Im Dezember hat die Initiative D21 ihren Vorstand neu gewählt. Soweit nichts Ungewöhnliches. Doch es war die erste Wahl ihrer Art: Die Online-Wahl war rechtlich abgesichert. Und das ist neu.

Vor Wochen hat die
Initiative D21 zur Wahl des Vorstands eingeladen – auf den ersten Blick nichts Besonderes. Schließlich führt jeder Verein regelmäßig Vorstandswahlen durch. Diese Abstimmung war aber durchaus außergewöhnlich: Die Stimmen konnten online abgegeben werden – und das in einem rechtlich abgesicherten Rahmen.

Rechtliche Starthilfe

Damit sei die Initiative D21 in Deutschland “der erste Verein, der legal online wählt”, erklärte D21-Vorstandsmitglied Alfons Rissberger, hauptberuflich Geschäftsführer des
DVZ Datenverarbeitungszentrum Mecklenburg-Vorpommern. Es gab durchaus schon Online-Wahlen in Deutschland. Ein rechtlich verbindlicher Rahmen für die Abwicklung hat sich aber bisher nicht entwickelt. Um hier Abhilfe zu schaffen, hat D21 eigens die Vereinssatzung geändert. Die von der Projektgruppe “Online-Wahlen” neu erstellten Satzungszusätze werden in Form von Musterparagraphen anderen Vereinen kostenlos zur Verfügung gestellt.

Damit war es noch nicht getan, denn bisher waren auch Sicherheitsaspekte eine große Hürde. Wie kann verhindert werden, dass die Wahl technisch manipuliert wird? Und woher weiß der Server, der die Stimmen auszählt, dass diese tatsächlich vom Wähler stammen? Der Verein setzte digitale Signaturen ein: Vorab erhielten die Wahlberechtigten eine Chipkarte mit ihrer persönlichen Signatur samt dem dazugehörigen Kartenlesegerät. Über die Signaturkarte identifizierte der Server den Wahlberechtigten, die Stimmabgabe selbst erfolgte anschließend online über eine Web-Eingabemaske. Wie wichtig hohe Sicherheitsansprüche in diesem Zusammenhang sind, verdeutlichte Prof. Dieter Otten vom Projekt W.I.E.N. (“Wählen in elektronischen Netzen”): “Wenn es um etwas geht, dann wird es auch Angriffe geben.” Technische und rechtliche Sicherung müssten deshalb Hand in Hand gehen, denn “ohne Sicherheit keine Rechtsgrundlage, ohne Rechtsgrundlage keine Sicherheit”.

Auch Protestwahl ist möglich

Das eingesetzte Online-Wahlsystem namens Polyas wertet nicht nur die abgegebenen Stimmen aus. Gibt ein Wähler versehentlich mehr Stimmen ab als zulässig, wird er darauf hingewiesen. Demokratie-Theoretiker mag es freuen, dass es durch eine zusätzliche Option auch möglich ist, gezielt einen ungültigen “Stimmzettel” zu erzeugen.

Für diejenigen, die es vorzogen, ihre Stimme vor Ort abzugeben, wurden sogenannte Nahwahl-Terminals aufgestellt, die die klassische Wahl-Urne ersetzen. Verfechter der klassischen Wahl in der Kabine könnten einwenden, dass Online-Abstimmungen den Wahlakt entwerten könnten. “Die Wahlbeteiligung lag schon nach der Fernwahl mit 50 Prozent deutlich höher als bei vorangegangenen Wahlen”, hielt Rissberger entgegen. Daran habe die zeitliche und örtliche Unabhängigkeit der Wahl einen entscheidenden Anteil.

Es lebe billig!

Gerade für Vereine und Verbände dürften finanzielle Einsparmöglichkeiten interessant sein: “Die Durchführung der Vorstandswahl als Online-Wahl hat den 110 wahlberechtigten D21-Unternehmen allein Personal- und Reisekosten von grob geschätzt 130.000 Euro gespart”, so Marc Mausch, Leiter des D21-Projekts “Online-Wahl”.

Die Wahl war eine wichtige Demonstration, dass Abstimmungen online durchgeführt werden können. Besonders der frei verfügbare Musterparagraph zur Ermöglichung von Online-Wahlen kann die rechtliche Unsicherheit nehmen. Weniger spannend als die Wahl selbst war übrigens das Ergebnis der D21-Vorstandswahl: Um die 26 Vorstandsplätze konkurrierten genau 26 Kandidaten.

Erschienen am 28.01.2004