 2300 Unterstützer diesem Aufruf nachgekommen. Zentral beworben wird die Möglichkeit, eine virtuelle Postkarte mit vorgefertigter Frage an den eigenen Wahlkreisabgeordneten zu schicken. Geantwortet haben bisher 40 von ihnen.
mindestlohn09.de ist laut ver.di das Mitmach-Angebot zu initiative-mindestlohn.de. Optisch und inhaltlich macht es den modernsten Eindruck. Dafür sorgen ein aufgeräumtes Design und zahlreiche Videos auf der Seite. Die teilweise fehlende Aktualität wird durch viel user-generierten Content aufgewertet. Hier kann der User ebenfalls für den Mindestlohn unterschreiben, fotografieren und per Telefonanruf eigene Statements auf einem Anrufbeantworter hinterlassen. Über 130 solcher telefonischer Kommentare kann man sich auf der Seite anhören.
Das "Mindestlohn-Blog" komplettiert schließlich die Sammlung zentraler Konzepte, die im Online-Wahlkampf genutzt werden müssen: Virale Videos von Flashmobs und stundenweise Updates zu Protestaktionen lassen den User direkt am Wahlkampf teilhaben.