Zur Cebit treffen Erfolgsmeldungen täglich ein. Aber die Frage nach Nutzung und Zufriedenheit ist nur schwer zu beantworten. Eine Mangel an Studien und fehlende Kosten-Nutzen-Rechnung sind die Ursache.
Entwicklung und Umsetzung von eGovernment hat sowohl beim Bund, bei Ländern als auch in unzähligen Kommunen einen wichtigen Stellenwert. Gegenwärtig wird in vielen Projekten der Fokus auf Wissenstransferprozesse gelenkt. So sollte möglichst ein übergreifendes Konzept Anwendung finden, in das sich die unterschiedlichen Projekte einordnen können. Standardisierung und Interoperabilität sind die Schlagworte. Wie zufrieden sind jedoch die Nutzer digitaler Verwaltung mit dem jeweiligen Angebot? Wie gestaltet sich die Kosten-Nutzen-Relation zwischen dem Aufwand, der für die Bereitstellung und Bearbeitung betrieben wird, und der Nutzung durch die Bevölkerung?
Forschungslücke Nutzung und Zufriedenheit
Tatsächlich erweist es sich als ausgenommen schwierig, auf diese Fragen Antworten zu finden. So bestätigt Busso Grabow, Projektleiter der Media@Komm, dass zur Zufriedenheit der Nutzer bisher keine Studien vorliegen. Informationen dazu können durch die Feedbackfunktionen der entsprechenden Seiten gewonnen werden. Hier sei die Resonanz auf die Angebote der Media@komm-Städte Esslingen, Bremen und Nürnberg zu 80 Prozent positiv. Bürger nutzten die digitalen Angebote hauptsächlich als Informationsquelle und zum Download von Formularen. Transaktionen mit Signaturkarte beschränkten sich allerdings hauptsächlich auf Unternehmen. In Bremen beispielsweise gehen 98 Prozent aller Transaktionen mit Signaturkarte, das sind 48 800 von 50 000, auf Unternehmen zurück.
Die gezielte Nutzung von Transaktionsangeboten der Verwaltung durch Unternehmen wird auch durch die Studie
“Elektronische Abwicklung von Geschäftsprozessen der öffentlichen Verwaltung mit der Wirtschaft”(pdf), herausgegeben von Bearing Point und dem Bundesministerium des Innern, belegt. Im Rahmen der Studie wurden 447 Unternehmen, 7 landes- und 80 Kommunalbehörden befragt. Danach nutzen rund 58 Prozent der befragten Unternehmen die angebotenen Transaktionsmöglichkeiten. Ein erhebliches Hindernis in der Nutzung von Transaktionsmöglichkeiten sehen die Autoren der Studie in der mangelnden Kenntnis vieler Unternehmen (75 Prozent) über die Angebote der öffentlichen Verwaltungen. Vorhandene Transaktionsmöglichkeiten sowie die Einführung neuer Angebote müssten durch zielgruppengerechte Marketingstrategien begleitet werden.
Mangel an Kundenorientierung
Der Mangel an Studien zur Kundenzufriedenheit im eGovernment wird auch von Matthias Koch, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Marketing und Innovationsmanagement an der BTU Cottbus, bestätigt. Dies sei beispielsweise auf ungenügende Kundenorientierung zurückzuführen. Interne Prozessoptimierungen stünden im Vordergrund. Weitere Ursachen lägen in methodischen Umsetzungs- und Finanzierungsproblemen einer entsprechenden Untersuchung. “Ernsthafte Kunden-/Nutzerbefragungen können nicht durch die Kommunen selbst erstellt, durchgeführt und ausgewertet werden,” sagt Koch. Zusätzlich bestehe kaum Interesse an solchen Untersuchungen bei Portalbetreibern.
Das Angebot einer kostenfreien Studie im Anschluss an die Untersuchung
“Regionalportale im Internet” scheiterte am fehlenden Interesse der Betreiber. Nach Selbsteinschätzung der Portalbetreiber liegt das Hauptinteresse der Nutzer derzeit auf Veranstaltungskalendern, aktuellen Informationen und Verwaltungs- und Bürgerservices. Ein weiterer Schwerpunkt stellt das Tourismusangebot der Seiten da. Die Möglichkeit, Nutzung durch Klickzahlen zu Verfolgen wird bei insgesamt 1487 befragten Portalbetreibern von 60 Prozent genutzt.
Kaum Empirie zur Effizienz
Ebenso wenig wie die Nutzungsgewohnheiten und Zufriedenheit mit eGovernment-Angeboten untersucht wird, können Aussagen zur Wirtschaftlichkeit und Effizienz getroffen werden. Die allgemeine Grundaussage zu diesem Thema ist, dass sich zunächst hohe Investitionen als Hindernis erweisen, mittel- bis langfristig aber mit Einsparungen zu rechnen sei. Studien, die sich konkret mit diesen Fragen auseinandersetzen, gibt es bisher wenig.
Das
“Erfolgsmodell kommunales eGovernment” der Media@Komm nennt fünf Zielsetzungen für die Einführung von eGovernment. So solle unter anderem die Dienstleistungs- und Kommunikationsqualität steigen und eine effizientere und rationellere Verwaltung entstehen, die mit Kosteneinsparung und höherer wirtschaftlicher Leistungserstellung verbunden sei. In diesem Sinne bestätigt Busso Grabow die Effizienzsteigerung von Verwaltungsprozessen durch eGovernment. “Prozesse konnten beschleunigt werden. Von ursprünglich drei Bremer Mahngerichten gibt es jetzt nur noch eines und die Zahl der Stellen wurde von 12 auf 4 Stellen reduziert.”
Gleichermaßen sind wohl auch die Aussagen von
Staatssekretärin Ute Vogt im Zusammenhang mit der Freischaltung der Internetseite
staat-modern.de zu verstehen. Effizienz von eGovernment äußert sich hier in Bürokratie- und Stellenabbau. Ist dies jedoch ein ausreichendes Kriterium zur Beurteilung von Wirtschaftlichkeit im eGovernment? Andere Blickwinkel suchen Wissenschaftler der Wirtschaftswissenschaften.
Erste Ergebnisse
Grundsätzliche Daten zu Regionalen Portalen bietet die bereits erwähnte Studie von Matthias Koch. Im Rahmen dieser Studie wurden die Betreiber nach dem finanziellen Aufwand der Erstellung und Pflege der Angebote befragt. In dieser Frage falle deutlich auf, dass viele Portale mit mehreren tausend und zehntausend Euro erstellt worden seien und dann mit nicht einmal einhundert oder nur wenigen hundert Euro monatlich betrieben werden sollen. Damit würde der Portalbetrieb von 80-90 Prozent aller Antwortenden mit nicht einmal einer Viertel Mitarbeiterstelle realisiert. Koch merkt mit Bezug auf diese Zahlen jedoch an, dass bei einer Großzahl der Betreiber Unkenntnis über die tatsächliche Kostensituation herrsche.
Kosten-Nutzen unbekannt
Einen weiteren Blickwinkel auf Aspekte der Wirtschaftlichkeit von eGovernment eröffnet der Vorbericht “Wirtschaftlichkeit von elektronischen Bürgerservices – eine Bestandsaufnahme 2003” von Petra Wolf und Helmut Krcmar der Technischen Universität München. Obwohl eGovernment der Produktionssteigerung und Innovation dienen solle, treffen die Autoren die Aussage: “Versucht man nun Hinweise auf erste Erfolge dieser Bemühungen um Effizienz und Wirtschaftlichkeit zu finden, etwa im Rahmen von Evaluationsberichten oder in einer der zahlreichen Studien zu eGovernment, wird man enttäuscht.”
Die wenigsten Kommunen, die bereits eBürgerservices anbieten, wären in der Lage, Kosten-Nutzen-Vergleiche aufzustellen zu können. Knapp die Hälfte von 14 befragten Kommunen kann keine Informationen zu Einsparungen bei laufenden Kosten im Personal- und Sachbereich machen. Vier Kommunen gaben an, dass sowohl im Personal- als auch Sachkostenbereich die Mehrkosten durch das eingeführte Verfahren überwiegen. Eine Schwierigkeit sehen die Autoren in der häufig durchbrochenen Wertschöpfungskette. Nur zwei Kommunen gaben an, dass die von den Nutzern eingegebenen Informationen medienbruchfrei in die weiterverarbeitenden Systeme geleitet würden. Nur knapp die Hälfte der befragten Kommunen konnten merkliche positive Effekte in der Beschleunigung von Vorgängen verzeichnen. In den anderen Fällen wurden die positiven Effekte durch Mehraufwand an anderer Stelle verzehrt.
Erschienen am 17.3..2004
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