google_bearbUnerwünschte, vorinstallierte Apps auf dem neuen Smartphone, bezahlte Anzeigen und die Ergebnisse von Google Shopping bei der Google-Suche. Die Europäische Kommission hat nun Kartellbeschwerde wegen Ausnutzung des Marktmonopols gegen den Suchmaschinenbetreiber Google eingereicht. Über die Vorwürfe und mögliche Folgen.

Seit 2004 steht „googlen“ im Duden, und mindestens genauso lange wird das Wort synonym für die Informationssuche im Internet genutzt. Der US-Suchmaschinenanbieter ist längst zum Quasi-Monopolisten in der Branche aufgestiegen und für viele nicht mehr aus Internet und Alltag wegzudenken. Der angebotene Service ist derweil zum Milliardengeschäft geworden. Nicht nur die Verwendung der aus Suchanfragen entstehenden Daten, auch die Auffindbarkeit von Dritt-Unternehmen und -AnbieterInnen in den Suchergebnissen wird jedoch seit Längerem von DatenschützerInnen, PolitikerInnen und konkurrierenden Internet-Unternehmen kritisch beobachtet.

Angeführt wird die Riege der KritikerInnen von der Europäischen Kommission, die nun in Brüssel Kartellbeschwerde gegen den Suchmaschinenbetreiber eingereicht hat. Die zuständige EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager vermutet, dass Google seine Marktmacht missbraucht, um Mitbewerber zu benachteiligen – und das zum Schaden der VerbraucherInnen. Der konkrete Vorwurf: Google bevorzugt systematisch seinen eigenen Preisvergleichsdienst auf seinen allgemeinen Suchergebnisseiten. Bei manchen Google-Produktsuchen würden an prominenter Stelle Ergebnisse mithilfe der für VerkäuferInnen kostenpflichtigen Google-Produktsuche „Google Shopping“ und bezahlter Anzeigen platziert. Googelt man beispielsweise nach Schuhen, werden einem in einem prominent platzierten Kasten unterschiedliche Anbieter zum Preisvergleich präsentiert. Bei genauerem Hinsehen stellt man fest, dass hier nur ein einziger Anbieter gelistet wird. EU-Kommissarin Vestager sieht darin einen Verstoß gegen das europäische Wettbewerbsrecht.

EU-Kommission sieht Schaden für VerbraucherInnen bei Google-Suche und Android

Fünf Jahre hat die Kommission ermittelt, bevor sie in der vergangenen Woche ein „Statement of Objections“ – eine Art Anklageschrift – an Google Shopping versandt hat. Der Konzern hat nun zehn Wochen Zeit, um auf die Beschuldigungen zu antworten. In einigen Ländern hat Google einen Marktanteil von bis zu 90 Prozent. Sollte dieses EU-Wettbewerbsverfahren die Schuld von Google feststellen, kann dem Konzern ein Bußgeld von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes drohen. Ausgehend vom Jahresumsatz 2014 wären das 6,6 Milliarden Euro. Der Konzern hatte sich zuvor bereits mehrfach zu Zugeständnissen bereit erklärt. Zuletzt hatte Google eine Verpflichtungszusage angeboten, konkurrierende Suchdienste gleichwertig mit den eigenen Diensten darzustellen. Mit dieser hatte sich Vestagers Vorgänger in der EU-Kommission Joaquín Almunia zufrieden gegeben und dem Konzern damit eine Milliardenstrafe erspart.

In ihrem zweiten Anklagepunkt wirft die Kommission Google vor, die VerbraucherInnen auch beim Betriebssystem Android zu benachteiligen. Das Betriebssystem ist auf mehr als 80 Prozent aller Smartphones und Tablets installiert. Der Konzern soll nun Hersteller dieser Geräte gezwungen haben, ausschließlich Google-Anwendungen oder -Dienste vorzuinstallieren.

Google: Alle Änderungen im Interesse der eigenen NutzerInnen

Laut Presseberichten beruht das Kartellverfahren auf 19 Beschwerden aus Europa und den Vereinigten Staaten. Zu den BeschwerdeführerInnen zählen unter anderem Microsoft, der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) und das Online-Vergleichsportal TripAdvisor. An den vorgebrachten Behauptungen der Kommission äußern erste JournalistInnen jedoch Kritik. Die Anschuldigungen seien nicht ausreichend belegbar. Den Argumenten fehle es an Substanz. Google hat bereits auf die Vorwürfe reagiert: Alle Änderungen der vergangenen Jahre – etwa die direkte Anzeige von Informationen zu Wetter und Produkten – seien im Interesse der eigenen NutzerInnen erfolgt. Auch den Android-Vorwurf lehnt das Unternehmen ab. Android sei ein OpenSource-System, Dritthersteller könnten also eigene Varianten des Betriebssystems ganz ohne Google-Services anbieten.

Der Rechtsstreit zwischen der Europäischen Kommission und Google hat gerade erst begonnen und wird sich wohl über eine längere Zeit erstrecken. Ein ähnliches Verfahren, das in den 1990er Jahren von der Kommission gegen Microsoft angestrebt worden war, kam erst 2013 zum Abschluss. Beim aktuellen Verfahren gegen Google werden nun Gutachten gegen Gutachten eingebracht. Jedoch ist das Verfahren nur der erste Schritt. Frankreich beispielsweise möchte Google möglicherweise zur Offenlegung seiner Suchalgorithmen zwingen. Ein entsprechender Gesetzentwurf liegt dem französischen Senat bereits vor. Und auch in Deutschland wurde und wird immer wieder über ein härteres Vorgehen gegen Google diskutiert, so äußerten sich zuletzt Bundesinnenminister de Maizière und die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff kritisch über Google.

Bild: Wataru Ozaki

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