Die eGovernment-Initiative BundOnline 2005 hat laut Innenminister Otto Schily das Klassenziel erreicht. Er zeigt sich zufrieden mit dem Erreichten und verkündet den Beginn einer neuen Phase. Doch Studien und Experten sehen die derzeitige Situation lange nicht so positiv.
Am 11.Dezember 2002 hat Innenminister Schily in Berlin dem Bundeskabinett einen Bericht über die Entwicklung der eGovernment-Initiative BundOnline 2005 vorgelegt. Mit dieser Jahresbilanz wird der Umsetzungsplan fortgeschrieben, den das Kabinett im November 2001 verabschiedet hatte. Der Plan legt fest, in welcher Reihenfolge die mehr als 350 internetfähigen Dienstleistungen der Bundesverwaltung realisiert werden sollen. Schily selbst äußerte sich zufrieden über die Entwicklung des E-Government-Projekts: “Ende dieses Jahres bieten die Bundesbehörden bereits mehr als 160 Dienstleistungen im Internet an. Damit haben wir das im Umsetzungsplan festgelegte Ziel für 2002 erreicht.“.
Stärkere Vernetzung mit Ländern und Kommunen
Nun plant der Bund verstärkt, eGovernment-Projekte gemeinsam mit Ländern und Gemeinden in Angriff zunehmen. Dazu erteilte das Kabinett dem Bundesinnenministerium am 11.12.2002 den Auftrag. “Länder und Kommunen sollen von unseren Erfahrungen profitieren können. Wir treten jetzt in eine neue Phase des E-Government ein, indem wir die erfolgreiche Initiative des Bundes mit den Aktivitäten der anderen Verwaltungsebenen in Ländern und Kommunen verbinden. Für die Bürgerinnen und Bürger ist es unerheblich, wer eine Dienstleistung im Internet erbringt. Sie möchten ihre Verwaltungsangelegenheiten schnell und unkompliziert erledigen, unabhängig davon, ob der Bund, ein Land oder eine Kommune ihr Ansprechpartner ist. Deshalb wollen wir die Verwaltungs- und Zuständigkeitsgrenzen schnell überwinden. Die Daten sollen laufen, nicht die Bürger”, so der Bundesinnenminister. Wobei der größte Teil der Kommunen in großer Finanznot ist und in der Hinsicht vom Bund mit Geldmitteln unterstützt werden müsste.
Kosten = Nutzen?
Durch
BundOnline 2005, initiiert im September 2000, hat sich die Bundesregierung verpflichtet, alle internetfähigen Dienstleistungen der Bundesverwaltung bis zum Jahr 2005 online bereit zu stellen. Das Investitionsvolumen beläuft sich auf rund 1,6 Milliarden Euro. Dem stehe nach der Umsetzung ein jährliches Einsparpotenzial von rund 400 Millionen Euro
gegenüber. Diese Rechnungen gehen aber nur dann auf, wenn einerseits die Kosten für die Anschaffung der IT-Technologie und für die Schulung des Personals nicht zu hoch ausfallen. Und andererseits die Bürger und die Wirtschaft die Systeme dann annehmen. Das
Innenministerium geht laut
Spiegel online hoffnungsvoll von einer „alltäglichen“ Internetnutzung des größten Teiles der Bürger aus. „Ziel ist das Internet für alle“. Doch laut der internationale
Studie zu Government Online von
Emnid nutzen bis jetzt nur 18 Prozent die Dienstleistung von Stadt-, Gemeinde- und Kreisverwaltungen sowie von Verwaltungen der Bundesländer oder des Bundes. Beim persönlichen Datenaustausch mit den virtuellen Behörden nutzen nur 4 Prozent die Angebote. Und da die
Bürger „Alles“ wollen – eGovernment und persönliche Beratung – ist es schwierig zu beantworten, ob sich die Kosten wirklich mit dem Nutzen bezahlt machen. Zu den 160 bereits verfügbaren Online-Dienstleistungen gehören zum Beispiel die elektronische Beschaffung für die öffentliche Hand (
Beschaffungsamt des BMI), die
Zollauktion, die
Bafög-Rückzahlung und
Elster, die Elektronische Übertragung von Steuererklärungsdaten.
Auf dem Weg, aber noch lang nicht am Ziel
„Unabhängige Studien bescheinigen der deutschen eGovernment Initiative deutliche Verbesserungen und einen Platz unter den Top Ten”, sagte Schily nach der Kabinettssitzung. Damit spielt er wahrscheinlich auf die
Accenture Studie an. Allerdings haben zwar die Bundesdienstleister Fortschritte gemacht, doch dieselbe Studie bemängelt die weiterhin schleppenden Dienste der Kommunen. Für die finanzschwachen Kommunen rechnen sich große Investitionen in die Erweiterung des Online-Angebots erst bei einer signifikant höheren Nutzung des Webangebots. Holger Bill, Geschäftführer von Accenture rät dazu in einem Interview gegenüber politik-digital.de: “Regionale Zusammenschlüsse können hier viel möglich machen.“
Auch gibt es von Seiten der Bürger laut der oben genannten Emnid Studie immer noch
Berührungsängste gegenüber diesen Angeboten. Laut dieser Studie liegt Deutschland auch nur auf dem 18. von 31 Plätzen. Dr. Antje Stobbe von der Dresdener Bank kam ebenfalls zu dem
Ergebnis, daß zwar „im vergangenen Jahr große Fortschritte erzielt worden sind“, die Virtualisierung des Staates vielfach aber noch in den Kinderschuhen stecke. Die Autoren der eEurope-Benchmark-Studie von ”
Cap Gemini Ernst & Young” kamen zu dem
Ergebnis, dass die besten Dienste von Behördendiensten erzielt wurden, die wenig komplex strukturiert sind und zugleich durch eine zentrale Organisation koordiniert werden. „Zuviele Köche verderben den Brei“ sagte in diesem Sinn Willi Kaczorowski, Leiter des Geschäftsbereichs Public Services bei “Cap Gemini Ernst & Young” Zentraleuropa im
Interview mit politik-digital.de. Das Fehlen einer nationalen Strategie ist für ihn einer der Hauptkritikpunkte. Er schlägt ein Bündnis Deutschland Online vor, um die eGovernment Vorhaben der Kommunen und des Bundes zu koordinieren. Ob
BundOnline 2005 dazu in der Lage sei, vermag er bis jetzt nicht zu erkennen.
Trotz all dieser Einwände sieht der Bundesinnenminister das Projekt BundOnline 2005 als Erfolg: „Wir sind auf einem guten Weg, Bürgerinnen und Bürgern Verwaltungsdienstleistungen einfacher, schneller und kostengünstiger anzubieten.“ Und um diesen Glauben an die Zukunft der Kundenfreundlichkeit des Projektes zu demonstrieren, verschickt das ans Bundesinnenministerium angekoppelte
Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik seit kurzem das
KNOPPIX-Softwarepaket per Post. Diese Zusammenstellung zahlreicher Programme rund um GNU/Linux kann ohne großes Hantieren auf der Festplatte einfach von der CD aus gestartet werden kann.
Erschienen am 16.1.2003
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