In ihrem eGovernment-Benchmarking “Leadership in Customer Service: New Expectations, New Experiences” untersucht Accenture die Erreichbarkeit von eGovernment-Dienstleistungen auf internationaler Ebene. politik-digital.de hat sich die Studie angesehen und zusammengefasst, wie die Bürgerinnen und Bürger den angebotenen Dienstleistungen gegenüberstehen.

Accenture vergleicht die Erreichbarkeit von Behörden in 22 Staaten. Im Fokus standen dabei die von den Bürgern genutzten Kanäle für die Inanspruchnahme der Online-Behördendienstleitungen und die Hürden, die sich dem Nutzer im Bezug auf die Kontaktaufnahme mit Behörden stellen. Dabei stand erstmalig nicht das reine Dienstleistungsangebot im Vordergrund. Nach jahrelangen Forderungen, doch auch mal den Kunden und seine Bedürfnisse ins Visier zu nehmen, hat Accenture den Ruf gehört und das Untersuchungsspektrum auch auf den Kundenservice ausgedehnt.

Die untersuchten Länder wurden im Ergebnis den drei Kategorien Trendsetter, Herausforderer („Challengers“), Verfolger („Followers“) und Anfänger („Formative“) unterteilt. Zu den Trendsettern gehören neben Kanada auch die Vereinigten Staaten von Amerika, während unter anderem Dänemark, Singapur und Frankreich zu den Herausforderern gerechnet werden. Deutschland wird gemeinsam den Niederlanden und acht weiteren Staaten im Mittelfeld zu den Verfolgern gezählt, während Portugal, Südafrika und Brasilien der Kategorie der Anfänger zugeordnet werden.

Deutschland erreicht in der Gesamtwertung seiner eGovernment-Dienstleistungen mit dem 13. Platz das hintere Mittelfeld, hat sich jedoch im Vergleich zum Vorjahr um einen Rang verbessert.

Der persönliche Kontakt ist der bevorzugte Kommunikationskanal

Die Untersuchung der Kommunikationskanäle, über die die Bürger die Online-Dienstleistungen in Anspruch nehmen, ergab, dass der persönliche Kontakt nach wie vor die bevorzugte Kommunikationsform der Deutschen ist. Sieben von zehn Befragten nutzten im vergangenen Jahr diese Möglichkeit, um sich beraten zu lassen. Zum Telefon griffen 54 Prozent der Deutschen. Nur 14 Prozent versuchten, online mit der betreffenden Behörde in Kontakt zu treten. Damit lag die Frequentierung des Internets in den vergangenen 12 Monaten gleichauf mit der des Fax. Allerdings wurden die bestehenden eGovernment-Angebote nur von 18 Prozent der Internet-Nutzer als „gut“ oder „exzellent“ bewertet. Insgesamt haben aber weniger als die Hälfte der Deutschen jemals einen eGovernment-Service genutzt.

Im zweiten Teil der Studie, der den Informationsfluss und –austausch zwischen den Behörden beleuchtet, wurde gezeigt, dass mögliche Synergie-Effekte des eGovernments bislang ungenügend von den Behörden genutzt werden. Bei den Bürgern, die eine Behörde mehrmals kontaktierten (6 von 10 Befragten), konnten nur 20 Prozent feststellen, dass die Daten ihres letzten Besuchs für weitere Amtsgänge gespeichert wurden. In diesem Bereich attestiert Accenture einen enormen Verbesserungsbedarf, um eine nahtlose Kommunikationskette für den Bürger zu gewährleisten.

Online-Angebote werden vorrangig zur Information genutzt

Neben der geringen Nutzung der Synergien durch die Behörden, sieht die Mehrheit der Befragten ein Problem beim Datenschutz und bei der Datensicherheit. Es wird befürchtet, dass die persönlichen Daten im Rahmen des eGovernments leichter missbraucht und weitergegeben werden könnten. Trotz der nach wie vor geringen Online-Nutzung der Behördendienstleistungen betrachtet die Mehrheit der Befragten eGovernment als echte Alternative. Begründet wird dies mit den geringen Interaktionskosten und der Einsicht, dass Informationen über das Internet leichter abgerufen werden können.

Die deutschen eGovernment-Angebote sind noch ausbaufähig

Die Plattform
bund.de und das Projekt
deutschland-online.de, dass die Integration der eGovernemnt-Dienste von Kommunen, Ländern und Bund verfolgt, werden von Accenture als ausbaufähig und verbesserungswürdig bewertet. Allerdings wird in der Studie berücksichtigt, dass sowohl die Initiative
BundOnline 2005, deren Ziel es ist, alle onlinefähigen Dienstleistungen der Bundesverwaltung elektronisch verfügbar zu machen, als auch das Portal deutschland-online, in dem bis 2010 ein integriertes Angebot aller Verwaltungsebenen entstehen soll, noch nicht abgeschlossen sind. An dieser Stelle ist anzumerken, dass das Portal www.bund.de inzwischen relaunched worden ist und den Nutzern die Online-Dienstleistungen zielgruppenorientiert angeboten werden.

Als einziges Beispiel für ein nutzenbringendes und ertragreiches eGovernment-Angebot wird die Plattform des deutschen Zolls (www.zoll.de) aufgeführt. Demzufolge konnten seit seiner Freischaltung im November 2002 innerhalb eines halben Jahres ca. 6,7 Mio. Euro Einsparungen erzielt werden. Monatlich informieren sich über 340.000 Nutzer auf der Site und verzichten somit auf die konventionellen Beratungsangebote.

Forderung nach einem umfassenden, kompatiblen Angebot

Zusammenfassend lässt sich festhalten: Die Bürger erachten den Behördengang und das Telefon nach wie vor als wichtigsten Zugang zu Behörden. Obwohl in Deutschland hohe Summen in die Weiterentwicklung der eGovernment-Angebote investiert werden, wird das Internet noch immer vorwiegend als Informations- und weniger als Kommunikations- und Transaktionsmedium anerkannt. Hier werden die Behörden dazu ermuntert, sich weniger auf den alleinigen Ausbau des eGovernments zu konzentrieren, sondern den Bedürfnissen der Kunden ein größere Bedeutung beizumessen. Accenture schlägt vor, verschiedene Zugangswege und Kommunikationskanäle kompatibel und effizient miteinander zu verbinden, um damit noch stärker auf die spezifischen Kommunikations-Bedürfnisse der Bürger einzugehen. Ob der alleinige Ausbau von eGovernment-Angeboten dabei ausreicht, um auch das Vertrauen der Nutzer beim Datenschutz und bei der Datensicherheit zu gewinnen, bleibt zu bezweifeln. Auch die unzureichende Bekanntheit der Online-Dienstleistungen in der Bevölkerung sind sicher ein Hindernis bei der massenhaften Anwendung von eGovernment in Deutschland.