Diskussion in drei Phasen
Die Forendiskussion wird von Moderatoren begleitete und ist in drei Phasen gegliedert: Bis zum 24. April konnten alle Teilnehmer in einem zentralen Forum Vorschläge abgeben. In der zweiten Phase bis zum 8. Mai werden diese Vorschläge nun in Unterforen diskutiert und weiterentwickelt. Die bisherigen Postings zu spezifischen Themen werden dabei in Wiki-Dokumente eingearbeitet, die jeder Nutzer um eigene Ideen zur Umsetzung, aber auch mögliche Hindernisse ergänzen kann. In der abschließenden Phase bis zum 12. Mai werden die bisherigen Ergebnisse überprüft und sowohl von Nutzern als auch von Moderatoren bewertet. Ziel des Projektes ist es, die Bürger über Wahlen und Volksentscheide hinaus an der politischen Planung zu beteiligen und ihnen die Sachzwänge der Etatplanung vor Augen zu führen. Die Ergebnisse der Diskussion sollen nach Abschluss des Projekts in einer Broschüre veröffentlicht werden. Es ist geplant, dass der Haushaltsausschuss die Vorschläge der BürgerInnen in die Diskussion um die Haushaltsplanung 2006/07 und in die mittelfristige Finanzplanung einbezieht.
Realisiert wurde die Internetseite von der
TuTech Innovation GmbH, deren Software-Plattform DEMOS auch schon für die öffentlichen Online-Diskussionen
“Leitbild Metropole Hamburg – wachsende Stadt” verwendet wurde. Rolf Lührs, Leiter der Abteilung Interaktive Kommunikation bei TuTech, freut sich über die erneute Zusammenarbeit mit der Stadt Hamburg: „Die Projekte in der Vergangenheit haben gute Ergebnisse gebracht, dadurch konnten wir eventuelle Vorbehalte gegenüber dem Medium Internet abbauen.“ Hamburgs Vorreiterrolle in der ePartizipation sieht er in diesen guten Erfahrungen begründet.
Große Resonanz
In der Bevölkerung stößt das Projekt auf große Resonanz: Nach nur knapp 2 Tagen wurden bereits 2.000 registrierte Nutzer verzeichnet und die meisten von ihnen nutzten die Möglichkeit, einen eigenen Haushalt aufzustellen. Im Hauptforum finden sich zahlreiche Ideen und Vorschläge zur Verbesserung der Finanzlage – von der Fusion mit Schleswig-Holstein über eine Einsparung bei Software-Lizenzen durch die Verwendung von Freeware bis hin zu einer kürzeren Brenndauer der Straßenbeleuchtung. „Gemessen an den Teilnehmerzahlen ist das Projekt ein sehr großer Erfolg. In der Diskussion ergeben sich viele konkrete Vorschläge und auch die Diskussionsathmosphäre ist sehr angenehm“, beurteilt Lührs den bisherigen Verlauf.
Es gibt auch Fragen zu den Kosten des Projekts: „Was kostet eigentlich diese “Aktion” hier? Und wer saugt sich daran die Taschen voll?“ lautet zum Beispiel der Beitrag eines Nutzers. Tatsächlich sollen laut
Antrag 18/2409, der am 20.06.2005 in der
Hamburgische Bürgerschaft einstimmig beschlossen wurde, die Kosten von 100.000 Euro nicht überschritten werden. Finanziert wird diese Summe aus den zentral veranschlagten Mitteln für Informations- und Kommunikationstechnik-Maßnahmen.
“Echte” ePartizipation in Deutschland noch selten
Hamburg ist das erste deutsche Bundesland, das diese Form der ePartizipation nutzt. Ähnliche Projekte gibt es nur selten: Der
deutsche Bundestag lässt die Stellungnahmen von fünf Abgeordneten zum Haushalt 2006 öffentlich im Netz diskutieren, im lokalen Bereich boten die Stadt
Esslingen und der Berliner Stadtteil
Lichtenberg auf ihren Internetauftritten neben Informationen auch Beteiligungsmöglichkeiten, ließen ihre Bürger in Foren über Haushaltspläne diskutieren und Kritik und eigene Vorschläge äußern. In Lichtenberg bestand auch schon die Möglichkeit, einen persönlichen Idealhaushalt aufzustellen. Beide Projekte sind bereits abgeschlossen, die Vorschläge gingen in die jeweilige Diskussion zur Haushaltsplanung mit ein.
Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern nimmt sich die Förderung der Bürgerbeteiligung im Internet aber noch sehr gering aus: Die meisten Angebote zum Thema Bürgerhaushalt beschränken sich auf Online-Fragebögen oder Umfragen mittels Kontaktformularen. Echte Partizipationsmöglichkeiten, die wie das Hamburger Projekt auch Medienkompetenz vermitteln wollen, werden kaum angeboten. Großbritaniens Regierung scheint da schon weiter zu sein: Sie stellte erst kürzlich
eine Million Pfund zur Verfügung, um lokale ePartizipationsprojekte zu stärken.
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