fdp artikelbildVersicherungsbetrug ist kein seltenes Phänomen und wurde auch in vordigitalen Zeiten begangen. Mit der zunehmenden Technologisierung jedoch verändern viele Verbraucher ihre Methoden, um unrechtmäßigen Schadensersatz von ihrer Versicherung zu erhalten. Doch auch die Versicherer rüsten auf, um Betrügern auf die Spur zu kommen.

Viele Menschen sehen in  fingierten Schadensfällen kein großes Problem: 21% aller Deutschen halten Versicherungsbetrug für ein Kavaliersdelikt, so der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Am häufigsten findet Versicherungsbetrug bei der Sachversicherung, der Haftpflichtversicherung und der Kfz-Haftpflichtversicherung statt. Eine Umfrage des GDV zeigt, dass ungefähr 12% aller Haushalte zugeben, auf einen Versicherungsbetrug angesprochen worden zu sein – meist aus dem näheren Bekanntenkreis. Die eigene Versicherung „übers Ohr zu hauen“ ist also kein neues Phänomen. Seit vielen Jahren versuchen Versicherte einen Schadensersatz zu erhalten, indem sie Kaufbelege fälschen, selbstständig ihre Objekte beschädigen oder Gründe für die Art und Weise des Verschwindens der Objekte erfinden. Jedoch nimmt der Betrug mit dem Voranschreiten der Digitalisierung neue Formen an. Digitale Bildmanipulationen werden immer häufiger registriert und stellen Versicherungen vor neue Herausforderungen.

Digitaler Versicherungsbetrug

Neue Technologien ermöglichen neue Möglichkeiten, unter anderem auch neue und einfachere Wege des Betrugs. Rund jede zehnte Schadensmeldung enthält Ungereimtheiten, so der GDV. Verbraucher seien heutzutage in der Lage, die der Schadensmeldung beigefügten Bilder derart zu manipulieren, dass das bloße Auge den Betrug nicht erkenne. Dank hochprofessioneller, günstiger und leicht bedienbarer Tools können Täter mit manipulierten Bildern ihre Versicherung betrügen. Mittlerweile greifen schon 16% der Betrüger vor ihrer Tat auf Netzwerke im Internet zurück, um sich von Tipps und Tricks inspirieren zu lassen, so der GDV. Auch andere Faktoren begünstigen den digitalen Versicherungsbetrug. Zum einen die zunehmende Anonymität: anstelle von persönlicher Kontaktaufnahme reicht oftmals eine Schadensmeldung per Email aus, so Roland Stoffels, Vorsitzender der Geschäftsführung Generali Deutschland Schadenmanagement. Durch die Unpersönlichkeit könne der Kriminelle die Konfrontation mit dem vorherrschenden Moral- und Wertesystem sowie mit dem eigenen schlechten Gewissen umgehen. Zum anderen könne die überwältigende Menge an digitalen Informationen die Datenlage unübersichtlicher machen und Betrügern einen Nährboden bieten.

So werde jährlich ein Schadensersatz in Milliardenhöhe zu Unrecht erstattet. Zeit, den kriminellen Taten entgegenzuwirken, findet Roland Stoffels am 17.10.2017 bei einer Generali-Veranstaltung im Lindencorso in Berlin und stellt während seines Vortrages eine Software vor, die seine Firma zur Aufdeckung von Bildmanipulation nutzt.


Bei einem Spiel zwischen Borussia Dortmund und FC Bayern ging die Brille des BVB-Trainers Jürgen Klopp kaputt. Kurz darauf sendeten viele Versicherungsbetrüger ein Foto genau derselben Brille an ihre Versicherung mit der Bitte um Schadensersatz. Die Fotos wurden alle aus dem Internet heruntergeladen.

Digitale Bildforensik

Das Generali Deutschland Schadenmanagement bedient sich einer Software, die möglicherweise kriminelle Handlungen per digitaler Bildforensik untersucht. Sie beschäftigt sich mit der Glaubwürdigkeit von digitalen Fotos. Speziell für diesen Bereich entwickelte Systeme bestimmen den Ursprung eines Bildes. Zeigen die Ergebnisse Differenzen zwischen dem Original und dem eingereichten Bild an, macht das System dies kenntlich und ein Sachbearbeiter kann sich mit dem Fall eingehender beschäftigen. Außerdem analysiert die Software die eingegangenen Fotos auf mögliche Manipulationen durch Fotobearbeitung und kennzeichnet diese ebenfalls. Für diese Vorgänge ist der Vergleich mit dem Original nicht notwendig. Mit dieser Methode gelingt es Versicherungen zunehmend, kriminelle Handlungen aufzudecken und vor Gericht zu bringen. Jedoch, so betont Stoffels, bedienen sich Kriminelle immer professionellerer Systeme. Diese setze Versicherer unter  Zugzwang, ihre Bildforensik-Software weiterzuentwickeln.

Das wiederum kann Betrüger motivieren, sich noch raffiniertere Manipulationen einfallen zu lassen. Der Wettstreit zwischen digitalen Bildmanipulatoren und -forensikern hat gerade erst begonnen.

 

Titelbild: © Bernd Brundert/ Generali Deutschland, eigene Bearbeitung