Die EU-Agrarsubventionen endlich transparent? Ein europaweites Netzwerk von investigativen Journalisten veröffentlicht jetzt erstmals detaillierte Informationen über die Endempfänger der EU-Agrarsubventionen.
Am 1. Dezember 2005 wurde die Website
www.farmsubsidy.org in der Beta-Version online gestellt. Sie ermöglicht einen öffentlichen und einfachen Zugang zu den relevanten Daten über die Verteilung von EU-Agrarsubventionen. Die EU-Agrarsubventionen betrugen im Jahr 2004 immerhin 43,5 Milliarden Euro und machten somit mehr als 40 Prozent des EU-Haushaltes aus. Obwohl die Subventionen häufig Thema öffentlicher Debatten sind, wird von der EU und den meisten Mitgliedsstaaten geheim gehalten, wer genau das Geld bekommt.
Auf der Website wird tabellarisch aufgeführt, wie viel die 25 EU-Länder aus Brüssel jeweils erhalten und wofür sie die Agrarsubventionen verwenden. Das eigentlich Neue ist aber, dass darüber hinaus – soweit möglich – die einzelnen nationalen Endempfänger mit Namen und Adresse genannt werden. Bei näherer Betrachtung stellt sich heraus, dass sich unter den größten Empfängern viele große nationale und multinationale Agrarindustriebetriebe sowie wohlhabende und einflussreiche Einzelpersonen befinden. In einer auf der Website verlinkten
Studie von FarmSubsidy.org-Mitgründer Jack Thurston wird daher die ineffiziente, unökologische und die von der Lobby der Großkonzerne unterwanderte Allgemeine Agrarpolitik der EU kritisiert. Dies ist aber nur die Meinung des Aktivisten, da sich das Netzwerk von Aktivisten und Journalisten aus mehr als 10 europäischen Ländern nach eigenen Angaben insgesamt als politisch neutral definiert und sich einzig der Transparenz bei der Verwendung der EU-Subventionen, also Steuergeldern, verpflichtet fühlt.
Datenerhebung meist sehr schwer
Die Daten über die Endempfänger hat das Netzwerk in mühsamer
Kleinarbeit gesammelt. Journalisten und andere Einzelpersonen haben offizielle Anfragen an die zuständigen Behörden in den EU-Ländern gestellt, um Zugang zu den Informationen über die Verwendung der EU-Subventionen zu erhalten. Die Recherchierenden hatten dabei allerdings sehr unterschiedlichen Erfolg. Daher haben sie die EU-Länder je nach ihrem Willen der Zusammenarbeit mit einer Farbzuordnung bewertet. Rot steht für eine Verweigerung, gelb für spärliche Informationen und grün für eine transparente Darstellung der Empfängerdaten.
Deutschland gehört zu den Ländern, die sich am wenigsten transparent gezeigt haben und erhielt dafür eine rote Karte. Die grüne Farbe für einen transparenten Umgang mit den Daten verdienten sich nur die drei Länder Dänemark, Niederlande und Schweden. Von diesen Ländern sind vollständig die einzelnen nationalen Empfänger der EU-Subventionen mit Namen und Adresse veröffentlicht.
Offenes Netzwerk zum Mitmachen
Als Angebot zum Mitmachen steht das Diskussionsforum der Website jedem offen. Die Website soll noch weiter ausgebaut werden und eine Plattform für diejenigen darstellen, die sich mit den Themen Agrarpolitik, Transparenz und Accountability beschäftigen. Daher hofft der Mitgründer Jack Thurston von EU Transparency, dass sie ihr Angebot schon bald auch multilingual gestalten können. Derzeit existiert lediglich das englischsprachige Angebot.
Koordiniert wird das Projekt FarmSubsidy.org von dem dänischen Institut
DICAR (Danish International Center for Analytical Reporting) und von EU Transparency mit Sitz in London. Finanziert wird es hauptsächlich von der William and
Flora Hewlett Foundation, dem
European Social Fund und der
Open Society Foundation. Die Veröffentlichung von
www.farmsubsidy.org kommt vom Zeitpunkt her passend kurz vor der am 13.Dezember beginnenden WTO-Ministerkonferenz in Hong Kong, wo die Agrarsubventionen der EU und der USA das strittigste Thema sind.