Deutschland Online und MEDIA@Komm-Transfer wollen Insellösungen vernetzen und den Wissenstransfer vorantreiben. Die Hintergründe der Modernisierungsinitiativen kompakt zusammengefasst.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) hat in den letzten 4 Jahren mit dem Projekt MEDIA@Komm drei Modellregionen für kommunales eGovernment (Bremen, Nürnberg, Esslingen) gefördert. Darauf aufbauend soll mit MEDIA@Komm-Transfer in den nächsten 2 Jahren aus den Insellösungen ein bundesweites Netzwerk für kommunales eGovernment entstehen. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, Rezzo Schlauch, wird am Freitag, den 19. März, auf der CeBIT das Projekt offiziell vorstellen und die 20 Transferkommunen auszeichnen.(Im
Weblog – “Nebenwirkung Behördengang” – finden Sie einen kurzer Bericht dazu, Anm. d. Redaktion).

Weiterverbreiten und Impulse setzen

65,5 Millionen Euro (pdf) wurden insgesamt in die MEDIA@Komm Modellprojekte für die Entwicklung von eGovernment-Angeboten investiert. Die eigene Bilanz fällt positiv aus: 310 Anwendungen, wobei sich 81 Prozent an die Bürger richten, konnten bis September 2003 umgesetzt werden. In allen Projekten wurden zusätzlich eGovernment-Plattformen entwickelt, die komplett OSCI-konform ausgestaltet seien.
OSCI ist nunmehr obligatorischer Standard des Bundes für den sicheren und rechtsverbindlichen
Datenaustausch im eGovernment.

Neben den in Zahlen messbaren Erfolgen sei jedoch auch die qualitativen Fortschritte und die Impulswirkung, die von den Media@komm-Projekten ausginge, von Bedeutung. So wird hervorgehoben, dass die entwickelten Verfahren sich nicht nur auf die jeweiligen Städte beziehen, sondern Grundbausteine für bundesweit wachsende Qualität von eGovernment-Angeboten darstellen. Im Interview mit politik-digital.de zweifelt Deutschlands erster Chief Information Officer, der hessische Staatssekretär Harald Lemke, die angedachten Weiterverbreitungsstrategien an: “Dazu haben einzelne Kommunen nicht ausreichend Vertriebskraft. Nach meiner Auffassung wären die kommunalen Gebietsrechenzentren für die Multiplikation gemeinsamer Lösung besser geeignet.”

Übertragen und integrieren

Kann eGovernment die Lösung der Probleme in strukturschwachen Regionen unterstützen? Wie kann durch Wissenstransfer und Kooperation Kosten eingespart werden und positive Effekte erzielt werden? Wie lassen sich Lösungen, die für die Regionen in Polen und Brandenburg erarbeitet wurden, auf andere Regionen in Europa übertragen?

Diese Fragen wurden vor dem Hintergrund der Perspektiven der Grenzregionen erörtert. Ansätze und Ideen, wie solche eGovernment- Lösungen aussehen können, wurden von den verschiedenen Referenten vor dem Hintergrund der Leitfragen vorgestellt.

Ansätze und Ideen

Der Anschlusswettbewerb Media@komm Transfer soll der Förderung des Informationsaustauschs dienen. Das von Bund und Ländern gemeinsam beschlossene Projekt “Deutschland Online” soll dadurch verstärkt und Aktivitäten zur Multiplikation, Standardisierung und Internationalisierung von eGovernment-Lösungen forciert werden. Der Austausch von Wissen in Bezug auf Erfahrungen, Konzepte, Erkenntnisse und Fähigkeiten rückt zunehmend in den Vordergrund in der Weiterentwicklung von eGovernment. “Meines Erachtens hätte schon von Anfang an ein größerer Wert auf die leichtere Übertragbarkeit der Lösungen und deren Integrationsfähigkeit untereinander und in bestehende IT-Strukturen gelegt werden sollen”, kommentiert Lutz Gollan, Referent für Informationstechnologie des Städte- und Gemeindebundes NRW (StGB), die derzeitige Entwicklung im eGovernment.

Die Anregungen zum besseren Wissenstransfer sind nicht neu. So schreibt Carolin Welzel,
Project Managerin der Bertelsmannn-Stiftung, Ende 2002: „Ohne Gesamtstrategie wird Deutschland ein eGovernment Flickenteppich bleiben.“ Auch der im selben Artikel zitierte Professor Birger Priddat, Uni Witten-Herdicke, hält Skepsis für angebracht, da die Wirkung der Großprojekte limitiert sei.

“Deutschland Online”: Einige für alle

Auf der Ministerpräsidentenkonferenz vom 26. Juni 2003 wurde die gemeinsame Strategie “Deutschland-Online” für integriertes eGovernment von Bund, Ländern und Kommunen beschlossen. Mit diesem Projekt soll ein Ineinanderübergreifen der Initiative BundOnline 2005 und den einzelnen kommunalen Portalen geschaffen werden. Laut
Staatsekretär Dr. Göttrik Wewer wird es demnächst für die Bürgerinnen und Bürger keinen Unterschied mehr machen, ob der Bund, ein Land oder eine Kommune eine Dienstleistung im Internet anbietet. Bereits 232 von 440 angestrebten Verwaltungsdienstleistungen sind nach der Halbzeitbilanz von BundOnline 2005 verfügbar, wobei 36 weitere bis zum Ende des Jahres hinzukommen sollen. Das Ziel der Bundesregierung ist es, die gegenwärtig heterogene IT-Landschaft von 16 Bundesländern und weit über 13.000 Kommunen aufeinander abzustimmen. Nach dem Grundprinzip “Einige für Alle” sollen einzelne Modelllösungen gestärkt werden, so dass andere Partner diese nutzen und davon profitieren können.

Dennoch bleibt die Frage, inwieweit das Ziel mit dem Anschlusswettbewerb erreicht werden kann. So sagt Rüdiger Meyers, ehemals Public Services Cap Gemini Ernst & Young Deutschland GmbH: “Das Problem der vertikalen Integration ist mit dem horizontalen kommunalen Media@Komm-Transfer noch nicht gelöst. Um dies zu erreichen, ist eine Integration der kommunalen eGovernment-Masterpläne mit den landesspezifischen Masterplänen von grundlegender Bedeutung.” So müssten neben technologischen Standards vor allem rechtliche, organisatorische und Prozessstandards in allen Ländern schnellst möglich festgelegt werden, da sonst die Gefahr bestehe, dass kommunales eGovernment vorangetrieben werde, vertikale Integration durch fehlende Integration auf Länderebene jedoch nicht garantiert werden kann.

In einem weitern Schritt forderte Andreas Goerdeler, Leiter des Referats Multimedia und eGovernment-Experte im BMWA, auf der eGo2003 eine EU-Lenkungsgruppe zum Erfahrungsaustausch im kommunalen eGovernment. So sollten best-practice-Beispiele aus ganz Europa gebündelt werden, um grenzüberschreitende eGovernment-Lösungen zu entwickeln sowie Interoperabilität nutzerfreundlicher Services zu gewährleisten.

Erschienen am 17.3.2004