Deutschland liegt bei eGovernment nur im Mittelfeld. Verbesserungswürdig ist die Wirkungsforschung und Evaluation in ganz Europa. Zu diesem Schluss kommt die Halbzeitbilanz der EU-Kommission.

Deutschland liegt bei eGovernment nur im Mittelfeld. Verbesserungswürdig ist die Wirkungsforschung und Evaluation in ganz Europa. Zu diesem Schluss kommt die Halbzeitbilanz der EU-Kommission.

Mit dem
„Aktionsplan eEurope 2005“ wollen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Internet-Nutzung und die Schaffung neuer Dienste in den Bereichen eGovernment, eHealth, eLearning und eBusiness fördern. Der nun von der EU-Kommission vorgelegte Halbzeitbericht arbeitet die „Baustellen“ heraus, an denen zukünftig verstärkt gearbeitet werden muss. Ziel ist es, Europa bis zum Jahr 2010 zu einem der dynamischsten und wettbewerbsfähigsten wissensbasierten Wirtschaftsstandorte weltweit zu machen, ohne dabei den sozialen Zusammenhalt aus den Augen zu verlieren.



Stolperstein Zusammenarbeit online-offline


Elektronische Behördendienstleistungen (eGovernment) sind inzwischen von allen Mitgliedsstaaten in ihrer Bedeutung als Katalysator für die Modernisierung der bestehenden Verwaltungsstrukturen anerkannt . Die Unterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten sind aber erheblich. Der durchschnittliche Umsetzungsgrad der 20 grundlegendsten Behördendienste ist zwar seit Oktober 2001 von 45 Prozent auf 67 Prozent gestiegen, wie eine von der EU-Kommission beauftragte Studie von Cap Gemini Ernest & Young herausfand . Die Spannweite in der Umsetzung zwischen dem Sieger Schweden und dem letzten 18. Platz für Luxemburg betrug aber rund 40 Prozentpunkte. Deutschland belegte in der Gesamtwertung einen mittelmäßigen zehnten Platz. Die Top-Performer bei den Wachstumsraten waren Österreich, Belgien und Luxemburg. Die Wachstumsraten wurden aber insgesamt geringer, da die Inhalte oft zu wenig auf die Nutzer abgestimmt und vor allem informativer Art seien.

Die Kommission befürwortet deshalb eine stärkere Wirkungsforschung, um sicher zu stellen, dass wirklich ein „Mehr“-Wert für den Bürger generiert wird.. An erster Stelle rangieren im Ländervergleich weiterhin jene Serviceangebote, die Einnahmen für den Staat liefern, wie etwa die Umsatzsteuer. Angebote für Firmen erreichen gegenüber Angeboten für Bürger weiterhin einen wesentlich höheren Umsetzungsgrad. Die am besten umgesetzte Dienstleistung für Bürger ist die Arbeitsplatzsuche, die in über zwei Drittel aller Länder zu 100 Prozent online-fähig sei. Deutschland belegte den letzten Platz in den Bereichen persönliche Dokumente, Gewerbeanmeldung und Umweltkonzessionen. Die besten Ergebnisse wurden mit einem dritten Platz bei der Körperschaftssteuer, den Zollerklärungen und der Übermittlung von Daten an Statistik-Ämter erzielt. Die Kommission bemängelt, dass in der Mehrzahl der Mitgliedstaaten die Online-Angebote kaum in die traditionellen Verwaltungswege eingebunden seien und damit auch keine Katalysatorwirkung für Verwaltungsreformen entfalten könnten.



Herzenssache Breitband


Die Zahl der Breitbandzugänge hat sich seit Oktober 2002 auf nun europaweit 19,5 Millionen fast verdoppelt. Die Kommission kritisiert aber den zu geringen Wettbewerb auf diesem Markt, da die meisten Breitbandzugänge auf DSL-Anschlüsse entfallen, und befürwortet einen stärker technologieneutralen Infrastrukturausbau. Um der „digitalen Spaltung“ vorzubeugen, werden Breitband-Projekte in „unterversorgten“ Gebieten mit Mitteln aus den EU-Strukturfonds unterstützt. Allerdings, so stellt die Kommission fest, liegen sowohl über die tatsächliche Versorgungslage der Bevölkerung mit Internetzugängen in den einzelnen Regionen als auch über die Wirkung der von den Mitgliedsstaaten vorgelegten Verbesserungsstrategien nur unzureichend empirische Daten vor. Die Verbreitung plattformunabhängiger Zugänge wie etwa über das Digitalfernsehen oder den Mobilfunk der dritten Generation, die ebenfalls die Anbindung der mit herkömmlichen Internetanschlüssen unterversorgten Gebiete erleichtern soll, stecke hingegen noch in den Kinderschuhen.

Bedenken bei Sicherheit

Rund 58 Prozent der europäischen Nutzer geben Sicherheitsbedenken als zentralen Grund für ihre Zurückhaltung beim digitalen Einkaufen oder Übermitteln persönlicher Daten an, womit das Thema Sicherheit auf Platz eins der Bedenkenliste liegt. Dies schlägt sich in Form geringer Nutzerzahlen besonders in den Bereichen des elektronischen Geschäftsverkehrs und elektronischer Gesundheitsdienste nieder. Durch die Schaffung rechtlicher und technischer Rahmenbedingungen soll das Sicherheits- und Planungsklima verbessert werden, sodass Firmen verstärkt in eCommerce investieren, neue Arbeitsplätze schaffen und anspruchsvolle elektronische Dienstleistungen im Gesundheitsbereich möglich werden. Bisher hat allerdings nur etwas mehr als die Hälfte der europäischen Unternehmen offiziell Sicherheitsmaßnahmen eingeführt. Viele Unternehmer sind ihrerseits verunsichert durch die oftmals noch unausgereifte Rechtslage im eCommerce. Besonders bei der Verwaltung digitaler Rechte fordert die Kommission höhere Transparenz bezüglich der Kriterien, die von den Mitgliedsstaaten bei der Bestimmung von Entgeltsystemen angewendet werden, um die Planungssicherheit für Unternehmen zu erhöhen. Zudem sieht die Kommission eine schnellere Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinien etwa über die elektronische Signatur in nationales Recht als wünschenswert an. Der hohe Stellenwert von Sicherheitsfragen zeigt sich auch in der rasch erfolgten Einigung über die Gründung einer Europäischen Agentur für Netz- und Informationssicherheit (ENISA). Sie soll Kommission, Mitgliedsstaaten und Beitrittsländern beratend zur Seite stehen und die Koordination und den Austausch zwischen ihnen verbessern helfen.

Come together

Im Bereich der projekt- und länderübergreifenden Zusammenarbeit legt die Kommission den Fokus auf gemeinsame Normen für allgemeine Zugänglichkeit (Web Accessibility Initiative), einheitliche und einfache Benennungen von Webseiten sowie Vereinheitlichung von Personenkennungen, elektronischer Authentifizierung und Datenvokabular. Dabei geht es weniger um die technische Kompatibilität der Systeme als um die politische Aushandlung gemeinsamer Standards, weshalb die Bedeutung politischer Führung und politischer Initiativen besonders hervorgehoben wird. Ziel ist eine gemeinsame Sicherheitskultur für den europäischen Binnenmarkt.

Probleme vor der Prüfung

Die Kommission weist, basierend auf der Studie von Cap Gemini Ernest & Young, auf einige wichtige Evaluationsprobleme hin, mit denen sich die Mitgliedsstaaten bei ihrer Überprüfung von „eEurope 2005“ im Sommer beschäftigen müssen. Bisher stützen sich die verwendeten Indikatoren hauptsächlich auf amtliche Statistiken der Mitgliedsstaaten. Intensität und Auswirkung der elektronischen Dienste wird hingegen kaum erfasst. Zudem fehlt ein Vergleich mit wichtigen außereuropäischen Wirtschaftsregionen wie den USA oder Asien.