Das Institute of Electronic Business e.V. hat zusammen mit der SER eGovernment Deutschland GmbH unter dem Titel „Von der technikgetriebenen zur nutzergetriebenen Verwaltungsreform“ eine Studie veröffentlicht, die sich mit der Analyse von Verwaltungsprozessen und dem Einsatz von Informationstechnologien in der öffentlichen Verwaltung auseinandersetzt. Sie ist nicht nur eine Bestandsaufnahme des eGovernment in Deutschland, vielmehr sollen Trends zukünftiger Entwicklungen im Bereich eGovernment aufgezeigt werden.
Deutschland nur im Mittelfeld
Im internationalen Vergleich steht Deutschland bei der Nutzung von eGovernment-Anwendungen (auch in anderen
Studien) nur im Mittelfeld. Länder wie Taiwan, Kanada, Schweden und die USA führen die Liste in Punkto Nutzung von eGovernment-Angeboten an. Die Autoren der Studie haben das Problem in Deutschland erkannt: „Das Problem der mangelnden Nutzernachfrage nach Verwaltungs-dienstleistung liegt in der Lücke zwischen Entwickler- und Nutzerseite der Verwaltungsangebote. Werden nämlich potentielle Nutzer nicht mit in den Entwicklungsprozess einbezogen, entstehen suboptimale Produkte“.
Bessere Integration des Nutzers erforderlich
„Gerade die Rolle des Nutzers im Reformprozess ist ein bisher unterschätzter Erfolgsfaktor“, schreiben die Autoren der Studie. Weitere Faktoren, die für eine hohe Nachfrage nach eGovernment-Angeboten als unabdingbar eingeschätzt werden, sind die Gewährleistung der Sicherheit bei Datentransaktionen und insbesondere die Förderung von Akzeptanz und Zugang zu digitalen Verwaltungsdienstleistungen von Seiten der Bürger.
Der internationale Vergleich der Nutzung von eGovernment-Dienstleistungen zeigt, dass besonders in Ländern, in denen eGovernment von Seiten der Regierung als wichtig kommuniziert wird, am stärksten nachgefragt wird. So weit so gut. Interessant wird die Studie ab der Benennung etwaiger Maßnahmen, die für eine verstärkte Nutzerorientierung und Erhöhung der Akzeptanz vorgeschlagen werden. Im Vordergrund steht der Appell nach mehr Kommunikation der Verwaltungsdienstleistungen von Seiten des Bundes und der Länder und Kommunen. Als Beispiel wäre das Dienstleistungsportals des Bundes,
www.bund.de, dass die Interessen von
Bürgern und
Wirtschaft in einem Fragebogen aufnimmt, zu erwähnen.
So wird man in Zukunft wohl auch verstärkt für Pogramme wie ELSTER, die elektronische Steuererklärung, werben, wie es derzeit beispielsweise schon in der
Berliner U-Bahn geschieht. Die offensive Kommunikation ändert aber nichts an der fehlenden Nutzerfreundlichkeit des Programms. Das Steuerprogramm ELSTER sieht die Studie eher als Beispiel für verfehlte Nutzerintegration.
Eine Möglichkeit, den Nutzungsgrad zu erhöhen, könnten Diskonte sein, die bei Nutzung der Onlinedienste gegeben werden. Des Weiteren könnten bestimmte Verwaltungsvorgänge gänzlich elektronisiert, oder eine Pflicht zur Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel (Mandatory e-Filing) eingeführt werden.
Um die User-Akzeptanz zu erhöhen, sei eine Optimierung der Gestaltung bis hin zu einer Standardisierung von Nöten, die eine Handhabung so schnell und einfach wie möglich werden lässt.
Zielgruppen in die Entwicklung einbeziehen
Außerdem müssten sich eGovernment-Angebote, das fordern die Autoren der Studie, zunehmend an den Bedürfnissen der Wirtschaft orientieren. In dem Zusammenhang sollen in Zukunft branchenspezifische Dienstleistungsangebote entwickelt werden. Die Vorstellung läuft darauf hinaus, dass beispielsweise Architekten, Anwälte oder Steuerberater, also Berufsgruppen, die eine hohe Frequentierung von Verwaltungskontakten haben, zielgruppengerechte eGovernment-Dienste erwarten dürfen. Sogenannte „Power User“ wie zum Beispiel Rechtsanwälte, die häufigen Behördenkontakt haben, müssten eigene Portale bekommen, damit deren Anliegen individuell und vor allem zügiger abgewickelt zu werden.
In diesem Zusammenhang bewegt sich das Projekt eLawyer im Bereich eJustice. Die Entwicklung der Software für digitalen Rechtsverkehr soll hier vor allem mit Hilfe der potentiellen Nutzer, also Anwälte und Notare, geschehen.
Die Studie zeigt einen Trend auf, der eine starke Differenzierung der Software im Bereich eGovernment, aber auch eine hohe Flexibilität der Verwaltung mit deren Umgang erfordert. Das der Nutzer mit eingebunden werden soll ist gut. Doch wird eine Kommunikation nicht nur zwischen Entwickler- und Nutzerseite von Nöten sein. Vielmehr erfordert die „neue Governance“ noch größere Integration der Verwaltung alle Prozesse.
Studie von Pascal Johanssen und Peter Herz 2005: eGovernment 2006 Von der technikgetriebenen zur nutzergetriebenen Verwaltungsreform, Institute of Electronic Business e.V./ SER eGovernment Deutschland GmbH, Berlin.