(Artikel, 28. September 2006) Für Bürger, Verwaltung und Wirtschaft ist der Staat immer besser übers Netz zu erreichen. Mit der Strategie „
eGovernment 2.0“ leitet die Bundesregierung jetzt die nächste Stufe ein und stellt noch mehr Dienstleistungen online bereit. Zum Beispiel den neuen E-Personalausweis, der ab 2008 zur „elektronischen Meldeadresse“ werden soll und damit die „
Digitale Signatur“ ersetzen wird.
Die Verfasser des Programms „eGovernment 2.0 stellen fest: „Einkäufe, Geschäfte mit Banken oder Versicherungen, Diskussionen zu verschiedensten Themen werden schon heute (…) in Online-Shops, beim Online-Banking oder in Online-Foren getätigt.“ Diese, unter Federführung des Bundesinnenministeriums entstandene Analyse, möchte im Deutschland des Jahres 2006 niemand bestreiten. Und auch Transaktionsdienstleistungen staatlicher Stellen werden immer häufiger bereitgestellt. Viele Behörden bieten Informationen oder ganze Verwaltungsvorgänge online an.
Mit der neuen Strategie des Bundes „eGovernment 2.0“ sollen diese noch weiter ausgebaut werden und verspricht: „Wirtschaft, Bürgerinnen und Bürger sowie die Verwaltung können im Jahre 2010 alle gewünschten Online-Dienstleistungen des Staates im erforderlichen Umfang elektronisch nutzen“. So weit, so wenig überraschend. Schließlich arbeitet der Bund schon seit dem Jahr 2000 daran, „internetfähige“ Dienstleistungen ins Netz zu bringen – ohne die Grenze auch nur annähernd erreicht zu haben. In diesem Bereich ist viel zu tun.
Elektronische Meldeadresse
Interessant erscheinen die Maßnahmen, die zur sicheren Kommunikation im Internet geplant werden. Die Ziele sind hoch gesteckt: Künftig soll jeder Bürger eindeutig im Netz identifiziert werden können – sei es, um eine Rentenversicherung abzuschließen, ein Auto anzumelden oder im Netz etwas einzukaufen. Angesichts der Anonymität im Netz eine erstaunliche Vorstellung. Doch dem Bundesinnenministerium zufolge soll sich dies schon im Jahr 2008 ändern. Dann soll der neue Personalausweis kommen, der mit einem speziellen Chip versehen werden soll und jeden Besitzer eindeutig identifizieren soll. Im „eGovernment 2.0“ Programm ist von „einer elektronischen Präsenz im Netz mit elektronischer Meldeadresse“ die Rede. Ob die notorisch auf ihre Freiheit bedachten „Netizens“ das zu schätzen wissen? In einschlägigen Foren sind die Meinungen geteilt. Während einige Nutzer um ihre Privatsphäre fürchten, freuen sich Geschäftstreibende im Netz über die zusätzliche Sicherheit, die ihnen das Verfahren bieten würde.
E-Government: Deutschland liegt im Mittelfeld
Die eGovernment 2.0-Strategie folgt der Initiative „BundOnline 2005“, das von Altkanzler Schröder auf der CeBit 2000 öffentlichkeitswirksam gestartet wurde. Das ursprüngliche Ziel der Initiative, etwa 380 Dienstleistungen des Bundes bis 2005 im Internet verfügbar zu machen, wurde übertroffen. Insgesamt stehen über 440 Anwendungen zur Verfügung, die von Bürgern, Verwaltung und Unternehmen genutzt werden können. In einer aktuellen
Vergleichsstudie zur Verfügbarkeit von eGovernment in Europa, die von der Beratungsgesellschaft Capgemini im Auftrag der EU-Kommission durchgeführt wurde, belegt Deutschland einen Rang im hinteren Mittelfeld. Knapp 50% der staatlichen Dienstleistungen können hier über das Netz genutzt werden. Der Abstand zum Bestplatzierten des Rankings, Österreich, ist beträchtlich. Dort muss der Bürger nur noch in 17% aller Fälle aufs Amt gehen, um Verwaltungsaufgaben erledigen zu können. Damit zeigt die Bundesrepublik Österreich der Bundesrepublik Deutschland, dass ein Land nicht zentral organisiert sein muss, um eine wirksame eGovernment-Strategie implementieren zu können.
Das Föderalismusproblem
Doch ähnlich wie bei der „Kulturhoheit“ bleiben einzelne Verwaltungsdienstleistungen in der Obhut der einzelnen Bundesländer, so auch beim E-Government. Das Bundesinnenministerium steht vor der schwierigen Aufgabe, diese Kompetenzen auch im eGovernment-Bereich zusammen zu führen. Denn: „Die Nutzerinnen und Nutzer von eGovernment-Dienstleistungen differenzieren in der Regel nicht nach Verwaltungsebenen“, wie die Autoren der „eGovernment 2.0“-Strategie vermerken. Zumindest Standardanliegen wie Wohnsitzanmeldung oder die Zulassung eines Autos sollen zukünftig in allen Ländern gleichermaßen funktionieren. Zudem soll der interne Datenaustausch zwischen den Ländern verbessert werden.